In klassischen Konzerten ist das Saxofon als Soloinstrument eher selten zu hören. Dem Kulturring der VHS Kirchheim ist es deshalb hoch anzurechnen, dass sich im jüngsten Meisterkonzert mit Christian Segmehl in der Stadthalle einer der profiliertesten deutschen Saxofonisten vorstellen konnte. Mit einem exquisiten, äußerst vielseitigen Programm brach der in Leutkirch im Allgäu lebende Musiker eine Lanze für sein goldglänzendes Instrument.
Ausloten der musikalischen Tiefe
Bestens abgestimmt mit Paul Rivinius, der viele Jahre als Klavierprofessor an den beiden Berliner Musikhochschulen gewirkt hat, brannte Segmehl ein brillantes Feuerwerk der Töne ab. Doch es waren nicht vordergründige Tonspielereien, die den Abend zum Ereignis machten, sondern eine profunde musikalische Durchdringung der Interpretationen. Für beide Musiker sind technische Probleme ein Fremdwort – so lag der Fokus auf dem Ausloten der musikalischen Tiefe und einer differenzierten Umsetzung des klanglichen Gehalts der stilistisch sehr unterschiedlichen Werke.
In seiner „Fantaisie sur un thème original“ zeigt Jules Demersseman ein Kompendium der vielseitigen Möglichkeiten des Saxofons auf. Halsbrecherisches Laufwerk steht neben spannungsvollen Kantilenen, und in den Kadenzen kann der Solist alles herausholen, was sein Instrument an technischem Blendwerk bietet: Eine dankbare Aufgabe für Christian Segmehl, der sein Instrument über sicherem Klaviergrund zum Leuchten brachte und alle technischen Klippen souverän umschiffte.
Auch die moderne Tonsprache von Alfred Desenclos’ „Prélude, Cadence et Final“ und das erst vor drei Jahren entstandene Werk „The Singing Fish“ der Londoner Komponistin Lucy Armstrong schienen für Segmehl keine besondere Herausforderung zu sein. Technisch stimmte alles, und tonlich bewegte sich der Solist zwischen hauchzart angesetzten ultrahohen Tönen und mannigfach variierender Farbgebung.
Handfester zur Sache ging es dann in Barry Cockcrofts „Black & Blue“. Christian Segmehl phrasierte die swingende Bluesline äußerst geschmackvoll und zeigte sich bei der Umsetzung des mit Flatterzunge, wilden Klappengeräuschen und Multiphonics garnierten Notentextes als wahrer Meister zeitgenössischer Blastechniken.
Spannend in der Linienzeichnung und mit knackigen Tongirlanden setzten die beiden Musiker Christian Segmehl und Paul Rivinius bekannte Titel des argentinischen Tangomeisters Astor Piazzolla um, dann war Unterhaltung angesagt.
Applaus und Bravo-Rufe
Paul Desmonds Jazzstandard „Take Five“ begeisterte das Publikum ebenso wie das jazzig angehauchte „Witch Hunt“, in dem Ulrich Schultheiss zu einer ganz eigenen Tonsprache fand.
Zum Schluss gab es mit Darius Milhauds „Scaramouche“ ein Paradestück aller Saxofonisten. Christian Segmehl zog nochmals alle Register seiner frappierenden Bläserkunst, überzeugte mit schlackenlosen Tonansätzen, dynamischen Grenzgängen und fein artikulierten Zungenspielen. Dem Publikum gefiel’s, und nach heftigem Schlussapplaus und Bravo-Rufen gab es als Zugabe einen feurigen „Devils Rag“.