Kirchheim
Samuel Kummer: Vom Star zur „Persona non grata“

Personalie Dem ehemaligen Kirchheimer Bezirkskantor Samuel Kummer wurde an seinem jetzigen Wirkungsort an der Dresdner Frauenkirche gekündigt. Seine musikalische Kompetenz ist dabei unstrittig. Von Rainer Kellmayer

In Kirchheim ist Samuel Kummer noch in bester Erinnerung: Gut sieben Jahre setzte der damalige Bezirkskantor im Konzertleben der Stadt wesentliche Akzente. Sein famoses Orgelspiel wurde in den Gottesdiensten ebenso geschätzt wie im Konzert, und auch die Kantorei der Martinskirche profitierte von Kummers Expertise.

2005 machte der 1968 in Stuttgart geborene Kirchenmusiker einen Karrieresprung: Er wurde zum ersten Organisten der wieder aufgebauten Dresdner Frauenkirche berufen.

 

Die Zusammenarbeit mit Samuel Kummer in Kirchheim empfand ich als sehr positiv.
Hartmut Ellinger
Der ehemalige Kirchheimer Dekan kann die derzeitigen Probleme in ­Dresden nicht nachvollziehen.

 

Überraschend für viele wurde 2022 bekannt, dass die Stiftung Frauenkirche Dresden Samuel Kummer – nach 17-jähriger Tätigkeit in der Elbmetropole – gekündigt hat. Seither tobt ein Rechtsstreit, dessen Ende nicht abzusehen ist.

Nach einem im Juni 2023 in ers­ter Instanz gesprochenen Urteil, in dem das Arbeitsgericht Dresden die Kündigung bestätigt hat, veröffentlichten die beiden Geschäftsführer der Stiftung Frauenkirche, Maria Noth und Pfarrer Markus Engelhardt, ein Statement, in dem „Reibungsverluste auf organisatorischer Ebene“ in der Zusammenarbeit mit Samuel Kummer genannt werden. Er soll mehrfach Abmahnungen wegen Unpünktlichkeit erhalten haben. Die Entscheidung sei „nach reiflicher Überlegung, Konsultationen mit verschiedenen Stiftungsverantwortlichen und -gremien und einem langandauernden Gesprächsprozess mit Samuel Kummer“ getroffen worden. Nicht bestritten wird hingegen die künstlerische Exzellenz des Organisten: „Wir betonen, dass Samuel Kummer als herausragendem Künstler unsere Hochachtung gilt.“

Der gekündigte Organist sieht die Dinge wesentlich anders. Im Vorfeld des Prozesses betonte sein Anwalt, dass nicht geklärt sei, ob die Abmahnungen rechtmäßig waren. Gestritten wird auch über Mails zur Dienstabsprache und das Prozedere bei Urlaubsvertretungen. Kummer möchte sich aufgrund des weitergehenden Rechtsstreits nicht zu Details äußern, betont jedoch, viele der Vorwürfe würden nicht stimmen: „Sonst wäre ich nicht in die zweite Instanz gegangen.“

In der für ihn schwierigen Situation erhält der Kirchenmusiker starke Unterstützung. Der ehemalige Geschäftsführer der Stiftung Dresdner Frauenkirche und jetzige Abgeordnete im Sächsischen Landtag, Frank Richter, sagt in einer Stellungnahme: „Ich habe in keinem anderen Arbeitszusammenhang meiner über 35-jährigen beruflichen Tätigkeit erlebt, dass einzelne Versäumnisse derart hart sanktioniert wurden, wie dies bei Samuel Kummer der Fall war. Dies verwundert mich umso mehr, als die Frauenkirche als Symbol des Friedens und der Versöhnung wahrgenommen werden möchte.“

Den Verbleib Kummers auf dem prominenten Posten fordern Organisten, Kantoren und andere Musiker aus ganz Europa. Zu den mehr als 1300 Unterzeichnern der Online-Petition gehören zudem Theologen, bildende Künstler, Schauspieler und Architekten. Auch der ehemalige Kirchheimer Dekan Hartmut Ellinger, einst Dienstvorgesetzter des Organisten, solidarisiert sich: „Ich kann die Probleme nicht nachvollziehen. Die Zusammenarbeit mit Samuel Kummer in Kirchheim empfand ich als sehr positiv.“

Auch Kummer denkt gerne zurück: „Ich habe mich in Kirchheim sehr wohlgefühlt und tolle kirchenmusikalische Projekte mit einem sehr aufgeschlossenen Chor verwirklichen können.“ Mit einigen Mitgliedern würde er heute noch in Kontakt stehen.

Auch in Dresden konnte er sich als Organist verwirklichen. Der Deutschen Presse-Agentur sagte er: „Ich kann mit meiner Improvisationsfähigkeit an diesem Ort wirken wie an keinem anderen.“

Kummer lehrt zwar weiterhin in den Fächern Orgelimprovisation und Literaturspiel an der Hochschule für Kirchenmusik Dresden und ist europaweit in Orgelkonzerten zu hören. Doch sein sehnlichster Wunsch ist, wieder regelmäßig an der 2005 von der Orgelbaufirma Kern aus Straßburg erbauten Orgel der Dresdner Frauenkirche spielen zu können.