Kirchheim
Tödliche Schüsse in Kirchheim: Wäre die Tat zu verhindern gewesen?

Mordfall Die Ermittlungen führen Kriminalpolizei und Staatsanwaltschaft ins berufliche Umfeld des 59-jährigen Schützen.

Kirchheim. Die tödlichen Schüsse vor dem Biomarkt am Kirchheimer Nanz-Center bescheren Polizei und Staatsanwaltschaft reichlich Arbeit. Einer Pressemitteilung zufolge wird wegen des Anfangsverdachts der fahrlässigen Tötung gegen Unbekannt ermittelt. Näheres dazu sagen aber weder Polizei noch Staatsanwaltschaft. Sie berufen sich dabei auf die „laufenden Ermittlungen“.

Demzufolge bleibt die Frage – auch ohne Einblick in die konkreten Ermittlungen –, was es mit dem Verdacht der fahrlässigen Tötung auf sich haben könnte. Zwei Aspekte scheinen dabei im Mittelpunkt zu stehen. Zum einen heißt es aus dem Umfeld der 58-jährigen Frau, die am vergangenen Mittwochabend von ihrem Ehemann erschossen wurde, dass sie geahnt habe, welche Gefahr ihr droht. Sie habe von der Bedrohung durch ihren Ehemann erzählt – vor allem im eigenen Bekannten- und Kollegenkreis. Aber auch Kollegen ihres Mannes, der beim Landeskriminalamt beschäftigt war, sollen von der Gefahr gewusst haben, die von dem Schützen ausging. Hätten sie – dieses Wissen vorausgesetzt – etwas tun können oder gar müssen, um die Schüsse zu verhindern? Falls ja, könnte es sich um fahrlässige Tötung durch Unterlassen handeln.

Die Dienstwaffe im Krankheitsfall

Zum anderen steht die Frage im Raum, ob der 59-Jährige zur Tatzeit noch über eine Dienstwaffe verfügen durfte. Wie gleichfalls aus dem Umfeld der getöteten Frau zu erfahren war, soll der Mann nach einem privaten Unfall über längere Zeit hinweg krank gewesen sein. Dieser Umstand könnte eine große Rolle spielen: Polizeibeamte dürfen ihre Dienstwaffe mit nach Hause nehmen – solange sie garantieren können, Waffe und Munition ordnungsgemäß aufzubewahren. Das heißt konkret, dass beides getrennt voneinander verwahrt werden muss. Sowohl Waffe als auch Munition müssen fest verschlossen gelagert sein, am besten in einem Tresor.

Michael Schaal, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Reutlingen, bestätigt auf Anfrage, dass diese Regelung nicht mehr gilt, sobald sich jemand länger als drei Monate im Krankenstand befindet. In einem solchen Fall wäre es Aufgabe der Vorgesetzten, die einstweilige Rückgabe der Dienstwaffe zu verlangen. Mehr kann er dazu nicht sagen – also auch nicht, ob das auf die Situation des 59-Jährigen zutrifft, der sich nach der Tat in seinem Auto selbst erschossen hat. Eine weitere Frage beantwortet Michael Schaal konkreter: Die polizeilichen Ermittlungen im beruflichen Umfeld des 59-Jährigen, also gegen das Landeskriminalamt, sind Sache der Kriminalpolizeidirektion in Esslingen.    Andreas Volz