Kirchheim. Die Krönung von King Charles III. hat es einmal mehr gezeigt: Wenn am englischen Königshof feierliche Anlässe anstehen, ist festliche Musik gefragt. Unter dem Motto „Coronation Occasions“ stellte der Kirchheimer Kammerchor in der Kirche St. Ulrich in einem historischen Längsschnitt Kompositionen vor, die von namhaften Komponisten im Auftrag der englischen Krone zu offiziellen Anlässen geschrieben wurden.
Klangprächtige Unterstützung gab ein Quartett der Stadtkapelle Kirchheim. Von der Orgelempore herab ließen die vier Herren auf original englischen Ventil-Fanfaren strahlende Blechbläserklänge erschallen, die an royale Festivitäten in der Londoner Westminster Abbey erinnerten.
Nicht minder festlich waren die Chorsätze, die Bezirkskantor Ralf Sach für seinen 2016 gegründeten Kirchheimer Kammerchor ausgewählt hatte. Mit weit ausschwingenden romantischen Melodien begeisterte das Orgelbegleitete „Ascribe unto he Lord“ von Samuel Sebastian Wesley: Mühelos schaffte der Chor den Spagat zwischen schwelgerischem Melodienzauber und gewaltigen dynamischen Aufschwüngen.
Mit William Byrd, Henry Purcell, Gustav Holst, Edward Elgar und Ralph Vaughan Williams las sich das Programm wie das „Who‘s Who“ der englischen Musikgeschichte. In stimmungsvollen A-cappella-Chorsätzen dieser Komponistenelite zeigte der Kammerchor vokale Kompetenz. Der Gesang ohne stützende Instrumentalbegleitung ist die Königsdisziplin des Chorgesangs mit höchsten Anforderungen. Man hörte, dass Ralf Sach seine Choristen gut auf diese Herausforderungen vorbereitet hatte: Die Balance der Stimmgruppen stimmte, der Text war durchweg verständlich, und die heikle Intonation sank nur an den Phrasenenden marginal ab.
Auf ähnlich hohem Niveau erklang Charles Woods von der Orgel gestützte „Glory and Honor“, und in Georg Friedrich Händels „Anthem to Queen Anna“ setzte die Chorsolistin Sybille Scheufele mit heller Stimme einen besonderen Akzent.
Getrennt in zwei Gruppen sang der Kammerchor auf verschiedenen Positionen im Kirchenschiff. Es war faszinierend zu hören, wie sich der stereophone Klangeindruck durch die Positionswechsel ständig änderte. Durch diese räumliche Exposition entfaltete auch Felix Mendelssohn Bartholdys einst für einen Abendsegen in der Londoner St. Paul‘s Cathedral geschriebenes „Lord have mercy“ mit seinen romantischen Tongängen eine bezaubernde Wirkung.
Zwischen den Chorsätzen spielte Ralf Sach Orgelkompositionen englischer Meister. Mit Präzisionsarbeit an Tasten und Pedal setzte er das dichte Tongeflecht von William Crofts „Voluntary D-Dur“ plastisch um. Den einzelnen Abschnitten von Orlando Gibbons „Voluntary a-Moll“ gab der Organist durch differenzierten Registereinsatz Kontur, und auch Thomas Adams‘ „Air Varied“ bestach durch mannigfache Klangfärbungen.
Mit einem ganzvollen Höhepunkt klang das Konzert aus. Bei der traditionellen, dem Barockmeister Henry Purcell nachempfundenen Melodie „Christ is made the sure Foundation“ setzte die strahlende Höhenlage der Fanfaren dem Chorklang die Krone auf. Dazu gesellten sich die Zuhörerinnen und Zuhörer, die mit Inbrunst die Choralmelodie mitsangen: Ein gemeinschaftliches Erlebnis, das noch lange nachhallen wird. Rainer Kellmayer