Kirchheim. Eine Schlägerei zwischen zwei Köchen eines vietnamesischen Restaurants in der Alleenstraße, ausgetragen mit abgebrochenen Flaschen und einem Messer, beschäftigt seit gestern die Schwurgerichtskammer des Stuttgarter Landgerichts. Einer der Köche wurde dabei lebensgefährlich verletzt.
Der Vorfall geschah am frühen Nachmittag des 29. Oktobers 2023. Da soll einer der beiden Köche, ein 45-jähriger Vietnamese, seinem Arbeitskollegen durch Stiche mit einem Messer so schwere Verletzungen beigebracht haben, dass dieser notoperiert werden musste. Der Anklagevorwurf gegen den 45-Jährigen lautet auf versuchten Totschlag mit gefährlicher Körperverletzung. Dabei geht der Staatsanwalt davon aus, dass der Beschuldigte das Arbeitsmesser gegen den 34-jährigen Kollegen grundlos einsetzte und ihm damit mehrere Einstiche an Hals, Oberarm und Schulter beibrachte. Der Verletzte sei zwar noch in der Lage gewesen, sich gegen den Angeklagten mit einer Flasche zu wehren, sei dann aber kurz danach auf der Straße zusammengebrochen. Sofort alarmierte Rettungskräfte hatten das Opfer rechtzeitig in die Klinik bringen können. Teilweise sollen die Stich- und Schnittverletzungen bei dem 34-Jährigen bis zu drei Zentimeter lang gewesen sein.
Seit Monaten beschimpft
Der Angeklagte gibt an diesem ersten Verhandlungstag vor der Großen Schwurgerichtskammer am Stuttgarter Landgericht an, dass er von dem Opfer seit mehreren Monaten beschimpft und auch körperlich angegriffen worden sei. Schon im Mai 2023 habe dieser ihn mit zwei abgebrochenen Flaschen in beiden Händen haltend bedroht und versucht ihn anzugreifen. In der weiteren Folge soll es immer wieder zu Streitereien der beiden Köche gekommen sein. Der Angeklagte sagt, er habe wirklich Angst vor dem Mann bekommen. Alle Mitarbeiter des Lokals hätten sich geweigert, mit dem Mann zusammenzuarbeiten. Bei dem Vorfall mit den abgebrochenen Flaschen sei das Schlimmste nur deshalb verhindert worden, weil eine Frau die beiden Kontrahenten getrennt habe.
Beschimpfungen, Beleidigungen und die Aufforderung des Opfers, sich zu schlagen, seien auch am Tattag gefallen, sagt der Angeklagte. Zuerst habe man in der Küche der Gaststätte Streit bekommen. Dann sei man durch die Hintertür gemeinsam nach draußen gegangen, sagt der Angeklagte. Zu dieser Zeit soll er bereits das Messer bei sich gehabt haben, während sein Gegner eine Flasche in der Hand hielt. Dabei, so auch die Feststellungen der Polizei und der Staatsanwaltschaft, wurden dann die lebensgefährlichen Stiche verabreicht. Der Angeklagte konnte noch am Tatort festgenommen werden.
Woher stammt der 45-Jährige: Er schildert, dass er in der vietnamesischen Küstenstadt Da-Nang geboren wurde, nach Abschluss eines Elektrotechnik-Studiums aber im Jahre 2000 das Land verließ und sich in Warschau eine Existenz als Textil-Händler aufbaute. Er sei verheiratet, habe zwei Kinder und zusätzlich noch eine Freundin. 16 Jahre später habe er in Warschau einen Imbiss eröffnet, diesen dann aber 2022 verkauft und mit der Freundin versucht, ein Nagelstudio zu eröffnen. Schließlich reiste er nach seinen Angaben im September 2022 nach Deutschland, um hier Geld zu verdienen, während seine Familie in Polen bleib. Seit dieser Zeit sei er als Hilfskoch in dem Kirchheimer Restaurant beschäftigt.
Urteil soll am 26. April fallen
In dem Prozess vor dem Landgericht haben die Richter zwei psychiatrische Sachverständige beauftragt, über die Frage der Schuldfähigkeit des Angeklagten zu entscheiden. Ein Gutachter soll über die möglicherweise lebensbedrohenden Verletzungen des Opfers Bericht erstatten. Neben dem gestrigen ersten Verhandlungstag hat das Gericht noch vier weitere Prozesstermine angesetzt. Am letzten Verhandlungstag, dem 26. April, soll ein Urteil verkündet werden. Nach dem Gesetz wären bis zu 15 Jahre Haft gegen den 45-Jährigen möglich. Bernd Winckler