Kirchheim
Thomas Bauer erzählt von seinen Abenteuerreisen

Lesung Thomas Bauer, Weltenbummler, Autor und Musiker, war in der Stadtbücherei Kirchheim zu Gast. In seinem Programm „Neugier auf die Welt“ erzählte er von 25 Jahren Abenteuerreisen. Von Sabine Ackermann

48 Länder, 24 600 zurückgelegte Kilometer, 3812 Kilometer auf dem Postrad, 175 Kilometer auf dem Hundeschlitten – Fakten, die Thomas Bauer auf seinem digitalen Reisebuch mitteilt. Gleichwohl, seine „Neugier auf die Welt“ beschreibt er mit „80 Rätseln um die Erde“. Was er allerdings für sich behält, wie viele Kilometer seine mutmaßlich vorhandenen Stromquellen ausmachen, die beim Lesen konstant durch seinen Körper fließen – endlich mal ein Reisebuchautor, der den „lebendigen Erzählfluss“ auch optisch offen­bart. Seine Eigendiagnose: „Energieüberschuss“. Immer in Bewegung stehend hinterm oder neben seinem Pult, ein Element, das zu dem charismatischen Globetrotter so gar nicht passt.

Vorlesen und erzählen

Seit 25 Jahren zieht es den Vater zweier Kinder, der seine Akkus im oberbayrischen Tutzing und schwäbischen Fellbach auflädt, immer wieder hinaus in die weite Welt. Und was er da alles erlebt hat, teilt der hundertprozentige Abenteurer mit hundertzehnprozentiger Leidenschaft dank Leiterin Carola Abraham mit seinem Publikum in der Kirchheimer Stadtbücherei.

Seine Mischung aus Vorlesen und Erzählen kommt an, wobei das freie Reden einen ganz besonderen Reiz hat. „Um sich selbst zu finden, muss man sich erst verirren“, betont Thomas Bauer, der im gleichen Jahr wie Hape Kerkeling den Jakobsweg gegangen ist. „Ich arbeite noch an den Verkaufszahlen.“

Noch vergnüglicher, als er mit seinem „Eisbrecher Bruno“ von Florenz nach Rom den Franziskusweg erwanderte und angeblich beide dabei stets die „weiß-roten Rauten“ im Blick hatten – was ihnen allerdings einen 35 Kilometer langen Umweg bescherte. „Sein Bonus als erfahrener Fernwanderer schmolz mit jedem Schritt dahin“, verrät der 47-jährige Weltenbummler.

Nicht minder lustig, als er von den „symptomatischen Begebenheiten“ berichtet, die ihn drei Monate lang als Backpacker mit Rucksack durch Argentinien, Bolivien, Chile, Peru und Kolumbien begleiteten. „Hier erlebte ich zum ers­ten Mal, wie europäische Ansprüche auf ein bolivianisches Angebot trafen“, so Thomas Bauer. Gemeint war damit die Übernachtung in einer kargen Holzhütte, die auf 5000 Metern Höhe weder mit Dusche, Toilette noch Lichtschalter punkten konnte, wie ein mitreisender Italiener allen Ernstes erstaunt feststellen musste. In Lima lernte er, dass man als Mann auf einen mit einem gelben „R“ gekennzeichneten Bus während der Fahrt aufspringen muss und man mit Vorliebe Meerschweinchen verzehrt.

Wie schießt man in Grönland Robben? Mit extremem Durchhaltevermögen, ruhiger Hand und dem gezielten Zustoßen eines Stabes, verrät Thomas Bauer, wie man unter anderem an ein „rohes Robbenherz“ gelangt, das einem wie der komplette Rest des Tieres in der Antarktis das Überleben sichert.

Mit dem Hundeschlitten bei minus 42 Grad Celsius im siebenfachen Zwiebellook, das vergisst man genauso wenig wie seine „mit der Kraft der Oberschenkel“ bezwungenen Kilometer in den unterschiedlichsten pedalgetriebenen Fahrzeugen. Sei es mit einem Post-Velo inklusive Anhänger rund um Frankreich, mit dem Liegerad quer durch die Türkei, mit einer Rikscha von Nord-Laos bis Singapur und nicht zuletzt mit einem Velomobil dem Lauf des Mississippi folgend. Das mit einer geschlossenen stromlinienförmigen Verkleidung ausgestattete Liegerad galt als wahrer „Türöffner“, mit dem er mit bisweilen mehr als 30, 40 Sachen durchs „wahre Amerika“ radelte. Respekt auch für die Erforschung des ältesten Pilgerwegs auf der japanischen Insel Shikoku: „66 von 88 Tempel habe ich geschafft“, verrät Thomas Bauer mit Stolz.

Wo fängt man an, wo hört man auf? Unter dem konzentriert lauschenden Publikum scheint es einige zu geben, die das eine oder andere Land schon besucht haben. Endlich darf man Fragen stellen, die der Weltenbummler gerne beantwortet.

Eine schöne Idee, dass es zwischendurch auch Musik gab. Und da überraschten Thomas Bauer als Gitarrist und Sänger, Perkussionistin Bettina „bTina“ Raithel am Cajon sowie sein Sohn „Manu“, der beim Stück „Nacho de Nachos“ kurz und knackig einer Ente den wichtigsten Ton entlockte.

Befindet sich der Allrounder nicht gerade auf Reisen, musiziert er in seiner Band „Angel’s Share“, wo seine Frau das Saxofon spielt. Und weil man allein von Musikmachen, Lesungen sowie Reportagen- und Bücherschreiben nicht satt wird, arbeitet er mittlerweile als Angestellter im Marketing für das Goethe-Institut in München.