Kirchheim
Ukraine-Krieg: Die Kirchheimer sind nicht stumm

Friedenskundgebung Rund 100 Menschen kamen am Samstagvormittag zur Friedensdemo vor dem Kirchheimer Rathaus, unter ihnen viele aus der Ukraine. Sie füllten eine Schreibwand mit ihren Gedanken. Von Peter Dietrich

Bundesweit hatte ein breit aufgestelltes zivilgesellschaftliches Bündnis dazu aufgerufen, ein Jahr nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine für einen Waffenstillstand und Friedensverhandlungen zu demonstrieren. Auch in Kirchheim stand die Friedenskundgebung vor dem Rathaus auf einer breiten Basis, denn zur Friedensinitiative Kirchheim, die eingeladen hatte, gehören: Vertreter der Evangelischen und Katholischen Gesamtkirchengemeinde, Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, Deutscher Gewerkschaftsbund, AK Asyl, Pax Christi, Deutsche Friedensgemeinschaft – Vereinigte Kriegsdienstgegnerinnen (DFG/VK), Grüne, Die Linke und SPD. Zur Demo eingeladen hatte auch Oberbürgermeister Pascal Bader, als Mitglied des weltweiten Bündnisses „Bürgermeister für den Frieden“ (Mayors für Peace).

Zu wichtigen Fragen, die diesen Krieg betreffen, gibt es „auch in unserer Friedensinitiative unterschiedliche Positionen“, stellte Karl-Heinz Wiest, Sprecher der Pax Christi-Gruppe Kirchheim, bei seiner Begrüßung klar. Worin sich die Initiative aber einig sei, das komme im bundesweiten Aufruf der Friedensbewegung und der Kirchen mit dem Titel „Stoppt das Töten in der Ukraine! Für Waffenstillstand und Friedensverhandlungen!“ zum Ausdruck. Dieser Aufruf wurde von drei Mitgliedern der Friedensinitiative verlesen und anschließend – wie alle Redebeiträge der Kundgebung – von Oleg Roth ins Ukrainische übersetzt.

Der Aufruf hat mehrere Stoßrichtungen: Er verurteilt „den völkerrechtswidrigen Angriffskriegs Russlands“, fordert aber zugleich, „dass wir uns die Anteile westlicher Politik am Unfrieden bewusst machen, sie verurteilen und ihnen entgegenwirken“. Sicherheit und Frieden könnten nur gemeinsam und nicht gegeneinander erreicht werden, das Völkerrecht müsse dabei höher stehen als die Machtinteressen einzelner Staaten. „Die viel zu oft konfrontative Politik der Nato, die unfaire Wirtschafts-, Energie und Handelspolitik und vor allem die massive Aufrüstung auf allen Seiten müssen ein Ende finden.“

 

Wir sind nicht stumm und werden auch weiterhin unsere Stimme für den Frieden erheben.
Kirchheims Oberbürgermeister Pascal Bader

 

Der Aufruf fordert diplomatische Initiativen der deutschen Bundesregierung, der EU, der Vereinten Nationen, der OSZE und anderen. Bei einem Waffenstillstand und Friedensverhandlungen müssten alle relevanten Akteure einbezogen werden. Das russische Militär müsse sich aus der Ukraine zurückziehen. Es müsse alles getan werden, um einen Atomkrieg zu verhindern und den UN-Atomwaffenverbotsvertrag voranzutreiben.

Pascal Bader erinnerte an das unvorstellbare Leid, das die Ukrainer erleben. „Familienangehörige sind in Sorge um die Verwandten, die im Krieg kämpfen und in umkämpften Gebieten leben. Viele haben ihr Hab und Gut zurückgelassen und leben nun als Binnenflüchtlinge in anderen Regionen der Ukraine oder als Geflüchtete in vielen europäischen Staaten, auch in Kirchheim. Ich bin dankbar für die große Hilfsbereitschaft, die in unserer Stadt zu spüren ist. Viele haben ihre Türen und Herzen geöffnet und Geflüchtete aufgenommen.“ Den Ukrainern sagte er zu: „Wir stehen an Ihrer Seite. Wir sind nicht stumm und werden auch weiterhin unsere Stimme für den Frieden erheben.“

Auf bunten Karten notierten Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihre Gedanken zum Frieden, sie wurden auf einer Schreibwand versammelt und werden später für die Bundestagsabgeordneten des Wahlkreises abgeschrieben. Auch dort zeigten sich ganz verschiedene Positionen: Zu Forderungen nach einem Waffenstillstand gesellten sich auf den Karten Forderungen nach weiteren Waffen für die Ukraine – aber auch die Mahnung, dass Waffen keine Lösung sind. Ganz unpolitisch waren hingegen die Volkslieder, die Nina Suvorova mit dem Akkordeon anstimmte, viele Ukrainer sangen mit.

Am Ende brachte Willi Kamp­hausen die Ohnmacht zum Ausdruck, die hinter einer solchen Kundgebung steht. „Trotzdem haben wir unser Mitgefühl und unsere Trauer zum Ausdruck gebracht und ein Zeichen gesetzt. Viel mehr können wir nicht tun, viel weniger sollten wir aber auch nicht tun – auch in den nächsten Wochen und Monaten.“