Kirchheim
Sozialberatung mit viel Erfahrung und Geduld

Soziales Jeden Mittwochnachmittag bietet Rolf Edel vom Sozialverband VdK in der Alleenstraße 92 eine kostenlose Sozialberatung an. Auch Nichtmitglieder dürfen sie kostenlos in Anspruch nehmen. Von Peter Dietrich

Der Rat von Rolf Edel an den 58-jährigen Besucher ist klar: „Beantragen Sie einen Behindertenausweis.“ Der Mann ist ganz erstaunt: Dieser Gedanke war ihm bisher noch nicht gekommen. Dabei liegt er nach zwei Arbeitsunfällen und weiteren Erkrankungen gar nicht so fern. Der Besucher hatte die kostenlose Beratung im Internet entdeckt. Weil er soeben ein Schreiben seiner Krankenkasse bekommen hatte, dass sein Krankengeldbezug nach 18 Monaten bald ausläuft, hatte er sich auf den Weg gemacht: Wie geht es jetzt weiter? Er hat von der Krankenkasse auch eine Einladung zur Anhörung erhalten. Dort, erklärt ihm Edel, solle sein gesundheitlicher Zustand begutachtet werden. Manche versuchten dort, unter Aufbietung aller ihrer verbliebenen Kräfte zu beweisen, was sie noch alles können. Das könne ihnen finanziell zum Verhängnis werden. Rolf Edel spricht mit dem Ratsuchenden über einen Antrag bei der Berufsgenossenschaft. Er erklärt, dass die 18 Monate Krankengeld pro Erkrankung gelten. Wenn sich also jemand die Schulter verletzt und später das Bein bricht, zählt das getrennt. Er erklärt auch, dass ein Erstantrag auf einen Behindertenausweis abgelehnt werden kann, und dass der VdK dann beim Widerspruch hilft.

 

Sie brauchen sich nicht zu schämen, ich habe das Problem selbst auch.
Der VdK-Berater Rolf Edel kann sich durch eigene Schicksalsschläge gut in die Situation seiner Klienten einfühlen.
 

Die Frau, die ebenfalls an diesem Nachmittag zur Beratung kommt, hat zwar gerade einen Behindertenausweis bekommen, aber mit einem Grad der Behinderung von 40 Prozent ist er von sehr eingeschränktem Nutzen. Viele Erleichterungen gibt es erst ab 50 Prozent. Bei Sichtung der medizinischen Unterlagen stellt Edel fest, dass die Frau weitere Erkrankungen hat, die im Antrag nicht aufgeführt waren. Er wird bis zur Folgewoche einen Widerspruch formulieren und die weiteren Erkrankungen aufnehmen. Die Frau kommt aus Plochingen, eigentlich ist Rolf Edel gar nicht für sie zuständig. „Ich schicke keinen weg“, sagt er.

Bei einer alleinstehenden Frau im Alter von 70 Jahren beweist Rolf Edel eine Engelsgeduld. Doch es gelingt ihm trotz allen Bemühens nicht, zu ergründen, was genau die Besucherin von ihm möchte. Sie hat Geldprobleme, aber wo kann er ansetzen? Die Frau war schon bei einigen anderen Stellen, wo ihr anscheinend ebenfalls nicht geholfen werden konnte.

Wer zu Rolf Edel, dem Vorsitzenden der Ortsgruppe Kirchheim des Sozialverbandes VdK Deutschland, zur Beratung kommt, braucht nicht zu befürchten, dass er nicht verstanden wird. Für das, was der Berater selbst persönlich durchgemacht hat - gesundheitlich, in Beziehungen und finanziell – ist er wahrlich nicht zu beneiden. „Sie brauchen sich nicht zu schämen, ich habe dieses Problem selbst auch“, sagt er zu einer Ratsuchenden.

In der Regel ist das VdK-Büro mittwochs von 15 bis 17 Uhr besetzt. Eine Voranmeldung ist möglich, aber nicht nötig. Wer spontan zur Beratung kommt, muss eventuell warten – dazu bietet sich der Bürger-Treff eine Tür weiter an. Ist der Wartende an der Reihe, wird er von Rolf Edel abgeholt. Er berät auch Nichtmitglieder, macht das alles ehrenamtlich. Anders ist es, wenn jemand einen professionellen Rechtsbeistand des VdK in Anspruch nehmen will, das geht nur für Mitglieder. Ein Hauptmitglied zahlt 72 Euro im Jahr.

Manche Beratung geht aber ganz schnell und ohne Rechtsbeistand. Ein Ratsuchender hätte gerne Wohngeld. Als Rolf Edel das nicht gerade spärliche Einkommen sah, sagte er ganz offen: „Bei diesem Betrag werden Sie keine Chance haben.“

Eigentlich ist der VdK auf Sozialberatung spezialisiert. Wer Fragen zur Rente hat oder wem beim Behindertenausweis die Herabstufung droht, weil er ja genesen sei – das kommt immer wieder vor –, der ist dort richtig. Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Arbeitslosenversicherung, Bürgergeld – das sind die Themen des VdK, manche anderen Probleme sind es nicht. Bei einer 96-Jährigen, die ein dubioser Händler per vermeintlichem „Gutschein“ um 50 Euro betrogen hatte, machte Rolf Edel aber vor kurzem eine Ausnahme: Ein sehr deutlicher Anruf beim Händler und die Drohung mit dem Anwalt genügte, und der Fall war gelöst. Und die 96-Jährige konnte wieder ruhig schlafen.