Kirchheim
Selbst die Wünschelrute fand ihren Weg in die VHS

Geschichte Der Vorstandsvorsitzende Klaus Buck blickt auf 75 Jahre Volkshochschule Kirchheim zurück.

Die echte Frage in der Geschichte ist nie „wer“ und „wann“. Die wirkliche Frage ist immer: Warum? Also: Warum wurde 1947 in Kirchheim eine Volkshochschule gegründet? Weil die US-Militärregierung 1946 alle Landräte und Oberbürgermeister darauf hinwies, dass in allen Kreisen Volkshochschulen errichtet werden sollen. Kirchheim war zwar keine Kreisstadt, weil der Kreis Kirchheim 1938 an den Landkreis Nürtingen gefallen war, aber der Kreisjugendreferent Gerhard Keppler befand, Kirchheim brauche trotzdem eine VHS. Deshalb wandte er sich im September 1947 an Bürgermeister Franz Kröning.

Überwiegend Männer im Kuratorium

Nur einen Monat später wurde ein Kuratorium zur VHS-Gründung gebildet, dem neben neun Herren wie dem Bürgermeister, dem Gewerbeschuldirektor, dem Dekan und dem katholischen Stadtpfarrer immerhin auch eine Dame angehörte – die Leiterin des hauswirtschaftlichen Seminars, Margarethe von Puttkamer. Schon im November 1947 lag die Genehmigung der Militärregierung vor, der Aufbau des Betriebs begann – und das bis heute dauernde Wech­selspiel zwischen privatem Engagement und öffentlichem Auftrag.

 

Es war wohl eher eine zufällige Aneinanderreihung von Kursen.
Klaus Buck
Der Vorstandsvorsitzende zu den anfänglichen Themen

 

Der VHS-Vorstandsvorsitzende Klaus Buck betonte die kreativen Lösungen, die anfangs nötig waren: Anmeldungen wurden im Konzertbüro Dettinger angenommen, der ehrenamtliche Geschäftsführer arbeitete von zuhause aus, das Programm wurde über Aushänge publiziert. Die Themen waren Volkswirtschaft, Buchhaltung, Sprachen, Geschichte, Philosophie, Musik, Kunst, Gartenbau und Hauswirtschaft. „Es war wohl eher eine durch Zufall entstandene Aneinanderreihung von Kursen“, sagte er. Der Bedarf war da: Schon im ersten Winter 1947/48 liefen 26 Kurse mit rund 700 Hörerinnen und Hörern und 19 Veranstaltungen mit rund 2500 Teilnehmern.

1951 wurde im Max-Eyth-Haus ein Büro bezogen, ein Trägerverein gegründet. Zehn Jahre nach der VHS-Gründung waren im Programm die Angebote der Außenstellen zu lesen. Zum Angebot 1957 zählte auch ein Farblichtbildervortrag inklusive Schallplatten und Bandaufnahmen mit dem Titel „Röcke, Geiz und Dudelsack“. Im selben Jahr gab es den Vortrag „Die Wünschelrute im Lichte der Wissenschaft“. Den Vorsitz hatte bis 1964 immer der Direktor des Kirchheimer Gymnasiums.

EDV-Schulungsräume

Im PC-Boom Mitte der 1980er Jahre wurden gleich vier EDV-Schulungsräume eingerichtet. Es gab MS-DOS für PC-Anwender, Programmieren mit Basic und CAD-Kurse.

Seit 2005 ist die VHS Kirchheim vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) anerkannter Träger für Integrationskurse. Deutschkurse für Aussiedler gab es zuvor schon seit Mitte der 1970er-Jahre. Seit 2006 gibt es ein fünfköpfiges Vorstandsgremium, heute umfasst die Geschäftsstelle 18 Festangestellte.

Knappheit an Ressourcen, Einschränkungen in fast allen Lebensbereichen, Ausgangssperren und Versammlungsverbote – diese Beschreibung von Buck galt nicht dem Deutschland ab 2020, sondern kurz nach 1945, der Gründungszeit der VHS Kirchheim. Doch auch die aktuellen Entwicklungen trafen die VHS schwer. „Dank der pandemiebedingten Fördermittel sind wir gerade so durch die letzten Jahre gekommen.“ Leider seien die Rücklagen abgeschmolzen, und die Anmeldezahlen lägen noch immer unter denen von 2019. „Es bleibt also spannend, wie sich die VHS nach der Pandemie wirtschaftlich konsolidieren kann“, sagte Klaus Buck. Peter Dietrich

 

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