Kriminalität
„Trend“ erreicht Kirchheim: Am Marktstand mit Falschgeld bezahlt

Als sie das Geld vom Kirchheimer Markttag bei ihrer Bank einzahlen wollte, staunte Stephanie Bayer: Ein Hunderter war gefälscht. Aktuell wird bundesweit eine Zunahme von Falschgeld registriert. 

Am Stand vom Talhof gibt es nun einen Sicherheitsstift: Mit dem können Blüten entdeckt werden. Foto: Carsten Riedl

Mit 100-Euro-Scheinen hat Stephanie Bayer in den vergangenen drei Monaten schlechte Erfahrungen gemacht: Zwei falsche „Hunnis“ sind an ihrem Stand vom „Talhof“ gelandet, der auch regelmäßig auf dem Kirchheimer Wochenmarkt mit frischem Obst von den Fildern vertreten ist. „Wenn viel los ist, achtet man nicht darauf, wie sich ein Schein anfühlt“, sagt sie. Daher ist es immer die Bank beim Einzahlen gewesen, die sie darauf hingewiesen hat. „Falsche 20er hatte ich auch schon“, fügt Stephanie Bayer hinzu.

Bundesweit wird eine Zunahme von Falschgeld registriert, die Deutsche Bundesbank hat im ersten Halbjahr 2024 in Deutschland deutlich mehr Falschgeld aus dem Verkehr gezogen als in den sechs Monaten zuvor. Von Januar bis Juni dieses Jahres waren rund 38.600 falsche Euro-Banknoten im Nennwert von 2,4 Millionen Euro im Umlauf. Das waren 29 Prozent mehr als im zweiten Halbjahr 2023. Die Schadenssumme stieg hingegen nur um knapp fünf Prozent.

„Für die Steigerung sorgten leicht erkennbare Fälschungen insbesondere bei den 10 Euro- und 20 Euro-Banknoten“, sagt Burkhard Balz, im Vorstand der Bundesbank unter anderem zuständig für Bargeld. Zusätzlich gab es Betrugsfälle, in denen Goldmünzen und Autos mit gefälschten 100-Euro-Banknoten erworben wurden. Rund ein Dutzend betrügerischer Geschäfte mit Luxuswaren wie Schmuck, Goldbarren, Uhren und Autos hatten im 2023 dazu geführt, dass die Schadenssumme durch Falschgeld um 90 Prozent höher ausgefallen sei als im Vorjahr.

 

Seit der Corona-Zeit ansteigend

„Auch aus dem Landkreis Esslingen werden aktuell immer wieder falsche Scheine gemeldet, die in den Einzahlungsbeträgen aus dem Handel bei den Banken oder bei Sicherheitsunternehmen entdeckt werden“, sagt Andrea Kopp vom Polizeipräsidium Reutlingen. Auch auf Wochen- oder Flohmärkten, wo viel Bargeld über den Tisch geht, gebe es Fälle – das sei aber nicht neu. Dennoch gilt auch für Esslingen: „Der Langzeittrend ist ansteigend - was man im Übrigen schon seit Ende der Corona-Zeit verzeichnet.“ Corona war wegen der Kontaktbeschränkungen auch eine Zeit geringer Bargeld-Nutzung – dementsprechend ist auch weniger Falschgeld aufgetaucht.

„Unsere Sparkasse ist durch Medienberichte auf den Anstieg von im Umlauf befindlichen gefälschten Geldscheinen im Jahr 2024 aufmerksam geworden. Wir können diese Entwicklung nicht bestätigen. Auch im Bereich Kirchheim haben wir keine Kenntnis von einem vermehrten Aufkommen von Falschgeld“, heißt es bei der Kreissparkasse Esslingen-Nürtingen. Dort empfiehlt man bargeldloses Zahlen. Das dies nicht immer möglich ist, empfehlen sie, sich mit den Sicherheitsmerkmalen der einzelnen Euroscheine vertraut zu machen. „Da sich die Fälscher in der Regel auf ein oder wenige Merkmale konzentrieren, kann die Kenntnis weiterer Sicherheitsmerkmale dazu beitragen, falsche Geldscheine zu identifizieren“, heißt es (siehe Grafik). Die ersten Maßnahmen bei Zweifeln an der Echtheit eines Scheins sind relativ einfach. „Das ist ein Dreiklang aus Fühlen, Sehen und Kippen“, sagt Andreas Fischer von der Volksbank Mittlerer Neckar. So mache schon das Papier – im Original baumwollhaltig – einen spürbaren Unterschied zu einfachen „Blüten“ aus. Beim gegen das Licht halten und Kippen des Scheins sollte zudem ein Hologramm sichtbar sein. „Das ist natürlich an einem Marktstand nicht so einfach“, sagt Fischer. 

Nach dem zweiten Vorfall auf Märkten hat der Familienbetrieb Bayer aus Neuhausen auf den Fildern nun reagiert: Am Stand gibt es einen Safescan Geldprüf-Stift. „Sie funktionieren wirklich gut“, sagt Stephanie Bayer, „man malt einen Strich auf den Stein. Wenn er dunkel wird, ist der Schein falsch, sonst bleibt er hell.“ Eine Alternative wäre freilich auch die Kartenzahlung. Doch damit tun sich viele Marktbeschicker noch schwer. Da fehlt es am Stromanschluss auf dem Marktstand“, sagt die Neuhausenerin. Wobei es auch dafür Lösungen gäbe, aber damit habe sie sich noch nicht auseinandergesetzt. Oftmals hilft gerade auf dem Markt auch der Menschenverstand. Wenn es nicht gerade Stammkundschaft ist, die mit einem Hunderter bezahlt, sondern ein Unbekannter, der es zudem auch noch sehr eilig hat: Dann sei Vorsicht geboten.

 

Foto: Carsten Riedl, Grafik: Leonie Wacker

 

Der Dreiklang des Geldschein-Checks

Fühlen: Fälscher konzentrieren sich bei der Nachahmung meist auf ein oder wenige Sicherheitsmerkmale, so dass man mehrere Merkmale testen sollte. Das Banknotenpapier besteht aus Baumwolle. Es fühlt sich griffig und fest an. Mit Erfahrung und Übung kann man echtes Geld schon am Material erkennen. Auf den Vorderseiten der Banknoten sind hervorgehobene Teile des Druckbildes als Relief zu fühlen.

Sehen: Das Wasserzeichen lässt sich im unbedruckten Bereich jeder Note als Schattenbild sehen, wenn man sie gegen das Licht hält. Im oberen Bereich des Hologrammstreifens befindet sich bei der Europa-Serie ab der 20-Euro-Banknote ein durchsichtiges Fenster. Es zeigt ein Porträt der Europa, einer Figur aus der griechischen Mythologie.

Kippen: Die Hologrammelemente verändern sich beim Kippen der Banknote. Es zeigen sich regenbogenfarbige Effekte, welche die Motive umgeben. Die Banknoten der Europa-Serie weisen zudem auf der Vorderseite links unten die Smaragdzahl auf: Beim Kippen verändert sich die Farbe, und ein heller Balken wandert auf- bzw. abwärts. Die 100- und 200-Euro-Banknoten wurden zusätzlich sicherheitstechnisch aufgewertet: In der Smaragdzahl sind mehrere Euro-Symbole zu sehen, die ihre Größe und Farbe ändern. Im Hologramm ist das Satellitenmerkmal zu finden. Hier kreisen zwei Euro-Zeichen um die Wertzahl. pm