Kirchheim
Stadt schafft mehr günstigen Wohnraum

Wohnen In Kirchheim fehlt es an bezahlbaren Wohnungen. Die Stadt hat deshalb den Eigenbetrieb Wohnbau gegründet. Wer allerdings auf eine schnelle Lösung gehofft hat, wird enttäuscht. Von Antje Dörr

Was passiert, wenn man den Wohnungsbau dem freien Markt überlässt, ist in Kirchheim nicht zu übersehen: Während die Zahl verfügbarer Sozialwohnungen gegen null geht und Vermieter günstiger Wohnungen sich vor Anfragen kaum retten können, stehen Neubau-Wohnungen im oberen Preissegment leer. Und das, wie im Quartier Wollspinnerei, in zweistelliger Zahl. 

 

Die Versorgung von Menschen mit geringem Einkommen soll im Vordergrund stehen.
Günter Riemer über den Wunsch des Gemeinderats, viele sozial gebundene Wohnungen zu schaffen.

 

Auf die Preise privater Anbieter hat die Stadt nach eigenem Bekunden keinen Einfluss. Auf das Verhältnis zwischen teurem und günstigem Wohnraum hingegen schon. Jahrzehntelang hatten sich die Kommunen aus dem Wohnungsbau herausgehalten. Nun lautet die Antwort erstmals wieder: Selber bauen. Zu diesem Zweck hat die Stadt am 1. Januar 2022 den Eigenbetrieb Städtischer Wohnbau gegründet (wir berichteten). Geplant ist der Bau von günstigen Mietwohnungen auf eigenem Grund und Boden: Auf den Güterbahnhofsarealen in Kirchheim und Ötlingen, im Lindorfer Weg und auf dem Schafhof. Auch die Sanierung der schon bestehenden rund 400 städtischen Wohnungen, die in den Eigenbetrieb überführt werden und die teilweise in einem schlechten Zustand sind, ist geplant.

Viele Details muss noch der Gemeinderat beschließen. Kirchheims Bürgermeister Günter Riemer verrät auf Anfrage schon einige Ideen, wie der Wohnraum auch wirklich günstig werden kann. „Wenn ich am Preis drehen will, muss ich mir Gedanken über den Standard machen“, sagt er. An energetischen Vorgaben kommt die Stadt nicht vorbei, aber Riemer könnte sich vorstellen, dass auf teure Aufzüge verzichtet wird. „Aufgrund der Erdgeschosswohnungen wären die Häuser ja trotzdem barrierefrei, die EG-Wohnungen könnte man für Senioren reservieren“, sagt er. Auch Tiefgaragen seien Preistreiber. Die Art des Bauens hat ebenfalls Einfluss auf den Preis: Im Fall des Lindorfer Wegs steht jetzt schon fest, dass ein Generalunternehmer das Haus schlüsselfertig bauen soll.

 

Mehr Wohnungen für Menschen mit Berechtigungsschein

Außerdem soll der Eigenbetrieb Städtischer Wohnbau tief in jene Fördertöpfe greifen, die Bauherren zur Verfügung stehen. Ein Beispiel ist das Landeswohnraumfördergesetz, das den Bau sozial gebundener Mietwohnungen subventioniert. Während die Stadt Kirchheim private Bauherren dazu verpflichtet, 30 Prozent der Neubauwohnungen als Sozialwohnungen auszuweisen, wird der Eigenbetrieb laut Günter Riemer wohl freiwillig darüber hinausgehen und mehr Wohnungen für Menschen mit Berechtigungsschein zur Verfügung stellen. „Der Gemeinderat hat als Verpflichtung mitgegeben, dass die Versorgung von Menschen mit geringem Einkommen im Vordergrund stehen soll“, begründet er diese Vermutung.

Wie viele städtische Wohnungen am Ende entstehen werden, kann Günter Riemer aufgrund fehlender Gemeinderatsbeschlüsse nicht genau beantworten. Geplant seien zirka zwölf im Lindorfer Weg, 30 bis 40 am Güterbahnhof in Ötlingen, 50 am Güterbahnhof in Kirchheim und 25 bis 30 im Norden des Schafhofs. Allerdings soll nach Vorstellung der Stadt der Eigenbetrieb Wohnbau nur auf zirka einem Drittel der Fläche bauen. Auf den anderen Grundstücken sollen andere Bauherren aktiv werden dürfen. Auch Erbbaurechts-Modelle sind angedacht. „Wie es sich genau verteilt, ist aber noch nicht entschieden“, stellt Günter Riemer klar. Auf die Frage, warum die Stadt Teile der Flächen aus der Hand gibt, anstatt ihren Eigenbetrieb sehr viel mehr günstigen Wohnraum schaffen zu lassen, entgegnet Riemer, man wolle gemischte Viertel mit unterschiedlicher Sozialstruktur. „Außerdem muss es für die Stadt leistbar sein“, sagt er. 

Bis der erste Mieter einzieht, werden jedoch voraussichtlich noch mindestens zwei Jahre ins Land gehen. Aktuell kämpft der Eigenbetrieb Wohnbau mit Startschwierigkeiten: In der ersten Ausschreibungsrunde konnte kein Geschäftsführer gefunden werden. Aktuell läuft die zweite Runde.