Eine Sternstunde des vokalen Wohlklangs präsentierte das aus sechs Sängerinnen und Sängern bestehende Ingenium Ensemble aus Sloweniens Hauptstadt Ljubljana im Rahmen der Meisterkonzert-Reihe des VHS-Kulturrings. Die zahlreichen Zuhörerinnen und Zuhörer in der Stadthalle waren begeistert vom vielfältigen Repertoire des international renommierten A-cappella-Sextetts, das einen Bogen spannte von der Vokalmusik der Renaissance über slowenische Volkslieder, Kompositionen junger, zeitgenössischer Komponisten aus Slowenien bis hin zu Jazz- und Popsongs von Billy Joel.
Gewöhnungsbedürftig war der Beginn mit dem Adventsklassiker „In dulci jubilo“ im Monat Mai, was Blaž Strmole sogleich relativierte. Das sei der Programmkonzeption „Eine musikalische Lebensreise“ geschuldet. Sie umfasste Lieder aus den Themen „Geburt und Leben“, „Jugend und Wanderjahre“, „Der Bund der Ehe“, „Krieg und Frieden“, „Abschied und Tod“ und „Jenseits von unserer Welt“.
Perfekte Klangbalance
Blaž Strmol verleiht dem Konzertabend mit seiner humorvollen Moderation einen zusätzlichen Unterhaltungswert und gibt kurze Einführungen zum Inhalt der Lieder. Der russisch-orthodoxe Chorsatz „Spasenije sodelal“ von Pavel Chesnokov (1877-1944) ertönt im Männerquartett voluminös im Stile der Donkosaken, wobei der Bassist Ambrož Rener in extremer Tiefe einen sensationellen sonoren Klang beisteuert. In „Der Mensch, vom Weibe geboren“ von Johann Christoph Bach (1642-1703) zeigen sich alle Mitglieder des Sextetts solistisch mit der ganzen Bandbreite ihrer exzellenten Gesangskunst. Präzise gestaltete Koloraturen wandern durch alle Stimmen, als Kontrast folgen feine Staccato-Tupfer, auch das Pianissimo besticht durch gute Körperresonanz und die Klangbalance zwischen Soli und Begleitstimmen ist perfekt abgestimmt.
Mit einem humoristischen Arrangement des slowenischen Kinderliedes „Marko skace“ beginnt der Themenkreis „Jugend und Wanderjahre“. Kinderstimmen werden nachgeahmt mit absichtlich gepresstem Stimmklang und flachen Vokalen, ehe die quirlige Bewegung herumrennender Kinder geradezu stimmakrobatisch verdeutlicht wird. Im Lied „Rosestock und Holderblüt“ gibt es für die Zuhörerinnen und Zuhörer einige Nüsse zu knacken: Welche schwäbischen Wörter konnte man verstehen? Das Renaissance-Madrigal „Dessus le Marche d’Arras“ von Orlando di Lasso (1532-1594) erzeugt mit seinen Anklängen an die Musik der Troubadours mittelalterliches Flair.
„Krieg und Frieden“
Wie ein inniges Gebet der Gottes- und Nächstenliebe erklingt im schlichten, aber ergreifenden Latein „Ubi Caritas“ von Maurice Duruflé (1902-1986), wo die Gregorianik eine reizvolle Synthese eingeht mit erweitert-tonalen Akkorden des 20. Jahrhunderts.
Nach der Pause betritt das Ingenium Ensemble mit dem Madrigal „Amor Vittorioso“ von Giovanni Gastoldi die Bühne, um das Thema „Krieg und Frieden“ einzuläuten. Das französische „L’homme armé“ aus dem 15. Jahrhundert spiegelt Kriegslärm, Trommeln und Marschieren plastisch mit menschlichen Stimmen wider. In den Chorsätzen „Verleih uns Frieden gnädiglich“ und „Da pacem“ vermittelt das Ensemble den intensiven Ausdruck des Flehens mit langen Spannungsbögen und dynamischen Steigerungen. Auch mit dem Genre Popmusik sind die Sängerinnen und Sänger bestens vertraut und interpretieren „Time to Say Goodbye“, „Over the Rainbow“ und „Lullaby“ von Billy Joel gefühlvoll.
In der mitreißenden Schlussnummer „Zemlja plese“ mischen die vielseitigen Künstler sämtliche Zutaten des Jazz und begeistern das Publikum mit gesungenem „walking bass“, Scatgesang, „dirty tones“, Einwürfe von Saxofon-Imitationen und Glissando-Effekten im Stile der Swing-Legende Duke Ellington. Eine slowenische Hiphop-Nummer mit entsprechender Körpergestik und Tanzeinlagen bildet den Schlussakkord des grandiosen Meisterkonzerts.