Eine Bike-Tour mit „Prof(i)s“ hat gestern in Kirchheim begonnen. Über Pforzheim sollte es nach Karlsruhe gehen. Für Radprofis wäre das sicher eine leichte Übung. Aber die „Profis“, die gestern unterwegs waren, sind keine Profisportler. Trotzdem beschäftigen sie sich professionell mit dem Radfahren - hochprofessionell oder auch hochschulprofessionell. Deswegen waren eben auch „Profs“ mit im Team. Die „Hochschule Karlsruhe Technik und Wirtschaft“ stellte das Team, unter Federführung von Jochen Eckart und Christoph Hupfer. Ersterer ist Professor für Verkehrs- ökologie, zweiterer für Verkehrsplanung und Verkehrstechnik.
Der Radverkehr als solcher ist aber unterrepräsentiert in Forschung und Lehre. Zumindest gibt es noch keine Lehrstühle, die sich ausschließlich mit der „Velologie“ befassen. Das soll sich nun ändern: Das Bundesverkehrsministerium hat insgesamt sieben entsprechende Stiftungsprofessuren vergeben, eine davon nach Karlsruhe. Die Stellenbesetzung läuft gerade. Und vorsorglich wollen die späteren Kollegen der künftigen „Rad-Professoren“ schon einmal die Werbetrommel für deren Fach rühren. Sie fahren durch halb Deutschland, um alle sieben Hochschulstandorte zu besuchen, an denen über den Radverkehr geforscht und gelehrt werden soll.
Kirchheim war auch deswegen ein Anlaufpunkt, weil Bürgermeis- ter Günter Riemer unter anderem Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Fahrrad- und Fußgängerfreundlicher Kommunen Baden-Württemberg ist. Er sieht es als zwingend notwendig an, den Radverkehr auf Hochschulebene zu implementieren, nennt aber noch einen weiteren Arbeitsschwerpunkt späterer Absolventen: „Wir brauchen nicht nur Menschen, die sich mit der Technologie auseinandersetzen, sondern auch Menschen, die den Spaß an muskelgestützter Mobilität vermitteln.“
Im Anzug zur Arbeit radeln
Letzteres scheint bei den beiden „Profs“ kein großes Problem zu sein. Hatte Andreas Schwarz, der Vorsitzende der Grünen-Landtagsfraktion, gerade noch am Start- punkt vor der Kirchheimer Stadtbücherei gefordert, dass es gesellschaftsfähig werden muss, im Anzug auf dem Radschnellweg per Pedelec zur Arbeit zu fahren, meldete Jochen Eckart bereits Vollzug: „Für mich ist es völlig normal, in Karlsruhe mit dem Anzug per Fahrrad zur Arbeit zu kommen.“
Um aber noch mehr über die Thematik zu erfahren, radeln die „Profs“ und ihre Mitarbeiter jetzt durch die Lande und fragen überall nach, wo der Fahrradschuh drückt. Bürgermeister Riemer nannte mögliche Projekte in Kommunen wie Fahrradparkhäuser. In Kirchheim soll außerdem auf der stillgelegten Bahnstrecke zwischen Tannenberg- und Dettinger Straße eine Art Radschnellweg eingerichtet werden.
Solche Projekte bestätigen, was Christoph Hupfer als Devise für die Radverkehrsforschung ausgibt: „Wir wollen dem Auto nichts wegnehmen, wir wollen den Menschen etwas geben.“ Es geht um die Freude an der Bewegung. Auch im Autoland Baden-Württemberg kann das funktionieren, wie Andreas Schwarz aus Sicht der Landespolitik ergänzt: „Die Nachfrage steigt, die Fahrradwirtschaft ist inzwischen ein wichtiger Wirtschaftszweig geworden.“