Diese Zeit lässt Pendler-Herzen höherschlagen: In 16 Minuten soll man vom Kirchheimer Bahnhof am Stuttgarter Flughafen sein. Die Kirchheimer Kreisrätin Lena Weithofer von den Grünen ist begeistert: „Das wäre ein tolles Angebot für die Menschen hier bei uns.“ Nach dem Aus für den „Ringschluss“ der S-Bahn bis zum Bahnhof und den Fildern ist es das neue „Leuchtturm-Projekt“ der Grünen im Landkreis.
Der Kirchheimer Andreas Schwarz, Fraktionsvorsitzender der Grünen im Landtag, hat sich stets für den Ringschluss und die Direktverbindung aus dem Raum Kirchheim/Wendlingen Richtung Fildern stark gemacht. Das Ergebnis der Untersuchung des Verkehrswissenschaftlichen Instituts Stuttgarts (VWI) war für ihn eine Enttäuschung. „Das bedauere ich sehr“, sagt er. Die Wissenschaftler sehen den Kosten-Nutzen-Aspekt einer ausgebauten Linie S8 mit einer Anbindung an die S-Bahn Filderstadt-Bernhausen auf der einen und Wendlingen/Nürtingen auf der andere Seite als zu gering an. Allein die Anbindung an die S-21-Neubaustrecke am Flughafen hätte 800 bis 950 Millionen Euro gekostet.
Doch immerhin hat das VWI mit dem Stuttgart-Kirchheim-Express, kurz: StuKiX, eine Alternative aufgezeigt, die auch die Politik überrascht hat. „Diese Version hatte ich nicht im Köcher“, gibt Andreas Schwarz zu. Zwar ist es eine abgespeckte Version im Vergleich zur „S8“ mit Haltestellen in Köngen und Neuhausen, aber: Sie besticht durch ihre Geschwindigkeit. „Die S-Bahn braucht heute von Kirchheim nach Stuttgart 34 Minuten. Zum Flughafen braucht man mit dem Relexbus 39 Minuten. Mit dem Regionalexpress wäre man in 16 Minuten am Flughafen und in 24 Minuten am Hauptbahnhof. Das wäre ein wesentlich attraktiveres Angebot für Pendlerinnen und Pendler.“
Zweifel seien nun aufgekommen, ob die ICE-Trasse überhaupt für einen Mix aus Regional- und Fernverkehr geeignet ist. „Auf den großen europäischen Magistralen wie im Rheintal ist bei vier Gleisen eine Trennung von Güterverkehr und Fernverkehr einerseits sowie Regional- und Nahverkehr andererseits sehr sinnvoll und machbar“, betont Andreas Schwarz. Die Experten des VWI hielten auch auf der Neubaustrecke zwischen Flughafen und Wendlingen zusätzlich einen Nahverkehrszug im 30-Minuten-Takt für möglich. Die Wendlinger können noch auf einen Zusatznutzen hoffen: dass die Südumfahrung nicht nur für die „Einschleifung“ der Express-Linie auf die ICE-Trasse erfolgt, sondern auch für die S1 nach Stuttgart weitergeführt wird und das Zentrum umfährt. „Dadurch wird die Zweiteilung Wendlingens durch die Bahntrasse aufgehoben“, sagt Lena Weithofer. Andreas Schwarz stellt sich das Tages-Szenario so vor: „In Kirchheim steigen 2000 Gäste ein, weitere 1200 in Ötlingen, dann geht es zum Speckweg in Wendlingen, dort steigen nochmal 2000 Fahrgäste ein.“
Bei aller Euphorie wird es aber auch für den StuKiX einige Jahre Vorlauf geben, bevor zur Tat geschritten wird. Inklusive Planung muss man mit mindestens zehn Jahren rechnen. Die Variante wird im Vergleich zum S-Bahn-Ausbau mit geschätzten Kosten von 176 Millionen Euro zwar deutlich billiger. Der Ausbau würde je nach Variante ein Vielfaches mehr kosten. Außerdem gäbe es Zuschüsse. „Die Finanzierung wurde über das Gemeindeverkehrs-Finanzierungsgesetz laufen. Der Bund übernimmt große Teile der Kosten“, erklärt Andreas Schwarz. Er will nun zügig die nächsten Schritte gehen. Denn Lena Weithofer weist darauf hin, dass auch der StuKiX das erforderliche Kosten-Nutzenverhältnis nicht erreicht. „Hier muss noch weiter untersucht werden“, sagt sie. Etwa ob es wirtschaftlicher ist, die Strecke von Kirchheim weiter nach Weilheim und Bad Boll und Göppingen zu führen, was ohnehin gerade untersucht wird. Es wird also noch dauern, bis das Projekt wirklich auf die Schiene gesetzt wird.
Das ist die Idee hinter dem StuKiX
Die Grundidee des StuKiX erklärt der Grünen-Bundestagsabgeordnete Matthias Gastel. „Im Wesentlichen soll die im Bau befindliche Schienen-Infrastruktur genutzt werden: Dazu zählen der Fildertunnel vom künftigen Hauptbahnhof in Stuttgart bis zum Flughafen sowie die Neubaustrecke entlang der Autobahn bis Wendlingen“. Nach der Neckar-Überquerung soll es über die S-Bahn-Verbindung weiter nach Kirchheim gehen. An dieser Stelle muss dann gebaut werden: Eine halbe Südumfahrung Wendlingens, über die auf die S1 eingefädelt wird. Hier soll es auch eine neue Haltestelle geben, die Speckstraße oder Wendlingen Süd-Ost heißen könnte.
Im Zuge dieses Baus könnte man auch die Südumfahrung Wendlingens Richtung Norden vervollständigen und die S1 um den Ortskern herumführen. Auch diese Variante ist schon länger ein Thema, um das Zentrum zu entlasten. Gleichzeitig wurde mit einem zweispurigen Ausbau an dieser Stelle ein 15-Minuten-Takt ermöglicht. zap