Als Annika Döhring den Film „Liebe braucht keine Ferien“ zum ersten Mal sah, war sie sofort begeistert. Zwei Frauen, die übers Internet ihre Häuser tauschen, um für ein paar Wochen in ein anderes Leben einzutauchen – das fand Annika damals „einfach cool“. Jahre später wohnt sie in einer hellen Kirchheimer Altbauwohnung und überlegt sich, dass man darin eigentlich ganz gut Urlaub machen könnte. Sie setzt sich an ihrem Schreibtisch und beginnt zu recherchieren: Gibt es so etwas auch in echt?
Vom Film zur Idee
Die Antwort ist: Ja. Und Annika ist längst mittendrin. Sie hat sich eingelesen, Tipps geholt und schließlich ein Profil auf einer Plattform erstellt, die sich auf Haustausch spezialisiert, „People Like Us“. Die Community ist aktiv, freundlich und hilfsbereit. Nach ein paar Wochen kam die erste Nachricht – von einer Frau, die in Rente ist und in den 80ern schon mal Häuser getauscht hat. Der erste Tausch ging in ein Dorf bei Ravensburg. Annika beschreibt es als „ziemlich abgelegen, aber mit einem wahnsinnig schönen Garten.“ Das Haus war groß, das Grundstück noch größer, fast 2500 Quadratmeter. „In so einer Ecke wäre ich sonst nie gelandet.“

Alltag auf Zeit
Seither ist sie Feuer und Flamme. In Gummersbach verliebt sich ihr Freund in die Hühner der Gastgeber, in Schweden feiern sie Midsommar und spielen Karten mit den Nachbarn. Sie wohnt in Vierteln, in denen sie als Tourist nie gelandet wäre, und hat dabei das Gefühl, nicht einfach zu reisen, sondern ein Stück Leben auszuprobieren.
Für ihre Gäste in Kirchheim erstellt Annika ein liebevoll gestaltetes Handbuch – mit Infos zur Waschmaschine, zum Ofen und zu ihren Lieblingsorten rund um Kirchheim. Sie gibt weiter, was sie selbst so schätzt: kleine Hinweise, die man auf keiner Touri-Seite findet. „Geh zum Hock ins Nachbardorf, der ist immer schön“ – solche Tipps stehen dann eben auch in den Anleitungen, die sie selbst in fremden Häusern findet. „So kommst du halt richtig ins Leben vor Ort rein.“ Ein bisschen wie bei einem guten Geheimtipp unter Freunden.
Das ist ein bisschen wie beim Dating – der erste Eindruck muss passen. Da kommt’s auch viel auf das Bauchgefühl an.“
Annika Döhring reist bereits seit einigen Jahren per Haustausch.
Auf Vertrauen statt auf Rezensionen setzen
Doch der Haustausch funktioniert nicht mit jedem. „Wenn Leute unsympathisch wirken, tausche ich auch nicht“, sagt Annika. „Das ist ein bisschen wie beim Dating – der erste Eindruck muss passen. Da kommt’s auch viel auf das Bauchgefühl an.“ Vertrauen ist die Grundlage. Das Gefühl, dass fremde Menschen in den eigenen Sachen stöbern könnten, hat sich schnell gelegt. „Manche schließen ihre Sachen weg, das ist okay. Ich denke mir: Wenn jemand im Urlaub wirklich nichts Besseres zu tun hat, als meine Steuerunterlagen zu lesen, ganz ehrlich, viel Spaß.“
Manchmal fühle sich der Haustausch an, als würde man bei ganz weit entfernten Verwandten wohnen. „Großtanten, die man nur drei Mal im Leben gesehen hat, oder so“, erzählt die 37-jährige lachend. Man kennt sich eigentlich nicht, aber schreibt sich plötzlich sehr viel, schickt Fotos, erklärt, wie der Wasserhahn klemmt oder wo man was findet. „Durch den vielen Kontakt ist das dann ist es gar nicht mehr komisch. Man fühlt sich sehr willkommen, und nicht, als würde man jetzt irgendwie das Haus besetzen.“
Es hat sich ein bisschen angefühlt wie Sommerferien bei Oma.
Annika pflegt viel Kontakt mit den Tauschpartnern, nur so kann sie sich im Tausch-Haus auch wirklich wohlfühlen.
Der Urlaub endet erst Zuhause
Der Haustausch ist günstiger und nachhaltiger, aber das ist für Annika nicht das Entscheidende. Es fühlt sich echter an. „Man lebt mitten im Alltag der Leute, schwätzt mit den Nachbarn. Man ist nicht so abgeschottet wie in einem Hotel oder Airbnb.“ Statt anonymem Check-out gehört beim Tausch ein kleines Geschenk dazu – ein Dankeschön, das man hinterlässt. Das macht man beim Häusertausch so. Und wirklich vorbei ist der Urlaub für Annika erst, wenn sie wieder daheim ankommt und ihr eigenes kleines Geschenk entdeckt. Meist ist es etwas aus der Region des Tauschpartners. „Das ist jedes Mal besonders.“

Jeder Tausch ist anders – und jedes Mal ein kleines Abenteuer. Besonders war für Annika auch der Sommer in Dänemark: ein riesiger Garten, viel Grün, Ruhe. „Es hat sich ein bisschen angefühlt wie Sommerferien bei Oma.“ Jude Law ist ihr allerdings noch nicht über den Weg gelaufen.

Internationaler Haustausch über Online-Plattform
People Like Us ist eine internationale Plattform für Haustausch. Mitglieder erstellen ein Profil mit Fotos, Informationen zur eigenen Wohnung oder dem Haus sowie ihren Wunschzielen. Über eine Filterfunktion lassen sich passende Tauschpartner nach Ort, Zeitraum oder Ausstattung finden. Der Kontakt erfolgt direkt und persönlich. Auch ohne Anmeldung kann man sich auf der Plattform umschauen und einen ersten Eindruck gewinnen, viele Inserate sind öffentlich sichtbar. Einige Details, wie Verfügbarkeiten, genaue Adressen oder zusätzliche Bilder, sind allerdings nur für registrierte Mitglieder zugänglich.
Getauscht wird simultan, beide Seiten verreisen zur gleichen Zeit, oder zeitversetzt. In diesem Fall sammelt man Tauschpunkte, die man bei späteren Reisen einlösen kann.
Registrieren kann man sich kostenlos und die Website mit einem sogenannten Non-Premium-Account nutzen. Einige Funktionen, wie das Senden von Nachrichten, bleiben jedoch nur eingeschränkt nutzbar.
Wer alle Funktionen nutzen möchte, kann die Plattform 30 Tage lang kostenlos testen. Danach kostet die Jahresmitgliedschaft knapp 140 Euro.
