Integration
Sprache als Schlüssel zum Erfolg

Mayar Hanhon kam 2015 als 17-Jähriger aus Syrien nach Kirchheim und besuchte die Max-Eyth-Schule. An seiner ehemaligen Schule hat er Geflüchteten von seinem Weg berichtet.

Mayar Hanhon kam 2015 alleine als minderjähriger Flüchtling aus Syrien nach Deutschland. An der Kirchheimer Max-Eyth-Schule berichtete er jungen Geflüchteten von seinem Werdegang, der dort begann. Foto: Carsten Riedl

Alles auf null: „Für mich war das 2015 ein kompletter Neuanfang in Deutschland“, erzählt Mayar Hanhon rückblickend über seine ersten Schritte in dem damals für ihn fremden Land. Unterstützung und eine erste Bleibe bekam er als minderjähriger unbegleiteter Flüchtling über die Stiftung Tragwerk mit Sitz in Kirchheim: „Bis ich so selbstständig war, dass ich in eine Ein-Zimmer-Wohnung in Ötlingen umziehen konnte.“ 

 

Die Sprache ist die Voraussetzung für alles andere.

Mayar Hanhon

 

Der heute 26-Jährige ist zu Gast an seiner ehemaligen Schule, der Kirchheimer Max-Eyth-Schule. Dort besuchte er 2015 zunächst die VABO-Klasse. Dahinter verbirgt sich das „Vorqualifizierungsjahr Arbeit/Beruf“ mit dem Erwerb von Deutschkenntnissen als Schwerpunkt. 15 junge Männer sitzen an diesem Vormittag im Klassenzimmer, „20 sind es normalerweise“, erklärt die Deutsch- und Englisch-Fachlehrerin Katharina Schmidt. Die Fluktuation sei hoch. „Immer wieder gehen welche, andere kommen nach. Das war bei Mayar damals noch anders. Da war die Klasse das ganze Jahr über zusammen.“ Die aktuellen Schüler kommen vorwiegend aus der Ukraine und Afghanistan. Wie Mayar Hanhon zehn Jahre zuvor haben auch sie einen großen Berg an Ungewissheit und Herausforderungen vor sich, die es fernab der Heimat zu meistern gilt. Eine der größten Hürden ist aktuell die Sprache. 

Mayar Hanhon hat diese bereits überwunden und appelliert an die Gruppe, sich verstärkt dahinterzuklemmen, Deutsch zu lernen: „Sprache ist die Voraussetzung für alles andere. Wenn man die nicht kann, wird es schwer.“ Nach seinem Besuch der VABO-Klasse an der Max-Eyth-Schule hat er dort anschließend ab 2016 die zweijährige Berufsfachschule mit dem Schwerpunkt Elektrotechnik absolviert. „Ich hatte erst vor, eine Ausbildung zum Kfz-Mechatroniker zu machen. Den Besuch des Gymnasiums hatte ich mir nicht zugetraut, weil ich die Sprache noch nicht so gut konnte“, erzählt der 26-Jährige. Seitens der Schule habe man ihn dann aber dazu ermuntert, das Abitur am Technischen Gymnasium anzuhängen.

Eigeninitiative zahlt sich aus

Mayar Hanhon hat es durchgezogen und konnte so von 2021 bis 2024 sein Duales Studium der Elektrotechnik und Infotronik bei Festo in Esslingen absolvieren, das er im Oktober erfolgreich abgeschlossen hat. Seitdem ist er bei Festo als IT-Spezialist angestellt. Mayar Hanhon hatte nach eigener Aussage einerseits Glück, von Anfang an Unterstützung gehabt zu haben. Andererseits hatte er auch selbst den Willen, weiterzukommen. „Ich hatte in Syrien die elfte Klasse des Gymnasiums besucht und wollte immer Ingenieur werden. Ich hatte ein Ziel“, sagt der 26-Jährige. Seine Zeugnisse konnte er in Deutschland anerkennen lassen und so nach der VABO-Klasse direkt die zweijährige Berufsfachschule in Kirchheim besuchen. Die Sprachbarriere sei anfangs hoch gewesen, das Schulsystem an sich und der Inhalt der Fächer dafür nichts völlig Neues. Um schneller besser Deutsch zu lernen, besuchte Mayar Hanhon ergänzend abends einen Sprachkurs an der Volkshochschule. „Ehrenamtlich habe ich in zwei Altenheimen mittags beim Kaffee geholfen. Die Leute dort haben sich über ein neues Gesicht gefreut und sind mit mir ins Gespräch gekommen. So war ich gezwungen, Deutsch zu üben, das war wichtig und gut“, betont Mayar Hanhon. Das sei auch in der Freizeit nicht anders gewesen. „Traut euch, auch wenn ihr sprachlich noch Fehler macht, das ist nicht schlimm“, appelliert er an die Schüler. „Setzt euch kleine, erreichbare Ziele. Schritt für Schritt kommt ihr so weiter.“ 

Mayar Hanhon kam 2015 alleine als minderjähriger Flüchtling aus Syrien nach Deutschland. Nach dem Abitur an der Kirchheimer Max-Eyth-Schule hat er nun sein Duales Studium bei Festo in Esslingen abgeschlossen. Foto: Carsten Riedl

Heute lebt Mayars Bruder in Koblenz, seine Schwester und seine Mutter nach wie vor in Damaskus. Der Vater ist bereits verstorben. Er denke immer wieder darüber nach, ob er irgendwann in die Heimat zurückkehre, antwortet Mayar Hanhon, als er danach gefragt wird. „Ich würde gerne beim Wiederaufbau helfen. Aktuell sind die meisten aber noch sehr vorsichtig, wie sich das Ganze weiterentwickelt“, schildert er die Situation in Syrien, „natürlich hat man aber die Hoffnung, dass es wieder besser wird.“