Nachhaltigkeit
Schenkscheune sucht Räume

In der Schenkscheune finden ungenutzte Habseligkeiten einen neuen Besitzer, statt in den Müll zu wandern. Nun sucht der Umsonstladen nach einer neuen Bleibe.

Bis auf Weiteres übernehmen die zwei digitalen „Signal“-Gruppen die Funktion der altbewährten Pinnwand. Foto: Jean-luc Jacques

Von der alten Kaffeemaschine über das ungeliebte Hemd bis hin zum Spielzeug, mit dem die Kinder nicht mehr spielen: Viele Gegenstände, die auf dem einen oder anderen Wege in den eigenen Besitz geraten sind, werden irgendwann nicht mehr genutzt und setzen im Keller Staub an oder werden einfach weggeworfen.

Um gebrauchte, aber intakte Dinge vor diesem Schicksal zu bewahren, haben Tim und Kathi Baur gemeinsam mit Jan Wagner im Juni 2016 in Kirchheim die Schenkscheune ins Leben gerufen. Das Konzept ist simpel: Wer für seine Besitztümer keine Verwendung mehr hat, bringt sie einfach in der Schenkscheune vorbei, wo sie ein vorübergehendes Zuhause finden. Kann jemand mit den Dingen etwas anfangen, darf er sie für einen echten Schnäppchenpreis von null Euro mit nachhause nehmen.

Ursprünglich entstand diese Idee bei der Entrümpelung eines alten Bauernhauses. Dieser Anekdote verdankt die Schenkscheune auch ihren ungewöhnlichen Namen. Hinsichtlich der verschiedenen Standorte hat die Schenkscheune bereits eine turbulente Reise hinter sich. Von dem mittlerweile abgerissenen Bauernhof in der Schlierbacher Straße ging es in die Plochinger Straße, danach zog die Schenkscheune übergangsweise in die Alleenstraße und schließlich in das Stadtkino in der Max-Eyth-Straße. Auch dort konnte sie jedoch nur wenige Monate bleiben und sucht seit November 2020 nach einem neuen Zuhause.

Eine Erfolgsgeschichte

Die Resonanz der Menschen war und ist noch immer äußerst positiv. „Es hat sich damals rumgesprochen, wie ein Lauffeuer“, erzählt Kathi Baur. Die Kleiderständer und Regale füllten sich wie von alleine mit Klamotten, Spielzeug, Schuhen, Büchern und allerlei anderem Zeug. Wer etwas Spezifisches suchte oder sperrige Gegenstände, wie etwa Möbel, zu verschenken hatte, konnte an einer Pinnwand einen Hinweis hinterlassen. Töpfe, Pfannen und Kinderkleidung hätten am schnellsten Abnehmer gefunden, behauptet Tim Baur.

Den beiden zufolge wurden pro Monat durchschnittlich mehrere tausend Einzelstücke abgegeben. Dabei fanden so manche Objekte häufiger ihren Weg in die Schenkscheune als andere: „Wir hatten über die Zeit wahrscheinlich 300 Wasserkocher“, meint Kathi Baur belustigt. Eierbecher seien auch „so ein Ding.“ Einmal hätte sogar jemand eine selbstgebaute Orgel abgegeben, erzählt Tim Baur und seine Frau ergänzt: „Es kommen total witzige Sachen rein. Die kann man so oft nicht mehr nachkaufen.“

Den Vorstandsmitgliedern ist es wichtig, zu betonen, dass die Schenkscheune kein Wohltätigkeitsverein ist. Stattdessen handelt es sich um ein ökologisches Projekt, das Nachhaltigkeit und Müllvermeidung in den Vordergrund stellt. Willkommen sind also nicht nur Bedürftige, sondern Menschen aller Gehaltsklassen.

Besondere Voraussetzungen, um etwas abgeben oder mitnehmen zu dürfen, gibt es nicht. Die Gegenstände müssen lediglich kompakt und in einem guten Zustand sein. Auch ist die Schenkscheine kein Tauschbasar: Wer etwas mit nachhause nehmen möchte, muss nicht zwangsläufig auch eigene Habseligkeiten entbehren.

Neue Räume gesucht

Bis die Schenkscheune eine neue Bleibe gefunden hat, wird das Projekt online über den Messenger-Dienst „Signal“ weitergeführt. In der regulären Schenkscheune-Gruppe können die Teilnehmer ihre zu verschenkenden Gegenstände anbieten; zusätzlich gibt es eine Wünsche-Gruppe, in der nach konkreten Dingen gefragt werden darf. Die Gruppen würden gut laufen, sagt Kathi Baur. Sie seien aber lediglich eine Übergangslösung. „Gerade ältere Menschen sind mit den Messengern nicht vertraut, mögen die Öffentlichkeit der Gruppen nicht und haben Hemmungen, persönliche Daten weiterzugeben“, meint Tim Baur.

Die Suche nach einem geeigneten Standort gestaltet sich jedoch nicht so einfach. „Wir hatten immer großes Glück mit den Räumen“, so Tim Baur. Es sei aber auch klar gewesen, dass es nicht ewig so weitergehen würde. Das neue Zuhause der Schenkscheune sollte im besten Fall relativ zentral liegen und einerseits für die Laufkundschaft, aber auch mit dem Auto halbwegs erreichbar sein. „Natürlich brauchen wir auch Platz, weil wir die ganzen unterschiedlichen Sachen ja auch irgendwo unterbringen müssen“, meint Kathi Baur.

Das Problem ist dabei nicht das Fehlen entsprechender Räumlichkeiten. Stattdessen stellen die hohen Mietpreise in der Stadt das Vorstandsteam vor eine Herausforderung, denn das Projekt wird ausschließlich durch Privatspenden finanziert. Vereinsmitglieder zahlen einen Beitrag von einem Euro pro Monat; einzelne Mitglieder unterstützen die Schenkscheune mit zusätzlichen Beträgen. „Wir werden von den Privatleuten wahrscheinlich nicht genug zusammenkriegen“, bedauert Kathi Baur. Daher sei nun Kreativität gefragt. Die Gegenstände für niedrige Preise anzubieten, statt sie zu verschenken, schließen die Betreiber der Schenkscheune und ihr Team aus Ehrenamtlichen aus. Stattdessen hoffen Sie auf die Unterstützung der Kirchheimer Unternehmen.

Selbstverständlich seien auch neue Mitglieder jederzeit willkommen. „Ein mitgliederstarker Verein hat in der öffentlichen Wahrnehmung einfach ein anderes Gewicht und kriegt mehr Unterstützung von der Stadt“, erklärt Kathi Baur. Sie möchte jedoch betonen, dass die Stadt Kirchheim durchaus engagiert sei und die Schenkscheune unterstütze. Natürlich seien der Stadt aber insofern die Hände gebunden, da sie in punkto finanzieller Zuschüsse fair gegenüber anderen Vereinen bleiben müsse. 

Das Schenkscheunen-Team hofft, sein Herzensprojekt bald wieder in neuen Räumen fortsetzen zu können. „Wir und unsere Ehrenamtlichen haben Bock“, verkündet Tim Baur. „Wir möchten unbedingt weitermachen. Uns fehlt nur noch die Gelegenheit.“