Am Mittwoch wurden die 215 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Recaro in Kirchheim über die weitere Zukunft des Unternehmens informiert. Ob die Produktion für immer stillstehen wird, ist in der Pressemitteilung nicht klar formuliert. Ebensowenig, ob es eine Zukunft für Vertrieb und Technologie gibt. Sollte es tatsächlich zu einer (Teil-)Schließung kommen, würde damit ein großes Kapitel Firmengeschichte am Standort Kirchheim zu Ende gehen. Die Autositze von Recaro sind weltweit begehrt, in den Bundesliga-Stadien sorgen sie für die Bequemlichkeit der Trainer-Riege am Spielfeldrand.
Insolvenzverfahren in Eigenregie
Bereits vor Wochen wurde das Insolvenzverfahren in Eigenregie eingeleitet. Das hat nicht nur die Belegschaft stutzig gemacht. Die Kommunikation zwischen Belegschaft und der Firmenspitze liegt seit Jahren am Boden. Verbesserungsvorschlage seitens des Betriebsrats wurden konsequent ignoriert. Am Ende blieb nur noch ein Kunde übrig. „Das ist Missmanagement. Die Firma wurde in den vergangenen Jahren an die Wand gefahren“, kritisiert Frank Bokowits, Betriebsratsvorsitzender von Recaro in Kirchheim.
Ende Juli entdeckte die IG Metall Esslingen dank routinemäßiger Recherche im Internet, dass das Kirchheimer Unternehmen in finanzieller Schieflage ist. Die Firmenspitze hatte bis dato die Beschäftigten nicht informiert. „Vor allem für die langjährigen Beschäftigten ist das Vorgehen der Firma völlig inakzeptabel“, prangerte Alessandro Lieb von der IG-Metall Esslingen das Schweigen der Recaro-Führung an. Erst Tage später gab es eine Mitarbeiterinfo durch das Management.
In ihrer Pressemitteilung teilt Marketing und Communications Recaro Automotive mit: Die Recaro Automotive GmbH (Deutschland) hat heute dem Betriebsrat und den Mitarbeitern die laufenden Verhandlungen mit den Kunden des Unternehmens über Produktionsvolumen, Standort und eine funktionierende Lieferkette in den nächsten vier Monaten erläutert, die sich auf die Produktion und den Personalbestand am Standort Kirchheim auswirken werden. Darüber hinaus schreitet der M&A-Prozess zügig voran, wobei mehrere interessierte Investoren die Möglichkeit haben, Arbeitsplätze in der Region zu erhalten. Die Verhandlungen über den Interessenausgleich werden jetzt so schnell wie möglich geführt, um Arbeitsplätze für eine Vertriebs- und Technologiepräsenz in der Region zu erhalten und um die Kundenbedürfnisse auf agile Weise zu erfüllen. Über das genaue Vorgehen wird Recaro Automotive in den nächsten Wochen entscheiden müssen.
Der Begriff M&A-Prozess bezeichnet laut Internet in der Regel eine Fusion oder eine Verschmelzung zweier Unternehmen zu einer rechtlichen und wirtschaftlichen Einheit, wobei mindestens eines dieser Unternehmen seine vormals rechtliche Selbständigkeit verliert.
Das Insolvenzverfahren betrifft ausschließlich Recaro Automotive und nicht die anderen Recaro Automotive- oder Nutzfahrzeugeinheiten. Der Lizenzgeber, die Recaro Group, ist nicht an Recaro Automotive beteiligt; es handelt sich um ein reines Lizenzverhältnis.
Bis Redaktionsschluss gab es keine weiteren Stellungnahmen seitens des Managements, des Betriebsrats und der IG-Metall Esslingen.