Kirchheim
TV-Gewohnheiten in modernen Zeiten: Streamen statt zappen

Trend Die Pandemie verändert die TV-Gepflogenheiten: Menschen sitzen länger vor der Mattscheibe. Was sie wollen, wissen die Händler rund um die Teck genau: Groß und internetfähig müssen die Fernseher sein. Von Katharina Daiss

Wer lässt sich heutzutage noch den Tag vom Fernseher diktieren? Punkt 20 Uhr die Tagesschau schauen, 20.15 Uhr den Spielfilm einschalten oder gerade noch rechtzeitig um 18.09 Uhr zur ersten Folge der Simpsons auf Pro7 klicken – das machen immer weniger. Streaming heißt die Zukunft der Fernsehwelt, die in vielen Haushalten schon in der Gegenwart angekommen ist.

Dass Medienliebhaber die Inhalte von Funk und Fernsehen mittlerweile häufig online konsumieren, weiß auch Georg Kobler. In seinem Geschäft „Ton und Bild“ kaufen seine Kundinnen und Kunden schon seit weit über 20 Jahren

 

Mediatheken werden
immer interessanter.
Heinz Martin führt in Nabern ein Radio- und TV-Geschäft

 

Fernseher und Stereoanlagen. Die Möglichkeit zum Streamen gehört mittlerweile zum Standardrepertoire der modernen Flimmerkiste. „Es gibt in Kirchheim ganze Wohngebiete, da sieht man weder Antennen noch Kabel. Da gibt es dann nur noch den Netzwerkanschluss“, sagt er.

Was früher nur über den Computer möglich war, ist heutzutage für den Fernseher kein Problem mehr. Dabei hat die Mattscheibe technisch ordentlich aufgeholt: „Vor fünf, sechs Jahren war der Fernseher viel langsamer als der Computer. Mittlerweile ist er genauso schnell“, erklärt Georg Kobler. Was sich in den letzten Jahren hingegen nicht geändert hat, ist die Vorliebe für große Flachbildschirme. „Das ist nicht verwunderlich: Schon einen 65-Zoll-TV bekommt man ja für 1000 Euro“, sagt der Fernseh-Experte.

Doch auch das Fachgeschäft im Herzen Kirchheims leidet unter den weltweiten Lieferengpässen. „Das ist ähnlich wie mit den Autos“, erklärt Georg Kobler. „Da geht es um hochwertige Produkte, die erst in vier bis fünf Monaten lieferbar sind.“

Die Pandemie sorgt dafür, dass nicht nur internetbegeisterte Jungspunde ihre Freizeit vermehrt im Heimkino verbringen. Sie zwingt auch die Generation des herkömmlichen Fernsehens häufiger als früher in die Fernsehsessel. „Was sie im klassischen TV-Programm zu sehen bekommen, empfinden manche nicht als befriedigend“, sagt Heinz Martin. Der Geschäftsführer von „Martin Radio und TV“ erklärt, dass das Publikum in diesem Fall eine Alternative zum Tagesprogramm auch im Streaming findet, aber in anderen Quellen als der durchschnittliche Netflixnutzer: „Die Mediatheken der Sender werden immer interessanter. Dort gibt es alles, was das Fernsehen zu bieten hat – völlig unabhängig von der Sendezeit.“

Der Naberner Fachmann freut sich, dass die Mediatheken zudem recht einfach zu bedienen sind. Das ist ihm wichtig – vor allem bei seinen Kundinnen und Kunden älteren Semesters. Das bedeutet jedoch, dass viele einen neuen Fernseher brauchen: „Oft sind die Geräte zu alt, sie benötigen ja einen Internetanschluss.“

Manchmal ist ein Neukauf allerdings gar nicht notwendig, weiß Norbert Nöpel vom „Fernsehhaus Dreilich: „Viele meinen, dass sie den Fernseher wegschmeißen müssen, sobald er nicht mehr funktioniert.“ Besonders ärgert ihn dabei, dass die Leute seit Corona noch stärker online kaufen als zuvor. Dabei kann er, ebenso wie manche seiner Fachkollegen, nach eigener Aussage jeden Fernseher reparieren – so lange er an die Ersatzteile rankommt und es wirtschaftlich sinnvoll ist. Einen Boom an Fernsehreparaturen gab es kurz, als die Läden zu Lockdown-Zeiten geschlossen hatten. Der ist aber schon lange wieder abgeflacht.

Explosionsartig angestiegen sind durch Corona übrigens die Anfragen für reparaturbedürftige Kaffeemaschinen, sagt Norbert Nöpel und erklärt: „Das liegt am Homeoffice.“

 

Ist Netflix ein Klimakiller?

Französische Forscher veröffentlichten 2019 erschreckende Zahlen: Videostreaming verursache pro Jahr genauso viele Emissionen wie ganz Spanien. Ganze 3,2 Kilo Kohlendioxid sollen es pro Stunde sein. Die Ergebnisse gelten mittlerweile als falsch.
Einer Berliner Studie nach schneidet die Übertragung via Glasfasernetz am besten ab: Ein Stunde streamen verursacht zwei Gramm CO2. Der Breitbandanschluss kommt aufs Doppelte. Auch das Mobilfunknetz macht einen Unterschied: 5G produziert fünf Gramm CO2 pro Stunde, 4G 13 und 3G sogar 90 Gramm. kd

 

Streaming-Tipps aus der Redaktion des Teckboten: