Die Gesellschaft altert stetig. Aktuell gibt es in Deutschland sechs Millionen Menschen über 80 Jahren. Ein Großteil davon meistert den Alltag selbst, und viele engagieren sich freiwillig in Bereichen des öffentlichen Lebens. „Zu dem oft negativ besetzten Bild von der Hilfsbedürftigkeit Hochaltriger setzt die Stiftung Pro Alter seit 2018 mit Veranstaltungen und Publikationen unter dem Motto ‚Mit über 80 Jahren‘ einen Gegenpol“, sagt Inge Hafner. Die ehemalige Altenhilfeplanerin beim Landratsamt Esslingen ist Vorstandsmitglied der Stiftung.
Als bundesweit einzige Kommunen beteiligen sich Kirchheim, Denkendorf, Neuhausen, und Filderstadt bei einem Pilotprojekt von Pro Alter: einem Internet-Adventskalender „Engagiert mit über 80 Jahren“. Bis zum 24. Dezember wird täglich hinter jedem Türchen eine über 80-jährige Person vorgestellt, die sich in der jeweiligen Gemeinde im Sozialen, der Kultur, im Sport oder für die Umwelt einsetzt.
In Kirchheim wurde die Aktion vom Verein „Buefet“ initiiert, der sich in der Teckstadt für ein selbstständiges Leben im Alter und in der Arbeit mit behinderten Menschen engagiert. „Gabriele Eichler und Monique Kranz-Janssen haben die Kontakte geknüpft, Interviews mit den Seniorinnen und Senioren geführt und fotografiert“, erzählt Christine Euchner, die in der Stadtverwaltung den Bereich Soziale Lebenslagen betreut. „Die Zusammenarbeit zwischen ‘Buefet’ und der Stadt funktioniert hervorragend“, betont Euchner das gute Miteinander der Beteiligten. Entstanden ist daraus ein Adventskalender der besonderen Art, der zeigt, dass Ehrenamt kein Alter kennt.
Neben der Veröffentlichung auf der Homepage von „Buefet“ wird in einer Anzeigenserie täglich ein Porträt im Teckboten veröffentlicht. Ermöglicht hat dies eine Förderung durch das Programm „Demokratie leben!“ des Bundesministeriums für Familien, Senioren, Frauen und Jugend. Auch analog ist der Adventskalender in Kirchheim zu sehen. Er wird bei der Evangelischen Freikirche, dem Seniorenzentrum Ficker-Stift und beim Sportvereinszentrum des VfL Kirchheim ausgehängt.
„Als ich das Projekt beim Kreisseniorenrat Esslingen vorstellte und in der Altenarbeit tätige Personen ansprach, traf ich auf eine überaus positive Resonanz“, erzählt Hafner. In den vier teilnehmenden Kommunen bildeten sich Redaktionsteams, die das Projekt engagiert in Angriff nahmen.
„In Denkendorf ging der Impuls vom Verein Senioren- und Altenhilfe aus“, berichtet Maria Sommer von der Koordinierungsstelle Älterwerden. „Das Miteinander von Gemeindeverwaltung und Verein war überaus fruchtbar.“ Ähnlich lief es in Neuhausen. In der Fildergemeinde ergriff ein Volunteers-Stammtisch die Initiative, der zur Unterstützung die Gemeinde mit ins Boot holte. „Die Interviews waren für uns sehr bereichernd“, erzählt die Koordinatorin Inge Mayer. Die Gespräche hätten interessante, manchmal auch berührende Einblick in die Lebensgeschichten der Senioren gegeben. Diese Erfahrungen machten alle Redaktionsteams. Der Adventskalender sei auch ein generationenübergreifendes Projekt. „Wenn sich die älteren Menschen im Internet nicht gut auskennen, können die Enkel Unterstützung geben“, regt Mayer an.
In Filderstadt organisierte das städtische Referat für Chancengleichheit, Teilhabe und Gesundheit die Aktion. „Wir sind sehr dankbar, Inge Hafner in unserem Team zu haben. Sie gibt wertvolle Impulse“, sagt Jutta Grillhiesel von der Stadtverwaltung in Filderstadt.
„Mit dem Senioren-Adventskalender möchten wir die Wertigkeit der Arbeit von Hochaltrigen herausstellen, die sich als Volunteers in der Gesellschaft einbringen“, betont Hafner. Das Motto sei: „Gemeinsam etwas stemmen“. Um den Stellenwert der Aktion zu unterstreichen, sind auch die Oberbürgermeister und Bürgermeister der teilnehmenden Kommunen involviert: Hinter einem Kalendertürchen würdigen sie das bürgerschaftliche Engagement der Seniorinnen und Senioren.
„Geben macht seliger als nehmen“, sagt der 81jährige Ekkehard Sander aus Denkendorf. Der ehemalige Elektromeister bringt sich im Kleinreparaturdienst des Vereins Senioren- und Altenhilfe und in der Flüchtlingsarbeit ein. Das größte Kompliment bekam er von seinem Enkel: „Es ist toll Opa, was du für andere Menschen tust“. Ähnlich positive Erfahrungen machen alle Porträtierten. Sie brauchen den Austausch mit anderen und das Gefühl, etwas bewegen zu können. „Das Engagement der Hochbetagten soll jüngeren Generation ein Vorbild sein“, betont Inge Hafner. „In einer Zeit, in der Egoismus einen immer breiteren Raum einnimmt, wollen wir ein Zeichen für Solidarität setzen“.
Der Kirchheimer Senioren-Adventskalender ist zu sehen unter www.buefet.de
Die Stiftung Pro Alter
Geschichte 2007 wurde Pro Alter vom Kuratorium Deutsche Altershilfe - einer 1962 vom damaligen Bundespräsidenten Heinrich Lübke und seiner Frau Wilhelmine initiierten Stiftung - gegründet. Durch die Förderung des Engagements Älterer für Ältere und durch generationenübergreifende Projekte will die Stiftung zur Minderung der Folgen der demografischen Entwicklung beitragen. Pro Alter ist unabhängig und parteipolitisch neutral.
Zielsetzung Selbstbestimmung und Lebensqualität im Alter stehen im Mittelpunkt der Stiftung Pro Alter, deren Motto lautet: „Das hilfreiche Alter hilfreicher machen“. Eine Plattform für Kooperationen in allen altersbezogenen Themen wird geboten, um Ziele auf einer gemeinsamen Basis zu verfolgen und durchzusetzen. Darüber hinaus will Pro Alter soziale Netzwerke für Senioren stärken und Servicepunkte ausbauen.
Aktivitäten Ein aktueller Schwerpunkt der Tätigkeit der Stiftung liegt beim Engagement von hochaltrigen Personen. Neben öffentlichen Veranstaltungen wurde ein Memorandum zur gesellschaftlichen Einbindung im hohen Alter erarbeitet. 2021 erschien das Buch „Mit über 80 Jahren...“, das beispielhaftes soziales Engagement von hochaltrigen Personen darstellt. kell