Kirchheim
Verleumdung in sozialen Medien: Polizeirevierleiter spendet 1500 Euro

Internet Der Leiter des Kirchheimer Polizeireviers, Jürgen Ringhofer, erstattete Anzeige gegen eine Frau, die ihn in den sozialen Medien verleumdet hatte. Das Schmerzensgeld spendet er. Von Anke Kirsammer

Er sei Täter eines Tötungsdelikts. Diese Nachricht verbreitete sich vor einem Jahr wie ein Lauffeuer in den sozialen Medien. Bekannte und Verwandte von Jürgen Ringhofer, Leiter des Kirchheimer Polizeireviers, wurden von der Falschmeldung aufgewühlt und erschüttert. „Das hat auch mich nicht unberührt gelassen“, erzählt der Kirchheimer Polizeichef. Er erstattete Strafanzeige wegen Verleumdung. Die Frau, die die Behauptung in Umlauf gebracht hatte, konnte ermittelt werden. Die Verleumdung kos­tete sie 1500 Euro.

 

Viele begreifen es erst, wenn die Polizei vor der Tür steht.
Michael Schaal
Der Polizeisprecher vermutet, dass das Internet von manchen als rechtsfreier Raum gesehen wird.

 

„Weil sie das Schmerzensgeld bezahlt hat, wurde das Verfahren gegen sie nicht eröffnet“, erklärt Jürgen Ringhofer. „Das Geld brauche ich nicht, und ich möchte mich auch nicht daran bereichern“, sagt er. Vielmehr will er damit etwas Gutes bewirken. Deshalb wandelt er den Betrag in Spenden um: 750 Euro gehen jeweils an den häuslichen Kinder- und Jugend-Hospizdienst Kirchheim und an den Verein der Freunde und Förderer der historischen Feuerwehrtechnik. „Ich ziehe den Hut vor den Leuten, die sich im Hospizdienst engagieren“, so der Revierleiter. Beim Feuerwehrmuseum ist er nicht nur Gründungsmitglied, der 53-Jährige ist auch seit 40 Jahren bei der Kirchheimer Wehr.

Kein klassisches Täterprofil

„Verleumdung in sozialen Medien ist kein Kavaliersdelikt“, betont Jürgen Ringhofer. Der Polizeisprecher des Polizeipräsidiums Reutlingen, Michael Schaal, vermutet, dass das Internet von manchen als rechtsfreier Raum gesehen wird, in dem derlei Handlungen ohne Konsequenzen bleiben. „Dass dem nicht so ist, zeigt die hohe Aufklärungsquote. Viele begreifen es erst, wenn die Polizei vor der Tür steht oder ein Strafbefehl im Briefkasten liegt“, so der Sprecher. Längst nicht alle Betroffenen stellten einen Strafantrag bei der Polizei. „Wir gehen jedoch von einer Dunkelziffer aus“, sagt der Pressereferent. Beleidigung, üble Nachrede und Verleumdung seien typische Delikte, die in sozialen Medien vorkämen. Eine Beschränkung auf bestimmte Plattformen gebe es nicht. Auch lasse sich beim Straftatbestand der Verleumdung kein klassisches Täterprofil erkennen.

 

Die Aufklärungsquote ist hoch  

Die Statistik spricht eine eindeutige Sprache: Die Aufklärungsquote bei Verleumdungen im Bereich des Polizeipräsidiums Reutlingen bewegte sich zwischen 2018 und 2021 zwischen 87 und fast 94 Prozent. Bei Verleumdungen auf sexueller Grundlage konnten 71 bis 90 Prozent der erfassten Fälle aufgeklärt werden.

Erfasst wurden in den vier Jahren jeweils mindestens 112 Verleumdungen. 2019 wurde mit 141 der Spitzenwert erreicht. Allein im Kreis Esslingen wurden in den vier Jahren jeweils mehr als 40 Verleumdungen aktenkundig. 2019 waren es sogar 62. Verleumdungen auf sexueller Grundlage wurden im Bereich des Präsidiums jährlich zwischen 14 und 21 erfasst.

Die Zahlen umfassen alle Fälle, nicht nur die in den sozialen Medien. Sie herauszufiltern sei nicht möglich, so der Sprecher des Polizeipräsidiums Reutlingen, Michael Schaal. Die Daten für 2022 stünden erst nach der Veröffentlichung der Kriminalstatisitik zur Verfügung. ank