Hände weg vom Steuer - dieser Leitsatz gilt für immer mehr Landwirte. Zu verdanken haben sie das bequeme Fahren auf dem Feld der Digitalisierung, die immer mehr Einzug in die modernen Schlepper hält. „Was haben die Bauern davon, wenn sie die moderne Technik einbauen?“, fragt Hannes Schallermayer, Nebenerwerbs-Landwirt bei Dachau und Software-Entwickler bei der „BayWa“-Tochter FarmFacts, und schiebt die Antwort gleich nach: „Im Augenblick nur Vorteile.“ Mit Professor Dr. Patrick Noack, sein Lehrgebiet ist die Agrarsystemtechnik an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf, war er einer der Referenten des „Digital Day“ der „BayWa“ (Bayerische Warenvermittlung), der in der Deula in Kirchheim für Kunden aus Württemberg stattfand.
Aus eigener Erfahrung kann Hannes Schallermayer seinen Kollegen aus der Praxis berichten. „Das ist Umweltschutz. In der Produktion kann ich mit der intelligenten Technik beispielsweise Pflanzenschutzmittel einsparen. Der Nebeneffekt: Ich steigere meinen Gewinn dank optimaler Nutzung - und weil ich weniger verbrauche“, sagt er. Hoch im Kurs steht die Arbeitserleichterung. „Am Abend steig‘ ich entspannt von meinem Schlepper runter“, so Hannes Schallermayer.
Der moderne Schlepper erkennt schon bei der Anfahrt, welchen Acker - die Bauern sprechen in dem Fall vom Schlag - er ansteuert. Gespeichert ist die Bodenqualität, die sich auch innerhalb eines Schlags verändern kann. Je nachdem fallen aus der Sämaschine dann mehr oder weniger Samenkörner. Steht die Bodenbearbeitung an, wählt das Spurführsystem die Leitspuren aus. Dank GPS ist es bis auf zweieinhalb Zentimeter genau. „Wenn ich nicht mehr lenken und auf die Spur achten muss, bin ich entspannter und aufmerksamer bei der Arbeit. Ich kann beispielsweise das Saatgut im Auge behalten und rechtzeitig Nachschub holen“, erklärt Hannes Schallermayer. „Vor allem die Landwirte hier im Süden werden physisch entlastet. Bei großen Schlägen im Norden müssen die Traktorfahrer vielleicht nur alle Viertelstunde wenden, hier in Württemberg ist das ganz anders“, sagt Patrick Noack. Auf den kleinen Ackerflächen sind sie unter Umständen alle zwei Minuten am Kurbeln. Wegen der kleinen Flächen gibt es im Süden viele Nebenerwerbslandwirte. „Wenn die nach einem Achtstundentag am Band nach Feierabend noch vier bis fünf Stunden im Schlepper sitzen und dabei nur am Lenken sind, essen die noch eine Stulle und gehen dann ins Bett. Mit den Assistenten an Bord kann er noch zwei Stunden mit seiner Frau oder der Familie was machen“, verdeutlicht Patrick Noack.
Der Beruf des Bauern ist nicht attraktiv. „Die Landwirte machen das aus Berufung, sie wollen gar nicht soviel Geld verdienen. Aber die Freizeit hat immer mehr Bedeutung. Sie wollen Zeit für ihre Familien, ihre Hobbys oder die Feuerwehr haben. Die Digitalisierung kann da helfen“, so Patrick Noack. Vor rund 15 Jahren begann der Professor, sich mit der Thematik zu befassen. „Damals hieß es: Für die autonomen Lenksysteme besteht in Deutschland ein Markt für fünf Stück. Sie kosteten damals 80 000 Euro“, so Patrick Noack. Heute liegt der Preis zwischen 5 000 und 20 000 Euro. Der Professor schätzt, dass bereits 60 bis 70 Prozent der Landwirte eines besitzen. Diese Zahlen bestätigt Erich Geßler. Der BayWa- Spartengeschäftsführer für Technik in Württemberg hat zu dem an zwei Tagen stattfindenden „Digital Day“ eingeladen. „Die höhere Lebensqualität ist auch der Grund für die Investition in Melkroboter“, so Erich Geßler.
Die Hemmschwelle für die Digitalisierung soll mit solchen „Digital Days“ den Landwirten genommen werden. Viele haben den Einstieg schon hinter sich. „Wir wollen ihnen weiteres Werkzeug vorstellen, das ihnen die Arbeit erleichtert. Ich kann den Acker mit einem Pflug am Traktor bearbeiten oder mit einem Spaten umgraben - das kann jeder für sich entscheiden“, sagt Patrick Noack. Er will vor allem den Druck rausnehmen und jedem sein Tempo lassen, sich langsam an die neue Technik ranzutasten oder eben nicht.