Kirchheim. Manchmal steckt der Teufel im Detail: Die kleine Ringstraße, die das Innere des Henriettengartens erschließen soll, weist unterschiedliche Maße auf. Maßstabsgetreu hätte sie eigentlich nur eine Breite von 5,30 Metern. In Ziffern steht im Plan allerdings etwas von 5,80 Metern. Auch wenn sich der Gemeinderat schon seit mehr als zwei Jahren mit dem Bebauungsplan befasst, hat die zuständige Behörde dieses Detail erst am Tag vor dem Satzungsbeschluss entdeckt. Die Frage, die nun alle beschäftigt hat, war ganz schlicht: „Was gilt denn jetzt eigentlich?“
50 Zentimeter mehr oder weniger, was spielt das schon für eine große Rolle? Wer sich das fragt, sollte wissen, dass es um etwas ganz anderes ging: nämlich um die Zahl der oberirdischen Parkplätze im neuen Wohngebiet. Und an diesem Punkt spielen 50 Zentimeter mehr an Straßenbreite tatsächlich eine große Rolle.
Vor allem Hans Kiefer (CIK) hakte nach, weil er weiß, dass in der Gegend ein hoher „Parkdruck“ herrscht - in unmittelbarer Nähe zum Bahnhof und zu den Berufsschulen. Wenn es bei 5,30 Metern Straßenbreite für gerade mal acht Parkplätze reicht, die Besuchern oder Handwerkern zur Verfügung stehen, ist die Quote der Parkplätze pro Wohnung nicht gerade üppig - bei 119 Wohneinheiten.
Das sahen im Gemeinderat aber nicht alle so. Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Sabine Bur am Orde-Käß meinte: „Es ist schade, wenn der Bebauungsplan nur aufs Parken reduziert wird. Wir sollten ihn jetzt auch nicht verzögern oder gar kippen.“ Sie empfahl den künftigen Bewohnern, dass sie ihre Besucher auf Parkmöglichkeiten im Teck-Center oder im Nanz-Center verweisen sollten. „Am besten wäre es, wenn die Besucher gleich mit der S-Bahn kommen.“
Dass die exakte Straßenbreite nicht geklärt ist, erklärten die nachfolgenden Redner dann aber doch zum Problem - stellvertretend Hans-Peter Birkenmaier (Freie Wähler): „Uns lag ein Entwurf mit 5,80 Metern vor. Jetzt sollen wir 5,30 Meter beschließen.“ Sein Fraktionskollege Andreas Banzhaf fragte gar: „Gibt es noch andere Maße, die nicht stimmen?“
Stadtplaner Gernot Pohl bemühte sich darum, etwas Luft aus der Sache zu nehmen: „Das ist halt vorher niemandem aufgefallen. Aber in allen Zeichnungen waren es maßstäblich immer 5,30 Meter.“
An dieser Stelle schaltete sich die Oberbürgermeisterin ein und stellte fest: „Die 5,80 Meter, die im Plan stehen, müssen die Grundlage der Entscheidung sein. Die maßstäblich gezeichneten 5,30 Meter spielen da keine Rolle.“ Schließlich kann niemand von den Ratsmitgliedern verlangen, Zeichnungen und Pläne maßstäblich aus- und nachzumessen, um fehlerhaften Zahlen auf die Spur zu kommen: „Ich sehe erhebliche Schwierigkeiten, wenn wir jetzt 5,30 Meter beschließen sollten.“
Was sie allerdings auch sah, war die perfekte Lösung für den Konflikt: Als Vertreter des Investors saß Fabian Caca in den Zuhörerreihen. Er wurde immer unruhiger, weil der Gemeinderat drauf und dran war, den Satzungsbeschluss zu vertagen - auf September oder Oktober. Dabei war der Spatenstich bereits für den folgenden Montag angesetzt (siehe Artikel oben). Folglich fragte die Oberbürgermeisterin den Investor, den sie zum sachkundigen Einwohner erklärte, ob er auch mit 5,80 Metern zurechtkomme. Zur Erleichterung aller Anwesenden konstatierte er: „Das ist nicht ganz so kritisch. Das kriegen wir hin.“ Damit war die Kuh nach langem Gezerre endlich vom Eis.Andreas Volz