Die Insolvenz des Autositz-Herstellers Recaro am Standort Kirchheim, die Anfang Oktober 150 Mitarbeitende den Job kostete, war der Auslöser für ein neues Jobmesse-Format, das jetzt mit 23 teilnehmenden Unternehmen aus der Region in der Kirchheimer Stadthalle stattfand. Ziel der „JobFinder“-Messe ist es, Betriebe mit Personalbedarf mit arbeitssuchenden Beschäftigten in den direkten Kontakt zu bringen. Bei der Organisation beteiligt waren neben der Agentur für Arbeit Göppingen der gemeinsame Arbeitgeber-Service von Arbeitsagentur und Jobcenter sowie die Wirtschaftsförderung der Stadt Kirchheim.
Es gibt einem trotz der aktuell schwierigen wirtschaftlichen Lage Hoffnung.
Ehemalige Recaro-Mitarbeitende über die JobFinder Messe
„Die Insolvenz von Recaro war ein Tiefschlag für uns in Kirchheim. Wir haben nach Möglichkeiten gesucht, das noch zu retten, es war aber nichts mehr zu machen“, sagt Oberbürgermeister Pascal Bader. Entsprechend habe man gemeinsam nach Lösungen gesucht, den Mitarbeitenden von Recaro und anderen Arbeitssuchenden in der Region eine neue Perspektive zu bieten. Diese Form der Messe habe dafür großes Potenzial, ergänzt die Leiterin der Göppinger Arbeitsagentur Karin Käppel: „Der Arbeitsmarkt ist derzeit stark in Bewegung und verändert auch die Unternehmenslandschaft in unserer Region. Beschäftigte sind von den Veränderungsprozessen unmittelbar betroffen und auf der Suche nach neuen beruflichen Herausforderungen.“ Gleichzeitig suchen laut Käppel viele Unternehmen händeringend nach passenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.
Direkter Kontakt als Chance
Ertugrul Sarigül hat elf Jahre lang als Polstermonteur bei Recaro gearbeitet und informiert sich unter anderem am Stand von Dietz Motoren aus Dettingen über die Möglichkeiten: „Vielleicht gibt es ja etwas im technischen Bereich oder als Lagermitarbeiter.“ Personalleiterin Petra Watzl erklärt, man suche derzeit in ganz unterschiedlichen Bereichen nach Personal, etwa in der Logistik, ebenso im Einkauf oder in der Konstruktion. Die Möglichkeit des direkten Kontakts zu den Arbeitssuchenden hält sie ebenso wie die anderen Unternehmensvertreterinnen und Vertreter vor Ort für eine große Chance.
„Wir sind seit vielen Jahren auf der Berufsinfomesse dabei und haben gute Erfahrungen damit gemacht“, sagt Tarkan Tekkeoglu, Produktionsleiter bei Rübezahl Schokoladen aus Dettingen. Auch dort gibt es offene Stellen in unterschiedlichen Sparten. „Es ist schwierig, qualifizierte Mitarbeitende zu finden, ebenso wie Azubis. Deshalb sind wir heute hier.“ Am Stand nebenan von Siemens Energy Global mit Standort in Kirchheim sind Werkleiterin Michaela Gushiken und Personalleiterin Heike Fosselmann die Ansprechpartnerinnen. „Neben unserem aktuellen Stellenangebot werden wir beispielsweise auch nach den Optionen des zweiten Ausbildungswegs gefragt“, berichtet Gushiken. Der Erstkontakt mit den Bewerbenden sei sehr wichtig, „man bekommt ein ganz anderes Bild als von einer rein schriftlichen Bewerbung. Man sieht die Person dahinter.“ Besonders im gewerblichen Bereich tue man sich aktuell schwer, passende Mitarbeitende zu finden, leichter sei es im administrativen Bereich.
Eine Chance für ihren weiteren Berufsweg sehen auch die Besucherinnen und Besucher der Jobmesse: „Ich bin 61 Jahre alt. Bei einer Bewerbung falle ich deshalb vielleicht schon hinten runter“, sagt eine ehemalige Recaro-Mitarbeiterin aus dem Einkauf. Sich persönlich vorstellen zu können, sei daher hilfreich. „Dazu lernt man auf der Messe neue Unternehmen kennen: „Ich bin flexibel und neugierig, was es an Optionen für mich gibt.“ Eine Besucherin erzählt, sie sei gelernte Industriekauffrau und derzeit arbeitslos: „Ich bin motiviert und möchte arbeiten. Der Einkauf wäre zum Beispiel ein Bereich, der interessant für mich wäre. Bisher war ich im Kundenservice tätig.“ Die Messe hält sie für eine tolle Initiative. „Hier sind so viele Firmen vor Ort und man kommt direkt mit ihnen in Kontakt.“
Hoffnung für einen Neuanfang
Zwei weitere ehemalige Recaro-Mitarbeiter, die jeweils 35 Jahre in der Montage und der Logistik gearbeitet haben, zeigen sich optimistisch: „Wir haben schon ein paar Angebote gefunden, die passen könnten. Man muss es einfach probieren. Es gibt einem trotz der aktuell schwierigen wirtschaftlichen Lage neue Hoffnung“, sagen die beiden Arbeitssuchenden.
Sich auch initiativ zu bewerben, sollte nicht direkt das passende Stellenangebot dabei sein, rät Jessica Fichtner von der Personalabteilung der Firma Wilhelm Kächele in Weilheim: „Gerade auch was die Helferposten angeht, der Bedarf ändert sich schnell.“
Austausch von Arbeitgebern und -nehmern
Die Agentur für Arbeit und das Jobcenter Esslingen haben 1500 Personen kontaktiert und zur „JobFinder“-Messe eingeladen. Vor Ort waren zudem zur Begleitung der entlassenen Recaro-Mitarbeitenden Vertreter der Transfergesellschaft sowie Bildungsträger wie die Deutsche Angestellten-Akademie (DAA) mit Teilnehmenden aus den Umschulungs- sowie den Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen. Die Agentur für Arbeit bietet ebenfalls zahlreiche Förderangebote der beruflichen Weiterbildung, Umschulung oder zum Wiedereinstieg.
Die 23 Aussteller reichten vom verarbeitenden Gewerbe und Personennahverkehr über den Handel bis hin zu Lager und Logistik. Zielgruppe waren besonders Arbeitssuchende mit und ohne Berufsabschluss mit den Schwerpunkten Metall, Elektro und Lager, ebenso wie qualifizierte Fachkräfte, Techniker und Ingenieure aus dem gewerblichen Bereich sowie Absolventinnen und Absolventen der gewerblichen Bildungsmaßnahmen. eis