Kirchheim
Spannendes Spiel der Stoffe und Substanzen

Kunst Hans-Joachim Hochradl widmet sich jetzt auch der Druckgrafik und erstellt Radierungen und Aquatinten.

Wendlingen. Mit äußerst vielfältigen Kunstprozessen ist Hans-Joachim Hochradl befasst. Als Schöpfer kraftvoller und dynamisch intensiver Ölbilder ist der Stipendiat des Landkreises Esslingen weithin bekannt. Erst unlängst hat der Wendlinger seine Liebe zur Druckgrafik entdeckt und widmet sich seither der Radierung und Aquatinta.

Unter Aquatinta versteht man ein Verfahren der künstlerischen Druckgrafik, bei dem Flächenätzungen malerische Zwischentöne und feinkörnige Strukturen erzeugen. Technisch ist das ein voraussetzungsreiches Unterfangen. Und so musste auch erst das geeignete Arbeitsgerät den Weg ins Wendlinger Atelier finden. Mit Ulrich Schneider, dem langjährigen Leiter der Lithographiewerkstatt an der Stuttgarter Kunstakademie, war Hochradl eng verbunden. Aus Schneiders Nachlass konnte er dessen Radierpresse übernehmen. „Und dann war plötzlich die Möglichkeit da, dass ich das anpacke“, beschreibt Hochradl seine druckgrafische Initialzündung. Gereizt hat ihn die Radierung schon lange. Ihm ist dabei am ästhetischen Potenzial dieser Technik gelegen: „Mich fasziniert der spezifische Charakter von Linie und Fläche nach dem Druck.“

Bis zum fertigen Abzug ist es jedoch ein langer Weg. Die unterschiedlichsten Faktoren müssen berücksichtigt werden. Insbesondere im anspruchsvollen Fall der Aquatinta fordern Stoffe und Substanzen hohe Aufmerksamkeit. „Die Aquatinta ist als Verfahren nicht so direkt wie die Kaltnadelradierung“, erläutert Hochradl. Und das ist diplomatisch formuliert. Denn das komplexe Zusammenspiel von chemischen und physikalischen Faktoren macht den künstlerischen Prozess zur experimentellen Versuchsanordnung. Je nach Arbeitsschritt müssen Druck, Temperatur oder Konzentration des Säurebads fein justiert werden. Schon geringe Abweichungen können das Resultat vereiteln. Neben handwerklicher Routine sind Erfahrungswerte gefragt, die sich allein durch das künstlerische Tun einstellen. „Nicht immer klappt alles hundertprozentig“, gesteht Hochradl ein. Denn in seiner Vielschichtigkeit spricht der druckgrafische Prozess stets mit. Mitunter stellt er sich auch quer. Meist aber zeitigt die Alchemie von künstlerischer Idee und stofflicher Objektivität ein beglückendes Ergebnis.

Parallel zur Malerei

Die Druckgrafik sieht Hochradl als willkommene Chance, neue ästhetische Ausdruckformen zu erkunden. Radierung und Aquatinta haben sich neben der Ölmalerei bereits fest in seinem Oeuvre etabliert: „Das ist eine eigene Sache, die parallel zur Malerei läuft“, ordnet er die Druckgrafik in seinem Schaffen ein. Gelegenheit, Hochradls aktuellen Output in Augenschein zu nehmen, besteht ab 1. Oktober in der Galerie Diez in Dettingen, die ihm eine Einzelausstellung widmet. Florian Stegmaier