Der Fachkräftemangel beschäftigt die Gastronomie schon lange – doch die Corona-Pandemie hat die Situation für viele Betriebe noch verschärft. In den vergangenen zwei Jahren haben etliche Fachkräfte der Gastronomie den Rücken gekehrt und sind in andere Branchen gewechselt. Auch gute Lokale und renommierte Köche gaben auf. Wie sieht die Lage in Restaurants und Hotels in der Region rund um die Teck aus?
„Es war sehr schwierig, Personal zu finden“, sagt Peter Goller, neuer Gastwirt des Wirtshauses am alten Wollmarkt in Kirchheim. Vor etwa zwei Monaten hat er die Traditions-Gaststätte übernommen – und tat sich vor allem im Servicebereich schwer, Mitarbeiter zu gewinnen. „Über Freunde und Bekannte ist es uns irgendwann gelungen, aber es war sehr schwierig und hat lange gedauert.“ Das Problem sei, dass wegen Corona viele Köche und Fachkräfte umgesattelt und andere Berufe ergriffen hätten. „Viele sind in Fabriken gegangen, wo sie ein sicheres Gehalt, Zuschläge und Weihnachtsgeld bekommen.“
Peter Goller liebt seinen Beruf. Er betont aber auch: „Wir in der Gastronomie sind unterbezahlt“. Auch die Wertschätzung für diesen „Knochenjob“ könnte besser sein, ergänzt er. Es sei wichtig, „den Leuten Sicherheit zu geben und sie zu motivieren, damit ihnen die Gastronomie Spaß macht“. Dies könne vor allem über die Bezahlung gelingen: Peter Goller bezahlt seinen Mitarbeitern schon mehr als den Mindestlohn. Diese Tatsache und sein Konzept, frisch, regional und nachhaltig zu kochen, schlage sich dann aber auch in höheren Preisen für die Speisen nieder.
„Unser Job stirbt langsam aus, weil wir keinen Nachwuchs mehr finden“, befürchtet er. Das sei sehr traurig. „Vielen macht der Beruf zwar Spaß, aber es ist eine Frage des Gehalts. Deshalb gehen viele junge Leute lieber zu Daimler.“
Probleme im Service
Tino Knoof, Inhaber des Restaurants Schäferhof in Zell unter Aichelberg, berichtet, dass er während der Corona-Pandemie seine Köche zwar halten konnte – „aber im Servicebereich hat sich ein bisschen was verändert“. So habe beispielsweise eine Aushilfe den Job gewechselt und arbeite nun als Verkäuferin in einem Supermarkt. „Insgesamt bin ich aber wahrscheinlich einer der wenigen, die bisher gut durchgekommen sind. Ich hatte da auch Glück. Kurzarbeit hatten wir nur für acht Monate“, betont Knoof. Die Situation sei daher im Moment nicht eklatant. Spannend werde es aber in den nächsten Wochen, wenn die Familienfeiern wie Konfirmationen und Hochzeiten beginnen. „Wenn dann nicht alle mitziehen, könnte es im Service knapp werden.“
Überbordenden Bürokratie
Generell werde es immer schwieriger, Personal für den Service zu finden. Das liege auch an der „Unflexibilität der Regierung“ und der überbordenden Bürokratie für die Gastronomie; vor allem aber daran, dass „viele keine Lust darauf haben, am Wochenende oder abends zu arbeiten“, erklärt der Chef des Schäferhofs. Hier versucht Knoof gegenzusteuern und hat bereits die Öffnungs- und Küchenzeiten angepasst. Ein weiterer Aspekt: „Auf geschultes Personal oder Leute mit Erfahrung braucht man nicht mehr warten“. Es sei deshalb unerlässlich, sich die Zeit zu nehmen, neue Kräfte einzulernen.
„Wir sind in der glücklichen Lage, dass wir momentan genügend Personal haben. Während Corona haben uns alle die Treue gehalten und sich durchgebissen, auch mithilfe der Kurzarbeit“, sagt Nicole Domon, Inhaberin des Hotels und Restaurants Schwanen in Köngen. Trotzdem würde sie noch weiteres Personal einstellen, vor allem im Cateringbereich. Außerdem „gehen die Azubizahlen stark zurück“, bedauert sie. „Für diesen Herbst habe ich einen Koch und eine Hotelfachfrau, würde aber zusätzlich noch einen Koch, eine Restaurant- und eine Hotelfachfrau benötigen.“
Viel Lob von den Gästen
„Es ist ein so toller Beruf, und die Branche ist in normalen Zeiten super-krisensicher“, wirbt Nicole Domon um weitere Angestellte. „Alle sehen immer nur die Arbeitszeiten. Das ist unser K.o.-Kriterium. Es ist schade, denn dieser vielseitige Beruf wiegt das auf.“ Jeder Tag biete Überraschungen, man arbeite mit Menschen zusammen und erhalte viel Lob von den Gästen. „Wer bekommt schon jeden Tag so viel positives Feedback?“.
Die Branche habe das Problem, oft negativ in den Schlagzeilen zu sein. „Es wird immer über die schwarzen Schafe berichtet, die ihre Mitarbeiter schlecht behandeln oder Fertigprodukte verwenden“, ärgert sie sich. „Dabei gibt es viele Betriebe, die anders sind und die ihre Mitarbeiter übertariflich bezahlen.“
Flexible Konzepte und ordentliche Bezahlung
Um Fachkräfte gewinnen und halten zu können, sei es auch entscheidend, ihnen entgegenzukommen und flexibel zu reagieren, wenn diese private Termine haben und deshalb mal nicht arbeiten könnten, sagt Tino Knoof vom Schäferhof in Zell unter Aichelberg. Er setzt außerdem auf gemeinsame Grillfeste mit dem ganzen Team sowie auf Weihnachtsfeiern und -geschenke für das Personal. Solche Zeichen der Anerkennung seien wichtig – ebenso das Thema Lohn: „Mit dem Mindestlohn brauchen wir gar nicht mehr kommen. Schon vor der Pandemie ging es bei mir bei zwölf Euro und mehr los“.
Auch Nicole Domon betont: Es sei wichtig, auf die Bedürfnisse der Mitarbeiter einzugehen und auf ihre Work-Life-Balance zu achten. „Man muss einen Weg finden, damit sie zufrieden sind.“ Und: „Wir bezahlen locker über dem Mindestlohn. Das geht gar nicht anders“, sagt sie. „Deshalb können wir auch keinen Rostbraten für 16 Euro verkaufen.“ hei