Der Himmel verdunkelt sich, Blitz und Donner folgen schneller aufeinander - in solchen Momenten schauen immer mehr Menschen sorgenvoll aus Fenstern und Türen und hoffen inständig, der Kelch von Hochwasser oder Hagel möge an ihnen vorüberziehen. Fernab jeglicher Ideologie - ob vom Menschen verursachter Klimawandel oder nicht - Tatsache ist: Die Wetterextreme nehmen zu. Nach langen, heißen Trockenperioden kommt es immer häufiger zu „lokalen Starkregenereignissen“. Jüngstes Beispiel in Kirchheim ist der 27. Juli. Die Anwohner des Dupiggrabens, die schon mehrfach mit Überschwemmungen zu kämpfen hatten, blieben dieses Mal verschont. Die Ötlinger Feuerwehr war dort im Einsatz, um den Rechen von Geäst und anderem zu befreien, damit das Wasser schneller abfließen konnte. Andere Stadtgebiete hatten weniger Glück. So liefen etwa in der Notzinger Straße oder Herdfeldstraße Keller und Garagen voll. Insgesamt musste die Freiwillige Feuerwehr Kirchheim zu 21 Einsätzen ausrücken.
Die Weppach, die den Sommer über meist keinen Tropfen Wasser führt, war an der Ecke Notzinger Straße/Weppachweg über die Ufer getreten. „Der Rechen war schnell verstopft, weil die Wassermassen viel Gestrüpp mitgebracht haben“, sagt Dennis Koep, Sprecher der Stadt Kirchheim. Vor wenigen Jahren wurde die Weppach unter Protesten der Anwohner im Zuge der Straßensanierung aus der Dole befreit und verläuft bis zum Friedhof oberirdisch. „Das hat die Leistungsfähigkeit erhöht“, erklärt Dennis Koep. Bis spät in die Nacht war der Bauhof im Stadtgebiet im Einsatz und unterstützte die Feuerwehr beim Freischaufeln der Rechen.
In der benachbarten Herdfeldstraße kam unter anderem in einem Mehrfamilienhaus das Wasser aus einem Schacht in der Tiefgarage. Wegen des Drucks wurde der Deckel einfach in die Höhe gedrückt. Dadurch wurde auch der Keller einen halben Meter hoch unter Wasser und der Aufzug außer Gefecht gesetzt. Durch einen Fachmann musste das Öl-Wasser-Gemisch entfernt und das Gerät wieder instand gesetzt werden. Weil das innerhalb eines Jahres schon die zweite Überschwemmung ist, befürchten die Wohnungseigentümer, bei ihren Versicherungen in Ungnade zu fallen.
„Kommt es durch extreme Witterungsniederschläge zu einer Überschwemmung und dringt Hochwasser über Fenster oder Türen ins Gebäude, fallen die Kosten der Feuerwehr für das Auspumpen der Räume unter den Versicherungsschutz einer Gebäudeversicherung, sofern er sich auch auf Schäden durch die weiteren Elementargefahren - unter anderem Hochwasser - erstreckt“, erklärt Anja Schneider von der Württembergische Gemeinde-Versicherung (WGV). Eine Begrenzung von Schadensfällen würden die Bedingungen nicht vorsehen, das heißt, auch bei der zweiten oder dritten Überschwemmung werden die Kosten übernommen.
Eine Rückstufung wie in der Kfz-Versicherung ist in der Gebäudeversicherung bei der WGV unbekannt. „Unser Tarif sieht bei einem Schaden keine automatische Erhöhung der Prämien vor. Wir versuchen regelmäßig, insbesondere bei mehreren identischen Schadensfällen bei einem Versicherungsnehmer, die Ursache der Schäden zu ergründen“, erläutert Anja Schneider. Liegt der Grund an den baulichen Gegebenheiten, fordert die WGV ihren Kunden auf, auf eigene Kosten geeignete Vorsorgemaßnahmen zu treffen, damit derartige Schäden möglichst vermieden werden. „Kommt der Kunde dieser Aufforderung nicht nach, müssen wir auch im Interesse unserer sonstigen Versicherungsnehmer handeln. Neben Tariferhöhungen und Vereinbarungen eines Selbstbehalts kommt bei einem außergewöhnlich exponierten Risiko auch eine Kündigung in Frage“, führt Anja Schneider aus.
Die WGV finanziert zwei Flugzeuge zur Hagelabwehr. Eines der Flugzeuge ist in Wächtersberg stationiert, das zweite in Backnang. Sie „impfen“ bei drohender Gefahr Gewitterwolken mit einer Silberjodid-Verbindung. Auch der Rems-Murr-Kreis finanziert für landwirtschaftliche Kulturen solche Flieger. An besagtem Samstag waren gleich mehrere von ihnen in der Luft, wie die Protokolle auf der Internetseite www.rems-murr-kreis.de/bauen-umwelt-verkehr/hagelabwehr/ zeigen.