Kirchheim
Spielfreudiges Ensemble mit einer wichtigen Botschaft

Märchen Frisch, frech, fantasievoll: Das Bochumer Theater Liberi überzeugt mit „Aladin – das Musical“ in der Stadthalle Kirchheim auf ganzer Linie. Von Sabine Ackermann

Marktgeschrei erklingt auf der Bühne: „Bunte Gewürze! Edler Fisch! Kurkuma – richtig frisch. Hier bei uns ist was los und der Spaß ist riesengroß“, klingt es auf dem Marktplatz, wo sich ein einfacher Straßenjunge und eine blauäugige Schönheit zueinander hingezogen fühlen. Es sind Aladin (Ali Marcel Yildiz) der einfache Straßenjunge und Prinzessin Yasmin (Tamara Nussbaumer), die ihm allerdings verschweigt, dass sie die Tochter des Sultans (Michael Knese) ist und mit allen Mitteln versucht, ihr Volk vor dem machtgierigen Stadthalter Dschafar (Markus Peters) zu schützen.

 

Kann selbst entscheiden, brauch‘ keinen Mann.
Prinzessin Yasmin

 

Nicht nur, dass einstweilen ihre Zofe Leilah (Mela Jansen) als Adlige herhalten muss, so wird auch Aladin in die Machenschaften des Fieslings verwickelt, der mit Shahd (Johanna Huisbauer), eine mega verpeilte Untergebene an seiner Seite hat. Mit Hilfe einer sagenumwobenen Lampe will der Bösewicht die Macht an sich reißen, muss aber dafür erst einmal den Sultan loswerden. Ausgerechnet der Straßenjunge soll ihm dabei helfen, doch das Vorhaben geht schief.

Als Aladin auf der Suche nach einem Ausweg das Geheimnis der Wunderlampe entdeckt, kommt der mächtige Flaschengeist Dschinni (Markus Hareter) ins Spiel, der sich allerdings bald als echter Freund mit viel Sinn für Humor und verdient als auserkorener Liebling der Jüngsten herausstellt. Nach dem Motto „wo ein Dschinni, da auch drei Wünsche“, sind damit dennoch nicht alle Probleme gelöst.

Abermals haben es die Liberi-Akteure auf und hinter der Bühne geschafft, ein witziges, spritziges und durchaus familientaugliches Musical für Jung und Alt mit allen Facetten der Unterhaltungskunst auf die Beine zu stellen. Langeweile? Gibt es bei den „Liberianern“ nicht. Was vermutlich daran liegt, dass auch Aladin, sich als ein mit Lust und Esprit gespieltes Musical darstellt, bei dem Sprache, Musik und insbesondere die Dialoge weder Schablonendenken noch Stereotypen bedienen. Na gut, ein klein bisschen Herz-Schmerz ist dabei. „Damit ich deinen Blick aus deinen saphirblauen Augen einfangen kann“, nennt der Straßenjunge der holden Yasmin den Grund, warum er eine leere Blechdose bei sich trägt.

Insgesamt sind es sieben durchweg spielfreudige Darsteller, darunter sechs mit Mehrfachrollen, die ihren „Job“ ernst nehmen und mit Stimme sowie Bewegungsfreude in ihren spritzig-witzigen Choreografien punkten. Mal rockig-fetzig mit Hip-Hop-Elementen, mal klassisch-balladesk zum Dahinträumen, die Kompositionen von Christoph Kloppenburg und Hans Christian Becker machen mit ihren verständlichen Texten einfach nur Spaß.

Immer ein Hingucker: die Kostüme sowie das Bühnenbild, dass mit seinen wandelbaren Elementen in Nullkommanichts verschiedenen Szenen ein neues Ambiente gibt. Wie weggewischt scheint der Staub der Jahrhunderte – die Charaktere der Figuren sind der heutigen Zeit angepasst. So ist Yasmin keine blasse Prinzessin, die alles dem Prinzen überlässt, sondern eine taffe, selbstbewusste junge Frau die betont: „Kann selbst entscheiden, brauch‘ keinen Mann! Bin genug! Stark und klug!“ Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.

 

Das steckt hinter dem Theater Liberi

100 Jahre Moderne Märchen aus Bochum: Seit 2008 geht die Familienmusical-Schmiede regelmäßig auf Tournee. „Unsere Märchen müssen populär und mindestens hundert Jahre alt sein. Erst dann sind die Rechte des Autors erloschen und wir können frei interpretieren“, verrät Gesamtleiter Lars Arend.

Besonderheit Das Theater Liberi achtet darauf, dass die Kinder immer in Begleitung Erwachsener sind. Jedes Stück, dass etwa anderthalb Jahre läuft, hat sein Stamm-Ensemble und eine Zweitbesetzung. Das Stage-Entertainment, das in Stuttgart „Disneys Aladdin“ aufführt, sehe man nicht als Konkurrenz.

Zahlen Im Zeitraum von 2008 bis 2023 kamen über 1,5 Millionen Zuschauer zu den knapp 3500 Liberi-Vorstellungen auf mehr als 430 Bühnen in Deutschland, Österreich, Luxemburg und der Schweiz. Das Bochumer Theater hat 25 Festangestellte, 35 zeitlich befristet Angestellte sowie 50 freie Mitarbeitende. ack