Nun waren sie im Schwabenland. Rund 20 Schülerinnen und Schüler aus dem Lyzeum der ukrainischen, etwa 4200 Einwohner zählenden Stadt Sarata, die 1822 von deutschen Auswanderern gegründet ehemals zu der historischen Landschaft Bessarabien gehörte. Begleitet von ihrem Schulleiter Roman Kovshik und zwei weiteren Lehrern. Im Zuge der im Gemeinderat beschlossenen Solidaritätspartnerschaft haben sich Oberbürgermeister Dr. Pascal Bader, eine kleine Delegation sowie Hiltrud Elbert-Fano, deren Eltern nach der Vertreibung 1940 wie weitere Bewohner aus Sarata in Kirchheim eine neue Heimat fanden, Ende März dieses Jahres auf den Weg in die Ukraine gemacht (der Teckbote berichtete am 4. April).
Die Jugendlichen sollen einige Tage in Frieden und Sicherheit verbringen können.
Pascal Bader
„Die Stadtverwaltung hatte den Kontakt hergestellt, um vorab nach Nöten und Bedürfnissen nachzufragen“, so der Rathauschef. Schon damals war der Plan, mehrere Jugendliche in die Teckstadt zu holen, wo sie „einige Tage in Frieden und Sicherheit verbringen können“. Möglich machten dies die Baden-Württemberg-Stiftung, die den neuntägigen Aufenthalt mit Programm zum größten Teil finanziert hat, und Gasteltern, die sich spontan gemeldet und die Mädchen und Jungen als Familie aufgenommen haben.
Auch das Ehepaar Bader mit Luca und Moritz, 15 und 13 Jahre alt, waren neun Tage lang zu siebt. „Unsere Söhne fanden das gleich super, haben sich sofort darauf eingelassen“, verrät Brigitte Bader. Mit dem Zuwachs drei weiterer „netter Jungs“ waren sie nicht nur Stammkunden beim Bäcker und Metzger, wie die Initiatorin der Spendenaktion bekräftigt. „Es war für alle sehr bereichernd, zueinander zu finden.“
Neben dem Empfang im Rathaus, einem Stadtrundgang in Kirchheim, der Teilnahme an den Projekttagen des Ludwig-Uhland-Gymnasiums (LUG) und der Freihof-Realschule gab es für die jungen Ukrainer noch jede Menge zu entdecken. So besuchten sie das städtische Freibad, das Fußballturnier des Jesinger Teckbotenpokals, Schloss Lichtenstein mit Nebelhöhle Sonnenbühl, die Boulderwand im Stuntwerk und wanderten gemeinsam auf die Burg Teck. Darüber hinaus hatten sie beim Basketballtraining der Kirchheim Knights und auf der Feier „School’s out for Summer“ im Mehrgenerationenhaus Linde viel Spaß. In Stuttgart lernten sie das Mercedes-Benz-Museum, Planetarium, Heimatmuseum des Bessarabien-Hauses sowie die Wilhelma kennen – außerdem standen eine VfB-Stadiontour, die VfB-Akademie sowie ein Bowlingabend auf dem Plan. Je nach Gastfamilie gab es noch weitere Ausflüge, zum Beispiel nach Tübingen, zur Hohenzollernburg oder ins Outlet nach Metzingen. „Die meisten Kinder waren sehr überrascht, zeigten viele Emotionen“, berichtet Schulleiter Roman Kovshik und verrät lachend: „Beim abendlichen Austausch in kleinen Gruppen hörten wir jedes Mal: ‚Das ist der beste Tag!‘ “
Ständige Stromausfälle
Ein großes Problem in Sarata sind die ständigen Stromausfälle und das oft stundenlange Ausharren in den Schulbunkern – Situationen, die an den Nerven zehren und den Schulbetrieb behindern. Wobei dem Gymnasium in Sarata eine zentrale Rolle bei der Versorgung der Bevölkerung mit warmen Räumen, Schutzbunkern und Strom zum Laden der Handyakkus zukommt. Aufgrund der spontanen Idee einer kleinen Hilfsaktion ist der Laderaum des Reisebusses nicht nur mit Gepäck gefüllt.
Mit auf die 45-stündige Heimreise gehen drei von der Teckwerke Bürgerenergie eG gespendete Balkonkraftwerke, jeweils bestückt mit Speicherbatterien, die durch ihre Notstromfähigkeit gewährleisten, dass bei einem Stromausfall die Modulpaneele nicht abgestellt werden, sondern in Betrieb bleiben. Ergänzt wird die Hilfslieferung durch ein Raumluftreinigungsgerät der Firma Exiteck, damit die Schüler und Schülerinnen sich im Winter bei den zahlreichen und langen Bunkeraufenthalten nicht ständig gegenseitig anstecken.
Laut Brigitte Bader, Initiatorin der Spendenaktion, kann für die Anschaffung der Speicherbatterien noch bis Mitte August gespendet werden. Gegebenenfalls lässt sich damit ein zweiter Raumluftreiniger finanzieren. Von der Stadt Kirchheim selbst wird sich zwischen Ende August und Anfang September ein weiterer Hilfstransport mit den Speicherbatterien auf den Weg nach Sarata machen.
Unter der Adresse www.betterplace.me/balkonkraftwerke-fuer-sarata-in-ukraine sind Spenden via Internet möglich.