Aktivismus
Rote Bank als Zeichen gegen Gewalt

Mit einer Reihe von Aktionen wird im Landkreis auf das Thema Gewalt gegen Frauen und Mädchen aufmerksam gemacht. In Kirchheim dient eine rote Bank künftig als symbolisches Mahnmal.

Im Esslinger Maille-Park wurde bereits im Oktober eine rote Bank mit einer bewegenden Performance eingeweiht. Foto: Roberto Bulgrin

Die Gewalt gegenüber Frauen nimmt zu: An nahezu jedem zweiten Tag wird in Deutschland eine Frau von ihrem Partner oder früheren Partner ermordet. Viele weitere werden täglich durch die Hände derer, die sie eigentlich lieben sollten, verletzt. Oft schweigen die Opfer aus Scham oder Angst, zahllose Fälle bleiben unter dem Radar.

Anlässlich des Internationalen Tages zur Beseitigung der Gewalt gegen Frauen und Mädchen am Montag, 25. November, startet das Kooperationsnetzwerk „Hilfen bei häuslicher Gewalt“ in mehreren Städten im Landkreis Esslingen, darunter auch Kirchheim, verschiedene Aktionen. Sie sollen das Leid der Opfer sichtbar machen und einen öffentlichen Diskurs über das häufig tabuisierte Thema initiieren. 

Unter dem Namen „Hilfen bei häuslicher Gewalt“ treffen sich im Landkreis Esslingen regelmäßig sechs Runde Tische, bestehend aus unterschiedlichen Einrichtungen und Institutionen, die es sich zum Ziel gesetzt haben, Betroffenen von häuslicher Gewalt schnellst- und bestmöglich zu helfen. Neben der Polizei, Ordnungsämtern, Beratungsstellen und sozialen Diensten sind auch weitere Partner wie die Beauftragten für Chancengleichheit aus Esslingen und Filderstadt Teil des eng zusammenarbeitenden Hilfsnetzwerks.

Die Idee stammt aus Italien

Um Aufmerksamkeit auf die kontinuierlich steigende Gewalt gegen Frauen und Mädchen zu lenken, hat die Stadt Esslingen ihren Maille-Park jüngst mit einer roten Bank versehen. In Nürtingen und Kirchheim folgt man dem Beispiel. Doch was hat es mit den knallroten Sitzgelegenheiten auf sich?

Das Konzept geht auf die Aktion „La Panchina Rossa“ (auf Deutsch: die rote Bank) zurück, die ihren Ursprung in der italienischen Stadt Perugia hat. Im Jahr 2016 wurde dort die erste „Panchina Rossa“ als Symbol gegen häusliche und geschlechtsspezifische Gewalt, insbesondere Gewalt gegen Frauen, an einem öffentlichen Ort aufgestellt. Seitdem sind die Bänke in vielen italienischen und mittlerweile auch einigen deutschen Städten zu sehen. Kirchheims eigene rote Bank wird am morgigen Samstag, 23. November, um 10 Uhr in der Max-Eyth-Straße 16, seitlich der Bücherei, durch Bürgermeisterin Christine Kullen enthüllt. Nürtingens Bank wird um dieselbe Zeit auf dem Jordery Platz eingeweiht. Im selben Atemzug eröffnet Bürgermeisterin Annette Bürkner eine Plakatausstellung in der Stadthalle K3N.

Für viele Frauen lauert die Gefahr in den eigenen vier Wänden. Foto: Carsten Riedl

Von Schuhen bis hin zu Papiertüten

Ebenfalls am morgigen Samstag startet ab 9 Uhr in Filderstadt-Bernhausen die Aktion „Rote Schuhe“ auf dem Dr.-Peter-Bümlein-Platz. Angelehnt wurde das Konzept an die Idee der mexikanischen Künstler Elina Chavet. Die roten Schuhe stehen ebenso für Liebe und Erotik wie für Blut und das jähe Lebensende. Die Aktion soll einen Raum schaffen, um Frauen zu gedenken, die aufgrund ihres Geschlechts ermordet wurden. Alle gezeigten Schuhe stammen von Frauen und Kindern aus dem Landkreis. Um 11 Uhr wird Oberbürgermeister Christoph Traub zu der Aktion sprechen.

In Esslingen verkaufen Bäckereien ihre Ware am kommenden Montag, 25. November, ganztägig in Papiertüten mit der Aufschrift „Gewalt kommt nicht in die Tüte“. Von 15 bis 17 Uhr gibt es auf dem Bahnhofsvorplatz einen Infostand. Zudem findet ab 19 Uhr eine „Soiree Orange Days“ in der Württembergischen Landesbühne in Esslingen mit Musik, Lesungen, Podiumsdiskussion und anschließendem Zusammenkommen statt. Der Eintritt ist frei.

Die Anlaufstellen für Betroffene im Landkreis sind unter www.landkreis-esslingen.de/start/service/haeusliche+gewalt.de aufgelistet.

Häusliche Gewalt: Aktuelle Zahlen 

Häusliche Gewalt beinhaltet alle Formen körperlicher, sexueller oder psychischer Gewalt und umfasst familiäre sowie partnerschaftliche Gewalt.

Bundesweit waren im Jahr 2023 laut Polizeilicher Kriminalstatistik über 256.000 Menschen betroffen. Die deutliche Mehrheit der Opfer ist weiblich (70,5 Prozent).

Die Anzahl der Opfer ist in den letzten fünf Jahren um 19,5 Prozent angestiegen.

Partnerschaftliche Gewalt macht mit 65,5 Prozent die Mehrheit der erfassten Fälle aus.

Jeden Tag erleiden durchschnittlich mehr als 700 Menschen in Deutschland häusliche Gewalt.

Jeden zweiten Tag stirbt im Durchschnitt eine Frau in Deutschland durch Partnerschaftsgewalt.

Im Landkreis Esslingen musste die Polizei im vergangenen Jahr nahezu 700 mal aufgrund häuslicher Gewalt ausrücken und musste insgesamt über 200 Wohnungsverweise aussprechen.