Kirchheim
Tag der Arbeit in Kirchheim: „Hände weg vom Streikrecht“

Maifeiertag Rund 100 Menschen zog es am 1. Mai bei sommerlichen Temperaturen vors Rathaus in Kirchheim, um an der Kundgebung mit anschließender Demonstration teilzunehmen. Von Thomas Krytzner

An der 1. Mai-Kundgebung und der anschließenden Demonstration, die im Mehrgenerationenhaus Linde endete, nahmen knapp 100 Menschen teil. Foto: Thomas Krytzner

Im Gegensatz zu den vergangenen Jahren war es am Tag der Arbeit warm – so warm, dass sich bei der Kundgebung vorm Kirchheimer Rathaus einige der knapp 100 Teilnehmenden in den kühlenden Schatten stellten, um der Rede der Verdi-Vertreterin Maike Schollenberger zu folgen. Die stellvertretende Landesbezirksleiterin kümmert sich in der Gewerkschaft um die Ressorts Jugend und Gleichstellungspolitik. Als Vertreterin der jungen Generation stellt sie einen Wandel fest: „Die jungen Leute sind deutlich klarer, sich in Gewerkschaften zu organisieren.“ Vor allem, so Schollenberger, wenn das Geld in allen Bereichen knapp werde. Sie erinnerte daran, dass bereits vor über 125 Jahren Hunderttausende in Berlin, Hamburg und Dresden für den Achtstundentag demonstriert hätten. „Heute stehen weltweit wieder Menschen auf der Straße, um dafür zu kämpfen, dass sich die Arbeits- und Lebenswelt zum Besseren verändert“, betonte Schollenberger und präzisierte die Forderungen der Gewerkschaften: Mehr Lohn, mehr Sicherheit und mehr Freizeit.

 

Wir wollen junge Menschen optimistisch in die Zukunft blicken lassen.
Maike Schollenberger
Verdi-Vertreterin
 

Die Monsterinflation sei die größte seit 50 Jahren in Deutschland und die Gewerkschaften stünden einem riesigen Handlungsbedarf gegenüber. Die Forderung nach mehr Lohn in jeder Tarifrunde sieht Maike Schollenberger als klares Handlungsziel: „Wir müssen die Kaufkraft der Beschäftigten erhalten und damit allen die soziale und gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen.“ Sie lobte die letztjährigen Verhandlungen bei den Tarifrunden: „Es ist gelungen, allen voran im öffentlichen Dienst, die höchsten Abschlüsse seit 50 Jahren zu erreichen.“

Verdi-Vertreterin Maike Schollenberger setzte sich in Kirchheim unter anderem für das verbriefte Streikrecht und mehr Freiheit für die Beschäftigten ein. Foto: Thomas Krytzner

Trotz der Erfolge verspürt die Verdi-Vertreterin harten Gegenwind durch Parteien und Kommentare in den sozialen Medien. „Sie brüllen uns förmlich an, es sei genug gestreikt, man solle zurück an die Arbeit gehen, es gehe jetzt wieder um die Wirtschaft.“ Die Rufe nach einer Einschränkung des Streikrechts sieht Maike Schollenberger als Gefährdung der demokratischen Säulen dieser Gesellschaft. Sie brachte es deshalb auf den Punkt: „Hände weg vom Streikrecht.“

Klare Kante gegen Rechts zeigte die Gewerkschafterin in Kirchheim. „Wenn Menschen mit Migrationsgeschichte, also auch unsere Kolleginnen und Kollegen, zur Hauptzielscheibe werden, muss klar sein, dass die Antwort aus der Mitte der Gesellschaft kommt – eben auch aus den Gewerkschaften.“

Zur 1. Mai - Kundgebung und Demonstration versammelten sich gut 100 Menschen vor dem Kirchheimer Rathaus. Foto: Thomas Krytzner

Den jungen Menschen in Ausbildung oder Studium sprach Maike Schollenberger Mut zu. „Mit dem Kampf um eine Mindestausbildungsvergütung konnten wir einen ersten Zwischenerfolg feiern, auch wenn die Inflation auch dort keine Ausnahme macht.“ Für die Studierenden forderte die Verdi-Vertreterin klare Bafög-Entscheidungen, da rund dreiviertel der Menschen im Studium, armutsgefährdet seien. Die Hausaufgaben sieht Maike Schollenberger bei der Politik und den Gewerkschaften. „Wir wollen junge Menschen optimistisch in die Zukunft blicken lassen.“ Für ihre Forderung nach mehr Freizeit für die Beschäftigten erhielt Maike Schollenberger minutenlangen Applaus.

Kirchheims Oberbürgermeister Pascal Bader warb für mehr Dialog zwischen den Arbeitgebern und den Gewerkschaften, Stadträtin Marianne Gmelin startete eine Postkarten-Unterschriftenaktion für Amnesty International und Eylem Arslan vom Volkshaus Kirchheim forderte eine Welt ohne Ausbeutung, Faschismus und Kriege. Nach der Kundgebung setzte sich die Demonstration Richtung Mehrgenerationenhaus Linde in Bewegung, wo die Veranstaltung mit dem Maifest beendet wurde.