Kirchheim
Trauerarbeit ist Schwerstarbeit

Gesprächskonzert Die Bestatterin Ute Züfle und das Duo „ViaMusic.Art“ haben auf Einladung des Hospizdienstes Kirchheim eine stimmige Collage aus Musik und Erzählungen zum Thema Tod präsentiert. Von Rainer Kellmayer

Ute Züfle gab mit Judith Calvelli-Adorno und Janina Rüger-Aamot (von links) einem schweren Thema auch etwas Leichtigkeit. Foto: Rainer Kellmayer

Der Tod ist das größte Geheimnis unseres Lebens. Oft wird er tabuisiert, doch die Auseinandersetzung mit dem Ende des Lebens kann bereichernd sein, wie der österreichische Schriftsteller Stefan Zweig schreibt: „Es ist nicht genug, über den Tod nachzudenken. Du musst es immer im Kopf haben. Auf diese Weise wird das Leben majestätischer, wichtiger, fruchtbarer und freudiger.“

In besonderer Weise setzte sich das Gesprächskonzert „Todglücklich“ des Hospizdienstes Kirchheim mit dem letzten Weg Sterbender auseinander. Anlässlich des 30-jährigen Bestehens hatte die vom Diakonieverein Wendlingen sowie den beiden christlichen Kirchengemeinden Kirchheims getragene Institution in die Christuskirche eingeladen. Leicht, heiter und doch ernsthaft näherten sich die Erzählungen der Stuttgarter Bestatterin Ute Züfle und das Duo „ViaMusic.Art“ mit Judith Calvelli-Adorno (Violine) und Janina Rüger-Aamot dem tiefgründigen Thema.

In der schwierigen Zeit des endgültigen Abschiednehmens bietet die Kirchheimer Organisation Hilfe an. Der von Geschäftsführer Reinhard Eberst geführte Hospizdienst betreut Sterbende und deren Angehörige mit zwei hauptamtlichen Koordinatorinnen und 30 ehrenamtlichen Sterbebegleiterinnen und Sterbebegleitern. Mit Gesprächskreisen, Trauerspaziergängen, Trauerimbissen und Einzelbegleitung werden schwerstkranke Menschen und deren Angehörige auf dem Weg des Abschiednehmens unterstützt.

Kirche bis auf den letzten Platz gefüllt

Das Gesprächskonzert „Todglücklich“ stieß auf große Resonanz: Die Christuskirche füllte sich bis auf den letzten Platz. Am Ende waren alle tief beeindruckt von der stimmigen Collage aus Erzählungen und Musik, die das ernste Thema Tod aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchtete.

Ute Züfle, die früher Krankenschwester auf einer Intensivstation war, gab einen Einblick in ihren reichen Erfahrungsschatz als Bestatterin. Sie berichtete über Begegnungen mit Angehörigen und deren Emotionen, über Aussagen Sterbender, die im Leben Versäumtes bedauern, und über die Verzweiflung Hinterbliebener: „Niemand kann mir helfen. Alles bringt nichts.“ Da wurde deutlich, dass Trauerarbeit Schwerstarbeit ist.

Die vielfältigen und emotional aufgeladenen Textbeiträge gingen mit der Musik des Duos eine gelungene Symbiose ein. Barocke Vio­linklänge von Heinrich Ignaz Biber und die „Air“ aus Johann Sebastian Bachs dritter Orchestersuite sorgten für meditative Ruhepole, schroff kontrastiert von wilden Klangeruptionen und harten Tonattacken des Avantgardisten John Cage. Die Dramaturgie stimmte: Text und Musik waren bestens aufeinander abgestimmt und ergänzten sich ideal.

Es gab auch was zum Schmunzeln

Berührend waren die Erzählungen Züfles, mit welcher Natürlichkeit Kinder mit dem Tod umgehen. Von Fragen wie „Darf ich in die Urne schauen?“ oder „Wo habt ihr eigentlich eure Toten?“ berichtete die Bestatterin, und dass sie die Aussage einer Fünfjährigen „Wir können ja von Opa ein Bild malen und aufhängen. Dann ist er immer hier“ sehr bewegt hat.

Doch es gab auch Gelegenheit zum Schmunzeln, etwa als Züfle über Grabinschriften wie „So eine Frau werde ich nie wieder finden, aber auch nie wieder suchen“ berichtete. Für Erheiterung sorgte die eines Mathematiklehrers: „Damit hatte er nicht gerechnet.“ Zuversichtliche Töne brachte Fritz Kreislers walzerselige Melodie „Liebesleid“, ehe die beschwingten Tanzinspirationen des argentinischen Tangomeisters Astor Piazzolla den Blick auf eine optimistische Sicht des Lebens öffneten.