Kirchheim
Richtig erben will gelernt sein

Vortrag Frühzeitige Beschäftigung mit dem Thema „Erben und Vererben“ kann Streit in der Familie verhindert. Der Verein Haus und Grund informiert und hilft. Von Helga Single

Freuten sich über die große Resonanz in der Stadthalle: Rechtsanwalt Pablo Most, Sekretärin Marianne Schünemann und der erste Vorsitzende Reinhard Spieth von Haus und Grund (von links). Foto: pr

Ein brisantes Thema, das alle irgendwann betrifft, hatte sich diesmal der Verein Haus und Grund Kirchheim und Umgebung – der Interessensverband der Grund- und Immobilieneigentümer – im Rahmen seiner jährlich stattfindenden Vortragsreihe ausgesucht und zu einem Informationsabend in die Stadthalle geladen. Entsprechend groß war das Interesse der Zuhörerinnen und Zuhörer, die Halle war bis auf den letzten Platz besetzt. Rechtsanwalt Pablo Most, der seinem Vater nach langjähriger Tätigkeit für Haus und Grund nachgefolgt war, hielt seine Antrittsrede, vermittelte die Grundlagen in Sachen Erben und gab Tipps zur Fehlervermeidung auf diesem komplexen Gebiet.

Eins war rasch klar: Abwarten und nichts tun sei die schlechteste Entscheidung und der größte Fehler. Viele Menschen scheuten häufig davor zurück, sich damit auseinanderzusetzen. Doch dann tritt im Falle des Falles die gesetzliche Erbfolge in Kraft. Die vorhandenen Geld- und Sachwerte gingen nach einem „Ordnungsprinzip“ an die nähere oder fernere Verwandtschaft. Dies sind meis­tens Kinder und Enkel, können aber auch die noch lebenden Eltern und deren Abkömmlinge sein. Komplizierter wird es bei Patchwork-Konstellationen. „Durch ein Testament oder einen Erbvertrag lässt sich die gesetzliche Erbfolge verändern“, erklärte der Experte. Dabei sollte der Erblasser unbedingt Formfehler vermeiden, damit sein Testament später Gültigkeit behält.

Nur die neuste Fassung zählt

Zu einem handschriftlich verfassten Testament gehörte, dass es vollständig handschriftlich ausgeführt und unterschrieben ist. Auch eine Datumsangabe sei hilfreich, denn immer die allerneueste Fassung eines letzten Willens zähle. Testierfähigkeit und Testierwille sind die Voraussetzungen. Ab dem 16. Lebensjahr sind diese erfüllt und eine „krankhafte Bewusstseinsstörung“ sollte auch nicht vorliegen. Darüber entbrenne in den Familien oft Streit, deshalb sei es ratsam, „frühzeitig sich dieses Themas anzunehmen“, berichtete der Fachmann, denn je älter der Erblasser sei, umso höher die Wahrscheinlichkeit, dass die Erben seinen geistigen Zustand anzweifelten.

Auch der Testierwille sollte keine Rätsel aufgeben. Ein lässiges, auf einen Bierdeckel hingekritzeltes „mein Schatz soll alles erben“ rufe viele Schätzchen auf den Plan, sei aber ein wahrer Fall gewesen, erzählte Rechtsanwalt Most, und hätte tatsächlich ausgereicht, sei aber bitte schön nicht nachahmenswert. Mit einem notariellen Testament ist man auf der sicheren Seite, auch hinsichtlich der Wiederauffindbarkeit nach dem Tode. Einziger Wermutstropfen seien die Kosten, die viele gerne sparten. Wer Erbschaftssteuern sparen will, sollte die steuerlichen Freibeträge ausschöpfen und über eine rechtzeitige Weitergabe an die nächste Generation nachdenken. Nach Ablauf einer Zehn-Jahres-Frist darf man erneut den steuerlichen Freibetrag ansetzen, der bei Eheleuten 500 000 Euro, bei Kindern 400 000 Euro und bei Enkeln 200 000 Euro beträgt. Über eine General- und Vorsorgevollmacht müsse man ebenso nachdenken wie über eine Patientenverfügung. Letztere entlastet die Angehörigen bei schwierigen Entscheidungen im Krankheitsfall.

In der sich anschließenden Fragestunde zeigten die vielen, auf individuelle Problemstellungen zugeschnittenen Fragen, dass das Thema bewegt und noch viel Klärungsbedarf aufgibt. Der Vorsitzende von Haus und Grund, Rechtsanwalt Reinhard Spieth, zeigte sich sichtlich überwältigt ob der großen und unerwarteten Resonanz.

Anschließend gab es im Foyer der Stadthalle bei Brezeln und kühlen Getränken noch einen regen Gedankenaustausch.