Die Digitalisierung spielt eine immer größere Rolle - im Alltag durch Smartphone, Facebook und Co. und in der Arbeitswelt in sämtlichen Branchen - auch in der Landwirtschaft. Die grünen Berufe befinden sich derzeit im Umbruch. Vor allem viele ältere Landwirte sowie kleine und mittlere Betriebe stehen vor großen Herausforderungen: Zum einen verfügen die neu entwickelten Maschinen über komplexe Systeme, die nicht für jeden auf Anhieb zu verstehen sind; zum anderen fragt sich so mancher Landwirt: Lohnt sich die Investition für meinen Betrieb überhaupt?
„Über das Thema Digitalisierung wird momentan in der Branche sehr viel geredet, und die Herstellerfirmen entwickeln fleißig“, sagt Rüdiger Heining, Geschäftsführer der Deula in Kirchheim. Das Bildungszentrum für Agrar- und Umwelttechnik hat eine Kernaufgabe: die überbetriebliche Ausbildung für die grünen Berufe. Angehende Landwirte und Landschaftsgärtner aus ganz Baden-Württemberg besuchen dort Kurse. „Wir sind angehalten, unsere Lernmethoden und Ausstattung anzupassen und auf die Digitalisierung abzustimmen“, sagt der Geschäftsführer, der sich intensiv mit dem Thema beschäftigt. „In unserem Haus stellen wir uns auf dieses Zeitalter ein“, ergänzt Heining. So befinden sich auf dem Deula-Gelände zum Beispiel die neuesten Traktoren, die unter anderem mit Bildschirm, Touch-Display und einer Art Joystick ausgestattet sind. Denn bei den Deula-Kursen gehe es nicht darum, die Technik nur anhand von Videos zu lernen; man müsse selber ausprobieren und tätig werden. „Das gehört zu unserem Lernprozess.“ Heining prophezeit in diesem Zusammenhang schon jetzt: Es wird länger dauern als früher, bis man solche Traktoren mit ihrer komplexen Technik sachgerecht bedienen kann.
Dabei ist es erstaunlich, welche Geräte zur Unterstützung in der Landwirtschaft bereits auf dem Markt sind: Rüdiger Heining spricht zum Beispiel von selbstfahrenden, mit Kameras ausgestatteten Robotern, die für jeden Salatkopf auf dem Feld eine digitale Krankenakte anlegen. Der Roboter erkennt, welchen Schädlingsbefall eine Pflanze möglicherweise hat und welche Maßnahmen erforderlich sind. „Dieser Roboter ist relativ neu. Es wird bestimmt bald auch noch möglich sein, dass er gleich das entsprechende Pflanzenschutzmittel ausbringt.“ Ein weiteres Thema ist die Vernetzung der Geräte: Der Landwirt kann vom PC im Büro an seinen Mitarbeiter auf dem Feld Arbeitsaufträge senden, die dieser auf dem Terminal im Traktor erhält. Außerdem gibt es die sogenannte teilflächenspezifische Bewirtschaftung: Ist der Landwirt mit der Feldspritze unterwegs, kann er die Spritzdüsen über eine GPS-Steuerung je nach Geländeverschnitt individuell abschalten - zum Beispiel bei Stellen im Boden, an denen das Düngen nicht sinnvoll ist. So spart der Landwirt Düngemittel und damit Geld.
Einen weiteren Vorteil bieten GPS-gesteuerte Lenksysteme im Traktor: Der Landwirt fährt dabei zwar noch selbst, aber er lenkt nicht mehr. Die Bodenbearbeitung könne dadurch viel genauer erfolgen, wodurch der Dieselverbrauch sinke, erklärt Heining. „Man fährt sicher und präzise über den Acker wie man es von Hand nie könnte.“
Was solche Innovationen anbelangt, hat der Diplom-Ökonom vor allem bei älteren Landwirten eine gewisse Abwehrhaltung beobachtet. Sie seien unsicher und hätten auch Angst, dass mit den neuen Maschinen ganz andere Arbeitsmodelle Einzug halten. „Die junge Generation hingegen ist technisch gerne gut ausgestattet. Allerdings stellt auch sie sich die Frage, ob es sich wirtschaftlich lohnt.“ Rüdiger Heining: „Es wird lohnend werden, weil es billiger wird. Die Frage ist also nicht ob, sondern wann man einsteigt.“
Er selbst ist davon überzeugt, dass die Digitalisierung „unglaubliche Vorteile“ bringen kann. „Aber nicht jede Innovation nutzt jeder Zielgruppe etwas.“ Es komme darauf an, wie teuer die Investition im Vergleich zum ersparten Aufwand sei. Dies herauszufinden, sei Aufgabe derer, die Landwirte unterstützen und beraten.