Dass Kliniken planbare Operationen verschieben müssen, ist nichts Neues. Seit der Corona-Pandemie sind fast alle Häuser in den Wintermonaten, wenn die Fallzahlen stark ansteigen, gezwungen, ihr Angebot zurückzufahren. Und doch ist die Lage nicht vergleichbar, und das nicht nur, weil Sommer ist. „Wir verzeichnen aktuell leider eine deutlich höhere Personalausfallquote als wir das normalerweise von dieser Jahreszeit kennen“, sagt Iris Weichsel, Pressesprecherin der Medius-Kliniken. Dafür macht Weichsel unter anderem die Aufhebung der Maskenpflicht verantwortlich. „Das führt zu einer deutlich höheren Anzahl grippaler Erkrankungen als sonst in dieser Zeit üblich“, sagt sie. Dazu kämen in allen Klinikbereichen Corona-Infektionen beim Personal – viele von Reiserückkehrern, die sich am Urlaubsort infiziert hätten.
Notfälle nicht betroffen
Personalknappheit, kombiniert mit einer steigenden Zahl an Patienten, die mit dem Coronavirus infiziert sind und deshalb isoliert werden müssen, haben die Medius-Kliniken bewogen, an den Standorten Nürtingen und Kirchheim alle planbaren OPs vorerst auszusetzen (wir berichteten). Dieser Schritt gilt vorerst bis Sonntag, 24. Juli. „Bei den verschobenen Eingriffen handelt es sich um geplante Termine wie zum Beispiel Eingriffe der Endoprothetik, also Hüft- oder Kniegelenksersatz-Operationen“, betont Weichsel. Nicht betroffen von den Einschränkungen seien die notfallmedizinische Versorgung sowie die Diagnostik und operative Versorgung von Krebspatienten.
Im Klinikum in Esslingen ist die Situation noch nicht ganz so dramatisch. „Der Ausfall der Mitarbeiter durch Corona macht uns aber auch zu schaffen, dazu die Urlaubszeit“, sagt Dr. Anja Dietze, Sprecherin des Klinikums. Durch den Fachkräftemangel sei man ohnehin knapp besetzt, „da ist jeder einzelne Mitarbeiter wertvoll und wichtig, und wir spüren jeden Ausfall“. Noch müssten planbare OPs nicht verschoben werden, aber beim Krisenstab in der kommenden Woche sei das sicherlich ein Thema. „Wir versuchen, es zu vermeiden und hangeln uns von Tag zu Tag“, sagt Dietze.
Aktuell befinden sich 83 Patienten, die mit dem Coronavirus infiziert sind, in den Medius-Kliniken. Bei vielen ist Covid nur eine Nebendiagnose. Sie sind also positiv getestet worden, während sie sich aus anderen Gründen im Krankenhaus befanden. „Nur ein sehr geringer Teil dieser Patienten – Stand Freitag vier – benötigt aktuell eine intensivmedizinische Betreuung“, sagt Pressesprecherin Iris Weichsel. Die Zahl der Corona-Patienten sei während der letzten Wochen bereits auf einem für diese Jahreszeit relativ hohen Niveau gewesen, sei aber im Verlauf der letzten Tage nochmal deutlich gestiegen. Im Klinikum Esslingen sind 14 Patienten infiziert und müssen isoliert werden. In den vergangenen Wochen sind auch im Landkreis Esslingen wieder mehr Menschen an Covid-19 gestorben. Zeit.Online meldet neun Todesfälle pro Woche. Tendenz steigend.
Maske wird für Kliniken zum Problem
Die Maskenpflicht ist in weiten Teilen aufgehoben. In den Kliniken gilt sie aber noch, und zwar nicht nur für das Personal, sondern auch für Patienten und Besucher. Offenbar passt das vielen überhaupt nicht. „Da außerhalb der Klinik so gut wie keinerlei Corona-Einschränkungen mehr gelten, haben wir sowohl bei unseren Patienten wie auch bei den Besuchern ein erhebliches Akzeptanzproblem unserer nach wie vor strengen Hygieneregelungen“, sagt die Pressesprecherin der Medius-Kliniken Iris Weichsel. Die Einhaltung der in den Kliniken geltenden Schutzmaßnahmen bei Patienten und Besuchern durchzusetzen, sei für das Personal zunehmend eine Herausforderung. adö