Es ist eine Corona-Veranstaltung der anderen Art. „Solidarität statt Spaltung“ ist das Motto der Kundgebung auf dem Schlossplatz, zu der mehr als 30 Organisationen, die im Kirchheimer „Forum 2030“ aktiv sind, eingeladen haben. Das Ganze mit klarer Kante gegen Corona-Exzesse, aber ohne Hass, Hetze oder Beleidigungen. Prominente Redner sind auch da: die Kirchheimer Landtagsabgeordneten Andreas Kenner (SPD) und Andreas Schwarz (Grüne) sowie Kirchheims Oberbürgermeister Dr. Pascal Bader. Außerdem der Pfarrer der evangelischen Martinskirche, Jochen Maier, Peter Schadt vom Deutschen Gewerkschaftsbund sowie Heinrich Brinker und Hans Dörr vom „Forum 2030“. Natürlich haben alle das gleiche Hauptthema, trotzdem bringt jeder auch eigene Akzente ein.
Da ist der Begriff „Freiheit“, einer der meiststrapazierten in den Auseinandersetzungen um die Corona-Politik. Pascal Bader vertritt einen klaren Standpunkt: „Freiheit ist in einer Demokratie viel mehr, als die Freiheit des Einzelnen, es geht auch um die Freiheit der anderen.“ Als Beispiele nennt er die Freiheit älterer Menschen, die sich aus Angst vor Ansteckung nicht mehr aus dem Haus trauen, die Freiheit der Kranken, die in überlasteten Krankenhäusern nicht mehr operiert werden können oder die Freiheit der Kinder, die nicht in die Schule gehen können.
Andreas Kenner meint dazu: „Demokratie bedeutet Freiheit, sich dafür einzusetzen, dass alle ihre Meinung äußern können, ob es uns nun gefällt oder nicht.“ Diese Freiheit ende aber genau da, wo andere Menschen beleidigt, diskriminiert, gemobbt oder in den sogenannten sozialen Medien mit „shit storms“ überzogen würden. „Staatliche Maßnahmen zu kritisieren und abzulehnen gehört zum Markenkern unserer Demokratie“, bekräftigt er. Was aber nicht gehe, sei, sich kritiklos mit Rechtsradikalen, Querdenkern und Reichsbürgern auf den gemeinsamen Weg durch die Innenstädte zu machen.
Respekt für andere Meinungen
Dass Debatten notwendig sind, steht für alle Redner außer Frage. Dr. Pascal Bader betont: „Wir brauchen die kritische Diskussion darüber, ob es eine Impfpflicht geben soll oder nicht und inwieweit Corona-Maßnahmen gerechtfertigt sind.“ Auch er selbst sei nicht immer mit allen Maßnahmen einverstanden. Die entscheidende Frage sei aber, wie man diese Debatten führe. Mit Respekt für andere Meinungen, Auffassungen, Haltungen oder mit Hass und Gewalt. Jeder habe das Recht, gegen Corona-Maßnahmen zu demonstrieren, aber wenn vor allem rechtsextreme Kräfte die Proteste instrumentalisierten, wenn Politiker, Bürgermeister oder Polizisten angegriffen würden, seien die Grenzen klar überschritten. „Und wie soll ich in einen Dialog treten, wenn ich den Adressaten nicht kenne?“, fragt er sich angesichts anonymer Anfeindungen.
Es ist eine sehr gelungene Veranstaltung auf dem gut gefüllten Kirchheimer Schlossplatz – alles natürlich coronagerecht. 150 Besucher waren erlaubt. Dass zwischendurch das Frauen-Percussion-Projekt „Leilani“ musikalisch auflockert, passt gut in die gelassene Grundstimmung. Grundtenor der Veranstaltung: in der Sache klare Ablehnung extremer Auswüchse der Corona-Proteste und gleichzeitig das Bekenntnis, dass es in diesen schwierigen Zeiten mit kontroversen Themen und großen Herausforderungen keine Alternative zum Dialog auf Augenhöhe gibt. Es wird auch nichts an der Corona-Situation verharmlost oder schöngeredet.
Mitorganisator Heinrich Brinker bringt es auf den Punkt: „Wir alle leiden unter den Pandemie-Regeln und jeder von uns ärgert sich über das mangelhafte Krisenmanagement der Regierung.“ Genau deshalb sollte nicht nur seiner Überzeugung nach jetzt die Solidarität mit allen, die unter der Pandemie leiden oder extrem beansprucht sind, im Mittelpunkt stehen. Gleichgültig, ob es sich um Pflegebedürftige, Pflegende, medizinisches Personal oder Eltern und Kinder handelt.