Über hundert Stühle hatte Hausmeister Hans Hubert in die Stadthalle gestellt, und sie waren fast alle besetzt. Das Interesse des Publikums an der Wahl des Ersten Bürgermeisters in Kirchheim war enorm. Der Abend hat sich gelohnt: Das Publikum erlebte die mitreißende Vorstellung zweier hochkarätiger Kandidaten.
Selbstbewusst und souverän trat Günter Riemer, der das Amt des Baubürgermeisters in Kirchheim seit 16 Jahren innehat, ans Rednerpult. „Ich bin in der Lage und habe den Willen, die Entwicklung der Stadt positiv zu beeinflussen“, eröffnete er seine Rede und verwies auf die geforderten Kompetenzen an dieser „wichtigen Schaltstelle“. So sei der Baubürgermeister das Gesicht der Stadt in puncto Planen und Bauen, die Vertretung des Oberbürgermeisters, Krisenmanager, Kommunikator, Ratgeber, Unterstützer und manchmal auch nur Zuhörer. All diese Funktionen habe er in den zurückliegenden Amtsperioden ausgefüllt - in absoluter Loyalität.
Riemer skizzierte die anstehenden Aufgaben von der Schaffung weiteren Wohn- und Gewerberaums bis zu einem „Radverkehr 2.0“. Überzeugend kam sein persönliches Bekenntnis zu Kirchheim rüber: Er lebe mit seiner Familie in Kirchheim und erlebe somit die Stadt sieben Tage in der Woche Tag und Nacht. Zwar habe er auch überlegen müssen, ob er nochmals seinen Hut in den Ring werfen solle. Doch seine Überzeugung sei, dass die Stadt mit einem neuen Oberbürgermeister und einem erneuerten Gemeinderatsgremium durchaus Konstanz gebrauchen könne.
Riemer ging auch auf die Strafanzeige des Nabu ein, die in den vergangenen Tagen für Aufregung gesorgt hatte. Allein der Termin der Veröffentlichung zeige, dass hier seine Person beschädigt werden sollte. Dieses Vorgehen bezeichnete er als bitter und perfide und kündigte an, dagegen vorgehen zu wollen.
Auch Riemers Herausforderin Susanne Mehlis präsentierte sich kenntnisreich und kompetent. Die Nürtinger Stadtplanerin, die an der TU in Berlin Stadt- und Regionalplanung studiert hatte, verwies auf zwei Jahrzehnte Erfahrung in Stadtentwicklung und Bauprojekten. Dieser große Erfahrungsschatz sei ihr Rüstzeug für Kirchheim. Der Stadt bescheinigte sie viele Potenziale und ein gutes Image. Beides müsse jedoch gepflegt werden. So legte Mehlis den Finger in die Wunde und verwies auf wachsende Leerstände in der Innenstadt sowie knappen und teuren Wohnraum. Für die Zukunft hatte sie eine Reihe von Ideen parat. Intern wolle sie eine Teamplayerin sein, verfüge aber auch über Führungsqualitäten.
Auch Susanne Mehlis äußerte sich persönlich und anerkannte die schwierige Situation der Stadträte angesichts der Wiederbewerbung des Amtsinhabers. Ein Punkt, der ihr in der Stadthalle erkennbar Minuspunkte einbrachte, war ihr fehlender Stallgeruch. Kirchheim kenne sie aus einigen Besuchen, versicherte sie, verwies aber ansonsten darauf, dass Stadtplaner ohnehin ihren speziellen Blickwinkel auf eine Stadt hätten.
Leicht fiel den Stadträten die Wahl nicht. Das zeigt auch das Ergebnis: 18 sprachen sich für Riemer aus, 16 für Mehlis. Ein Stimmberechtigter hat sich enthalten.