Arbeiten am Streiktag – dazu erklärten sich einige Mitarbeitenden der Kirchheimer Medius-Klinik zähneknirschend bereit.
Nach einer gescheiterten ersten Tarifrunde sind Beschäftigte aus verschiedenen Zweigen des öffentlichen Dienstes, darunter auch Mitarbeitende der Medius-Kliniken, am Dienstag, 4. Februar, in den Streik getreten. Um sicherzustellen, dass am Streiktag genug Personal für die Versorgung der Patienten vor Ort ist, hatte die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi im Vorfeld eine Notdienstvereinbarung mit den Kliniken abgeschlossen.
Der Arbeitgeber ist seiner Pflicht, die Ausfälle zu planen und sie zu kompensieren, nicht nachgekommen.
Branka Ivanisevic, Gewerkschaftssekretärin bei Verdi
„Es ist wichtig, dass immer jemand da ist, wenn Hilfe gebraucht wird“, stellt Branka Ivanisevic, Gewerkschaftssekretärin bei Verdi, klar. „Und weil uns das so wichtig ist, haben wir uns Gedanken gemacht, wie das gestaltet werden soll.“ Die Verantwortlichen der Medius-Kliniken hätten laut Ivanisevic jedoch deutlich weniger Weitsicht gezeigt und den angekündigten Streik nicht ernstgenommen. Als am Streiktag dann das Personal fehlte, habe sie die Sache selbst in die Hand genommen und mit den Streikenden gesprochen. Glücklicherweise hätten sich einige der Mitarbeitenden bereiterklärt, auf ihr Streikrecht zu verzichten und zum Notdienst zu erscheinen. Zumindest, so Ivanisevic, habe sie aushandeln können, dass die pflichtbewussten Pflegekräfte vor dem Antritt ihrer Schicht die Möglichkeit hatten, die Kundgebung auf dem Kirchheimer Marktplatz zu besuchen.
Medius-Klinik sieht sich nicht in der Schuld
„Der Arbeitgeber ist seiner Pflicht, die Ausfälle zu planen und sie zu kompensieren, nicht nachgekommen“, kritisiert die Gewerkschaftssekretärin. In ihren Augen hat die Klinik gegen die Notdienstvereinbarung verstoßen. Diese Anschuldigung weist Jan Schnack, Sprecher der Medius-Kliniken, zurück. „Wir sind erst sehr kurzfristig über den Streik in Kenntnis gesetzt worden“, argumentiert der stellvertretende Leiter der Unternehmenskommunikation. Man befinde sich aktuell in einer Hochbelegungsphase und habe zusätzlich mit einem Personalengpass aufgrund erheblicher krankheitsbedingter Ausfälle zu kämpfen. Dass einzelne Mitarbeitende vom Streik zurückgerufen werden mussten, stehe im Einklang mit der Notdienstvereinbarung. Es habe sich dabei um Spezialisten der für Schlaganfälle zuständigen „Stroke Unit“ gehandelt, die für die Patientenversorgung unverzichtbar seien. Zahlreiche andere Mitarbeiter, so Schnack, hätten dennoch am Streik teilnehmen können.
Dass es keine Möglichkeit gegeben hätte, um die streikenden Pflegekräfte zu ersetzen, ist für Branka Ivanisevic nur schwer vorstellbar. Sie vermutet, dass die Medius-Klinik nicht mit der Streikwilligkeit ihrer Mitarbeitenden gerechnet hatte. „Ich finde es sehr interessant, dass am Ende die Gewerkschaftssekretärin das Problem des Arbeitgebers lösen muss, weil der nicht in der Lage ist, den Beschäftigten ihr Recht zu streiken zu ermöglichen.“ Eine Vereinbarung sei eine Vereinbarung. Es könne nicht sein, dass es an einem Streiktag so ablaufe, wie an einem regulären Arbeitstag.