Als Katrin K. (Name geändert) den Brief der Kreisbaugenossenschaft öffnete, fuhr ihr der Schock in die Glieder: Unter der Überschrift „Anpassung der Vorauszahlungen“ las sie, was sie für das kommende Jahr insgesamt an Abschlag für die Wärmeversorgung zahlen soll: mehr als 12 500 Euro, also mehr als 1000 Euro pro Monat. Das entspricht mehr als dem Sechsfachen dessen, was sie bisher gezahlt hat. „Ich hab vorher etwas unter vier Cent bezahlt, jetzt sind es rund 24 Cent“, sagt sie. Wie Katrin K. den Abschlag bezahlen soll, weiß sie noch nicht, erst mal hat sie Widerspruch eingelegt. In ihrem Drei-Personen-Haushalt ist sie die Alleinverdienerin.
Die Crux ist oberndrein: Katrin K. ist zwar Eigentümerin des Hauses, aber auch Genossenschaftsmitglied der Kreisbau und ist an deren Nahwärmenetz angeschlossen. Vertragsgemäß kann sie das nicht ändern und den Anbieter wechseln. Das wäre auch technisch gar nicht so einfach:
Denn durch die Quasi-Fernwärmeversorgung haben die Häuser keine Heizungskeller. Sie werden über eine Heizungsanlage in Nabern versorgt, die von der Kreisbau betrieben wird, die das Gas dafür allerdings auch einkaufen muss.
Bei der Baugenossenschaft ist das Problem bekannt. „Wir haben uns schwergetan, aber das sind nur die Durchleitungskosten, die wir weitergeben“, sagt Bernd Weiler, Vorstandssprecher der Kreisbau. Die drastische Erhöhung habe der neue Gaslieferant zu verantworten – und auch der bisherige auf gewisse Weise: Denn die EVF, bisher langjähriger Partner für Gas, hat erst gar kein Angebot gemacht, sondern einfach den alten Vertrag auslaufen lassen. Von den fünf angeschriebenen Versorgern habe nur einer ein Angebot über 25 Cent pro Kilowattstunde abgegeben. Das war im Oktober laut Vergleichsportal Verivox auch bundesweit der Durchschnittspreis.
Preisbindung reduziert
„Wenn wir für die Eigentümer denselben Abschlag beibehalten wollten, müssten wir zwei bis drei Millionen Euro vorfinanzieren.“ Das könne man gegenüber den Gesellschaftern nicht darstellen. Auf der anderen Seite, so Weiler, haben gerade die Kunden mit Fernwärme 2020 einen Preis von teilweise zwei Cent pro Kilowattstunde gehabt. „Unsere eigenen Bestände hatten damals im Schnitt acht Cent bezahlt.“
Auch bei den Kirchheimer Teckwerken, die ebenfalls genossenschaftlich organisiert sind, kennt man das Problem. „Aktuell haben wir unsere Preisbindung beim Strom von zwölf auf sechs Monate reduziert, da die Prognosen von sinkenden Preisen ausgehen und wir diese schnellstmöglich weitergeben werden“, erklärte Vorstandsmitglied Felix Denzinger auf einer virtuellen Onlinesprechstunde für alle Kunden und Mitglieder. Denn auch der bezogene Ökostrom, mit dem die Teckwerke arbeiten, werde teurer. Der Handelspreis hat sich um mindestens das Fünffache erhöht, was wiederum mit den komplizierten Marktmechanismen zusammenhängt. Bei den Mieterstromanlagen mit eigenen Erzeugungsanlagen der Teckwerke sind die Tarife deutlich günstiger. Kurios: Bei den Bestandkunden konnte man den Gaspreis bei 12,61 Cent pro Kilowattstunde für das nächste Jahr sichern. Für Neukunden sind die Preise aber deutlich teurer. Beim hundertprozentigen Ökogas liege man jetzt bei 28,97 Cent pro Kilowattstunde. „Vor einem Jahr war das Verhältnis zwischen Ökogaspreis und konventionellen Gas fast das Doppelte, jetzt nähern sich die Preise an“, sagt Dagmar Heft, die bei den Teckwerken für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist. Der Markt ist offenbar für alle Beteiligten schwierig.
Es gibt positive Zeichen
Ein kleiner Hoffnungsschimmer macht sich jedoch breit: Gerade wurde beschlossen, dass ab Januar die Gaspreisbremse greifen und für 80 Prozent des Normalverbrauchs den Preis auf zwölf Cent deckeln sollte. Das Problem ist nur: „Man weiß weder wie noch wann“, sagt Bernd Weiler. Es gebe keine Musterlösung, aber man kann sich mit den besonderes Betroffenen auch besprechen“, sagt er.
Und auch auf den Märkten tut sich etwas: „Man merkt, dass sich wieder etwas ändert und plötzlich doch wieder Angebote reinkommen“, sagt Bernd Weiler. Doch auch diese Optionen müssen erst wieder geprüft werden. Derweil überlegen die Eigentümerinnen und Eigentümer, selbst tätig zu werden. „Ich habe schon überlegt, komplett auf Strom umzustellen, mit Durchlauferhitzer und Infrarotheizungen“, sagt Katrin K. Erst mal will sie abwarten: „Mal schauen, was in drei Monaten ist, ob die Gaspreisbremse wirklich kommt.“ Die Unsicherheit wird wohl noch einige Zeit bleiben – nicht nur für die Endkunden.
Wie und wo man Energie sparen kann
Alternativen zu teuren Energieträgern wie Gas gibt es, aber auch die sind Schwankungen am Markt unterworfen. „Pellets haben extreme Preissteigerungen erfahren, entwickeln sich derzeit aber wieder nach unten. Der Öl-Preis ist zwar stark gesunken, aber darauf gibt es seit 2021 eine ansteigende CO2-Steuer“, erklärt Mischa Sigel vom Kirchheimer Energieberatungsbüro EnergieQuadrat.
Wer vertraglich oder wegen fehlender finanzieller Mittel für einen Umbau der Heizungsanlage an eine bestimmte Art der Wärmeerzeugung fest gebunden ist, kann dennoch mit kleineren Maßnahmen einiges an Kosten einsparen. „Eine neue Zirkulationspumpe für Warmwasser kann Geld sparen, weil diese stromsparender und durch Zeitsteuerung effizienter ist“, sagt Mischa Sigel.
Der Austausch einer alten Umwälzpumpe im Heizsystem durch eine neue Hocheffizienzpumpe bringt Einsparungen. Ebenfalls sinnvoll ist die Durchführung eines hydraulischen Abgleiches: Die sorgt dafür, dass die vom Kessel erzeugte Wärme effizient und zuverlässig bei allen Heizflächen im Haus ankommt.
Die Heizung einfach herunterzudrehen, kann natürlich auch helfen. „Normtemperaturen sind 20 Grad für Wohnraum und 24 Grad fürs Bad. Entscheidend für die Behaglichkeit und zur Vermeidung von Schimmelbildung ist aber nicht nur die Raumtemperatur, sondern auch die raumseitige Oberflächentemperatur“, erklärt Mischa Sigel. Wie viel man dadurch einsparen kann, hänge wiederum von anderen Faktoren wie der Dämmung des Hauses ab. zap