Es ist Donnerstagvormittag, Markttag in Kirchheim. Ein Auto nach dem anderen rollt die Rampe der Tiefgarage Krautmarkt hinunter. Ein kurzes Halten vor der Schranke, dann öffnet sie sich wie von Geisterhand. Das Auto fährt hindurch, die Schranke schließt sich. Nächstes Fahrzeug. Das Einfahren läuft wie am Schnürchen. Nur eine Frau lässt das Fenster herunter und ruft der Mitarbeiterin der Parkaufsicht hilfesuchend etwas zu. Fehlt da nicht etwas?
Fenster öffnen, auf den Knopf drücken und ein Parkticket ziehen: Dieser Ablauf ist allen Menschen, die regelmäßig Parkhäuser nutzen, längst in Fleisch und Blut übergegangen. Doch dieser Ablauf gehört in den beiden städtischen Kirchheimer Tiefgaragen Kraut- und Schweinemarkt der Vergangenheit an. Vor zirka zwei Wochen ist das Ticketlose Parken eingeführt worden. Eine Kamera filmt beim Einfahren das Auto-Kennzeichen. Bevor man wieder ausfährt, gibt man am Parkautomat das Kennzeichen ein und bezahlt. Beim Ausfahren erkennt die Kamera das Kennzeichen, die Schranke öffnet sich automatisch. Das Kennzeichen wird gelöscht.
Massimo D’Agostino, Betriebsleiter der Tiefgaragen, ist von der neuen Technik begeistert. Endlich keine „Klemmer“ mehr, also Parktickets, die schief eingeführt werden und seine Mitarbeiter regelmäßig auf Trab gehalten haben. „Man kann seine Karte nicht mehr verlieren. Wenn sie nass oder knittrig war, konnte der Automat sie teilweise gar nicht mehr lesen. Und auch das umständliche aus dem Auto beugen entfällt“, nennt er weitere Vorteile, die den Kunden zugute kommen.
Leser berichten, dass sich seit der Einführung des Ticketlosen Parkens immer wieder lange Schlangen vor den Kassenautomaten bilden. Auch an diesem Donnerstagvormittag ist spürbar, dass viele Menschen sich erst an das neue System gewöhnen müssen. Eine ältere Dame tippt, noch ein wenig unsicher, ihr Kennzeichen ein. Weil sie etwas zu lange braucht, um Kleingeld aus ihrer Börse zu kramen, bricht der Vorgang ab und muss von Neuem begonnen werden. Massimo D’Agostino, der zufällig daneben steht, hilft ihr.
In den ersten zehn Tagen nach Einführung des „Ticketlosen Parkens“ seien Mitarbeiter permanent an der Schranke und den Kassenautomaten gestanden, um das neue System zu erklären und Hilfestellung zu leisten. Auch Schilder am Eingang der Garage und Schritt-für-Schritt-Erklärungen an jedem Automaten sollen für Aufklärung sorgen. Natürlich seien viele Menschen anfangs gereizt gewesen. „Ich denke, in den nächsten Wochen legt sich das komplett“, sagt Massimo D’Agostino. Viele haben die Umstellung offenbar erfolgreich bewältigt. „Das ist ja easy peasy“, ruft eine Frau begeistert, und eine andere lobt: „Ich finde es super!“
Martin Zimmert, Geschäftsführer der Stadtwerke, die die Tiefgaragen betreiben, beobachtet, dass die Beschwerden rückläufig sind. „Mittlerweile bekommen wir zu 80 Prozent positive Rückmeldungen“, sagt er. „Man gewöhnt sich furchtbar schnell an einen besseren Standard“. Die größte Hürde für viele Kunden sei, dass sie sich ihr Kennzeichen merken müssten, um es in den Automaten einzutippen. „Wenn das mal klappt, wird es in der Abwicklung und mit dem Rein- und Rausfahren viel schneller gehen“, sagt er. Von manchen werde auch der Datenschutz kritisiert. „Das Kennzeichen wird nur für die Zeit gespeichert, in der das Auto in der Tiefgarage steht. Anschließend wird es gelöscht“, betont Zimmert.