Die Skandale schrecken viele ab. Oft wurde die Organspende in der Vergangenheit mit den Stichworten „gefälschte Akten“ oder „manipulierte Laborwerte“ in Zusammenhang gebracht. Diese Ereignisse haben sich in die Köpfe der Menschen stark eingeprägt. Bei einer Umfrage des Teckboten wurde deutlich: Manche sprechen nicht gerne über das Thema Organspende. Andere wiederum haben schon vor Jahren einen Spendeausweis beantragt.
„Ich habe einen Organspendeausweis, aber noch nicht lange: seit November 2017“, sagt Moritz Hönig aus Kirchheim. Anlass für ihn war auch die Geburt seines Kindes, dem er ein Vorbild sein möchte. Für den 31-Jährigen gibt es „keinen Grund, keinen Organspendeausweis zu haben, außer Faulheit“. Viele würden sich erst dann Gedanken über das Thema machen, wenn sie selbst oder Familienangehörige betroffen sind und ein Organ benötigen. „Es kostet mich nichts, und es beeinträchtigt mich nicht, einen solchen Ausweis zu haben“, verdeutlicht der Kirchheimer. Er würde es befürworten, wenn in Deutschland prinzipiell jedem, der nicht ausdrücklich widersprochen hat, nach dem Tod Organe entnommen werden dürfen - so wie es in einigen anderen Ländern der Fall ist, zum Beispiel in Österreich.
Lisa Fröse aus Uhingen hat sich mit dem Thema bereits beschäftigt und die Unterlagen zu Hause in einer Schublade aufbewahrt - allerdings bisher noch nicht ausgefüllt. Prinzipiell findet es die 34-Jährige richtig und wichtig, einen Organspendeausweis zu haben. „Aber ich hätte dann ein mulmiges Gefühl - so, als ob demnächst etwas mit mir passieren würde“, sagt die Uhingerin. Innerhalb der Familie würde sie sofort ein Organ spenden. Allerdings betont sie angesichts diverser Organspende-Skandale: „Man weiß nie zu 100 Prozent, was mit den Organen passiert. Das ist nicht transparent genug.“
Auch bei Johanna Mack-Siebott aus Kirchheim liegen die Unterlagen zu Hause in einer Schublade. „Das ist wie bei vielen Sachen, die eher unangenehm sind, zum Beispiel beim Thema Patientenverfügung: Man lässt es einfach liegen“, sagt die 59-Jährige. Sie weiß aber auch: „Es wäre wirklich notwendig, einen Organspendeausweis auszufüllen. Ich selbst wäre ja auch froh darüber, wenn ich im Krankheitsfall ein Organ gespendet bekäme.“ Allerdings spielt bei der Kirchheimerin auch Angst eine Rolle: „Bin ich wirklich tot, wenn meine Organe entnommen werden?“ Es sei viel Missbrauch betrieben worden in den vergangenen Jahren. Trotzdem müsse man sich von solchen Gedanken befreien.
Werner Hund aus Kirchheim besitzt ebenfalls noch keinen Organspendeausweis. „Die Skandale sind nicht der ursächliche Grund dafür, wahrscheinlich eher Bequemlichkeit“, gesteht der 70-Jährige. Er kann es verstehen, dass die Skandale viele potenzielle Organspender abschrecken. „Trotzdem sollte man vom Prinzip her schon bereit sein, Organe zu spenden.“ Vor Kurzem hat Werner Hunds Schwager eine Hornhaut gespendet bekommen - das hat den Kirchheimer wieder dazu gebracht, über das Thema nachzudenken. Eigentlich sei es ganz einfach: Man müsse den Ausweis nur ausfüllen, betont der 70-Jährige, der die entsprechenden Unterlagen bereits von seiner Krankenkasse erhalten hat.
Schon seit sechs Jahren trägt Jana Heybach einen Organspendeausweis in ihrem Geldbeutel bei sich. Die 25-Jährige findet es wichtig, damit die Bereitschaft zur Organspende zu signalisieren. „Wenn man stirbt, hat man sowieso nichts mehr von seinem Körper. Dann kann man doch anderen Menschen helfen und Leben schenken“, betont die Kirchheimerin. Sich mit dem eigenen Tod auseinanderzusetzen, sei für viele schwierig, hat sie Verständnis. Ihnen mache die Vorstellung Angst, was nach dem Tod passiert. „Wohl deshalb schieben viele das Thema weg“, glaubt die junge Frau.
Das Thema Organspende sei keines, über das man gerne spricht - das bestätigen Anke und Dirk Dresselmann aus Nürtingen. Das Paar hat noch keinen Organspendeausweis, auch weil es sich damit bisher wenig beschäftigt hat. „Man kann einen solchen Ausweis ganz unkompliziert im Internet herunterladen“, weiß der 58-Jährige. Er selbst ließ sich von den Skandalen stark abschrecken. Doch mittlerweile könnte er es sich wieder vorstellen, seine Organe zu spenden. Auch die 49-Jährige findet das Vorhaben prinzipiell gut.
Sich über das Thema Organspende informieren will Tülay Holstein aus Neidlingen. „Ich finde es gut. Wenn man Leben retten kann - warum nicht?“ Die Skandale schrecken die 41-Jährige nicht ab. Stoße ihr etwas zu, würde ihre Familie schon danach schauen, dass bei der Organentnahme alles mit rechten Dingen zugeht. Außerdem hat die Neidlingerin Vertrauen in die Ärzte in Deutschland. „Im Ausland sieht es da schon anders aus.“