Kirchheim. Mit Sicherheit erinnert sich noch so mancher, wenn er an seine Zeit im Kindergarten zurückdenkt, an Anna Weber. Die einstige Kindergärtnerin kam nie ungesehen durch Kirchheim. Das lag nicht zuletzt an ihrem persönlichen Markenzeichen: einer kunstvollen Hochsteckfrisur. Beinahe an jeder Ecke wurde sie von einem ehemaligen Schützling erkannt. Es folgte kurzes oder auch ausgiebiges Schwelgen in der Vergangenheit. Da sie als „Springerin“ tätig war, die immer dort eingesetzt wurde, wo das Personal knapp war, hat sie über die Jahre besonders viele Kinder in Kirchheim betreut. Eine ihrer liebsten Beschäftigungen war das Basteln – ein Hobby, das sie auch mit ihren eigenen Kindern leidenschaftlich gerne betrieben hat.
Anna Weber ist die Mutter dreier Kinder, um die sie sich liebevoll gekümmert hat. Zu der Kinderbetreuung kamen noch der Haushalt und die Bewirtschaftung eines großen Gartengrundstücks. Da der Vater, dem klassischen Rollenbild entsprechend, die meiste Zeit bei der Arbeit war, war Anna Weber oft mit ihren Kindern alleine. Dadurch wurde ihr Verhältnis besonders innig. Ihr Sohn erinnert sich stolz: „Obwohl ich ein ziemlicher Lausbub war, stand meine Mutter immer hinter mir.“
Ihre eigene Kindheit hat Anna Weber im Sudetenland verbracht, bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs. Nach der Flucht kam sie zusammen mit ihren Eltern und ihrer Schwester nach Nürtingen. Dort hat die Familie für einige Jahre in einem Zelt auf einem Acker gelebt, den der Vater von seinen Ersparnissen gekauft hatte.
Ihren Mann, der ebenfalls während des Zweiten Weltkriegs aus dem Sudetenland geflüchtet war, hat sie im Krankenhaus in Kirchheim kennengelernt, als sie dort eine Freundin besuchte. Gemeinsam baute das Ehepaar in Kirchheim ein Eigenheim, in der Aichelbergstraße 148. Ihre alte Adresse kann sich Anna Weber immer noch gut merken, obwohl sie seit acht Jahren in einer Demenz-WG lebt. Man sieht es Anna Weber an, dass es ihr gut geht. Nach eigener Aussage ging es ihr in ihrem Leben noch nie so gut wie dort.
Bei ihrem durch harte Arbeit geprägten Leben ist das nur verständlich. Selten in ihrem Leben hat sich Anna Weber eine Pause gegönnt. Obwohl sie einen Garten hatte, der beeindruckend angelegt war, hat ihr Sohn sie kein einziges Mal dort sitzen sehen. Doch Anna Weber beschwert sich nicht. Vielmehr resümiert sie: „Schön war’s trotzdem!“ Debora Schreiber