Telefonbetrüger sind auch in Kirchheim und Umgebung ungebrochen aktiv. Jüngstes Opfer: Eine Seniorin aus Kirchheim, die Anfang der Woche um einen hohen sechsstelligen Betrag gebracht worden ist. Die Betrüger hatten sich im Fall der Kirchheimerin einer beliebten Masche bedient: Der des falschen Polizeibeamten. Bereits Anfang August hatte die Frau den Anruf eines Mannes erhalten, der sich als Kommissar Fabian Stein ausgab. Mit der frei erfundenen Geschichte über einen korrupten Bankbediensteten brachte dieser Betrüger die Seniorin zunächst dazu, ihm ihr Vermögen offenzulegen. Anschließend überzeugte er sie davon, Bargeld von der Bank zu holen und die Geldscheinnummern am Telefon durchzugeben.
Der Anrufer: Ein „Kommissar“
Mit der Lüge, bei den Banknoten würde es sich um Falschgeld handeln, setzte der angebliche Kommissar die alte Dame so unter Druck, dass sie das Geld auf einem Kirchheimer Parkplatz einem Komplizen übergab. Wenig später meldete sich der Betrüger erneut bei der Frau und gab ihr den Ratschlag, ihr Geld in Gold umzutauschen. Anders sei es nicht möglich, ihr restliches Vermögen zu sichern. Die Betrüger riefen die Seniorin fast täglich an, setzten sie massiv unter Druck. Beteiligt war auch ein angeblicher Oberstaatsanwalt Michael Dietrich. Die Masche funktionierte: Am Ende erwarb die Frau Gold in sechsstelligem Wert und übergab es am vergangenen Montag gegen 15 Uhr am Friedhof Wendlingen einem Unbekannten.
Erst als sich die Frau am Dienstag bei der Polizei nach der versprochenen Rückgabe des Goldes erkundigte, flog der Schwindel auf. In beiden Fällen ermittelt die Kriminalpolizei und bittet um Zeugenhinweise. Der Mann, der das Gold auf dem Wendlinger Friedhof abgeholt hat, wird als etwa 35 Jahre alt, etwa 1,70 bis 1,75 Meter groß, von normaler Statur und mit schwarzen, kurzen Haaren beschrieben. Er trug eine schwarze Baseballmütze, schwarzen Mund-Nasen-Schutz, einen grauen, langärmligen Pulli und eine hellblaue Jeans mit modischen Löchern.
Die meisten reagieren richtig
Das Polizeipräsidium Reutlingen, das für die Landkreise Esslingen, Reutlingen, Tübingen und Zollern-Alb zuständig ist, warnt regelmäßig und auf den unterschiedlichsten Kanälen vor Telefonbetrügern. Offenbar nicht vergebens: Die allermeisten Menschen, die von Betrügern angerufen werden, fallen nicht darauf herein. 2021 registrierte das Polizeipräsidium 2800 Anrufe. In 80 Fällen waren die Betrüger erfolgreich, in 2720 Fällen nicht. Die Zahl der Betrugsversuche ist auf anhaltend hohem Niveau: 2020 waren es in den vier Landkreisen 2930 solcher Anrufe, in 108 Fällen fielen die Anrufer auf die Betrüger herein. 2019 registrierte das Polizeipräsidium 2743 Anrufe, in 90 Fällen kam der Betrug zustande. Die Schadenssummen lagen 2019 und 2021 bei jeweils 1,6 Millionen Euro, 2020 bei 2,2 Millionen. Der Kirchheimer Fall, in dem das Opfer um einen hohen sechsstelligen Betrag betrogen worden ist, dürfte die Schadenssumme für 2022 ordentlich nach oben treiben.
Hinweise zum Kirchheimer Fall nimmt die Kriminalpolizei Esslingen unter der Telefonnummer 07 11/39 90-0 entgegen.
Tipps der Polizei: Wie man sich vor Telefonbetrügern schützt
Aus aktuellem Anlass informiert das Polizeipräsidium Reutlingen über den Umgang mit Telefonbetrügern und klärt auf: Die Polizei ruft niemals bei Bürgerinnen und Bürgern an, fragt sie nach ihren Vermögenswerten oder bittet sie um Mithilfe bei angeblichen Ermittlungen.
Daten notieren: Betroffene sollten sich die angezeigte Telefonnummer, den Namen und die angegebene Dienststelle des Anrufers notieren und dann sofort vollständig auflegen. Wichtig ist, dass Betroffene sich auf kein Gespräch einlassen. Die Betrüger nutzen das sofort für ihre Zwecke aus.
Keine Informationen: Betroffene sollten am Telefon niemals Informationen über ihre persönlichen und finanziellen Verhältnisse preisgeben. „Übergeben Sie nie einem Fremden Bargeld oder Wertgegenstände, egal mit welcher Geschichte er bei Ihnen vorspricht“, rät die Polizei. „Lassen Sie Ihr Vermögen da, wo es ist, und heben Sie kein Geld ab, um es einem angeblichen Polizeibeamten oder sonst einer angeblichen Amtsperson zu übergeben. Ziehen Sie einen Angehörigen oder eine Person Ihres Vertrauens zu Rate.“
Polizei informieren: Menschen, die einen Verdacht hegen, sollten unverzüglich Kontakt mit der ihnen bekannten Polizeidienststelle in ihrer Nähe aufnehmen. Wichtig: Nicht die Rückruftaste drücken, sonst landen Betroffene wieder bei den Kriminellen. Die Polizei Reutlingen rät: „Suchen Sie die Nummer selbst heraus oder wählen Sie den Polizeinotruf 110.“
Das Polizeipräsidium Reutlingen hat in eigens produzierten Videos einen solchen Anruf nachgestellt und gibt Tipps und Hinweise, um mögliche Opfer, aber auch die Angehörigen der oft älteren Geschädigten zu sensibilisieren. Die Videos sind im Internet auf der Homepage des Polizeipräsidiums Reutlingen unter https://ppreutlingen.polizei-bw.de , der Facebook-Seite des Polizeipräsidiums Reutlingen unter www.Facebook.com/PolizeiReutlingen/Videos und auf Twitter bei www.twitter.com/PolizeiRT zu finden. adö