Kirchheim
Viele Zeltlager haben noch freie Plätze

Urlaub Viele Zeltlager von Kirchen und Verbänden haben eine lange Tradition. Seit Corona sind viele jedoch kein Selbstläufer mehr. Bei einigen Freizeiten gibt es auch kurz vor den Sommerferien noch freie Plätze. Von Helga Single

Die Sommerferien stehen vor der Tür, für viele Jugendliche bricht die schönste Zeit im Jahr an. Viele gehen jetzt auf Freizeiten und Zeltlager und erleben Urlaub für ein paar Wochen ohne Eltern. Sie genießen die gemeinsame Zeit mit Gleichaltrigen und nehmen viele Naturerfahrungen mit nach Hause.

Viele Freizeiten werden seit mehr als 70 Jahren angeboten, und bereits die Eltern hatten dort ihren Spaß. Ins Zeltlager der katholischen Kirchengemeinde Sankt Ulrich fährt man ungefähr schon so lange und konkret seit 2015 nach Ochsenhausen. Die Schülerinnen und Schüler sind zwischen neun und 13 Jahre alt, und dieses Jahr seien die 20 Jungen im Vergleich zu 15 Mädchen in der Überzahl, berichtet Moritz Hurler, der zusammen mit Jannik Burkhardt die Freizeit leitet. „Wir sind ganz nah an der Natur dran“, es gibt keinen Strom und nur ein Notfallhandy. Alle verzichten auf digitale Medien, stattdessen gibt’s Geländespiele, Wanderungen, Ausflüge, Outdoorspiele, Singen und Lagerfeuerromantik.

Kein gemeinsames Beten mehr

Das Konzept ist inhaltlich die Jahre über gleich geblieben, was Dias aus den 80ern belegen, die nahtlos aus dem Heute stammen könnten. Einiges sei angepasst worden. „Von einer Andacht und dem Beten haben wir uns verbschiedet“, erklärt Moritz Hurler, besonders die Andacht hole die Altersgruppen neun bis 13 nicht mehr ab. An dessen Stelle tritt die Vermittlung allgemeiner Werte, nicht zuletzt, weil inzwischen nicht nur Kinder mit christlichem Glauben an der Freizeit teilnehmen.

Aus dem evangelischen Jugendwerk Kirchheim machen sich dieses Jahr 35 Sieben- bis Zehnjährige für zehn Tage nach Hollerbach in den Odenwald auf. Auch bei ihnen spielt sich das Leben überwiegend draußen ab. „Die Spiele haben einen erlebnispädagogischen Hintergrund“, weiß Bezirksjugendreferent Simon Walz zu berichten. Bei ihnen sei ein christlicher Kontext wichtig. Es gibt kurze Theaterszenen mit Musik, die den Kindern die biblischen Geschichten näherbringen. Dadurch könne eine Unmittelbarkeit erzeugt werden, die alles lebendig erscheinen lasse. Das komme gut an, berichtet Walz, und in einem „Bibelmeeting“ wird nochmals vertieft. Lieder und Andachten gehörten dazu. In Kleingruppen erarbeiteten die Schülerinnen und Schüler Hörspiele und probieren sich selber im Theaterspielen aus.

Ihnen habe Corona zugesetzt, berichtet Simon Walz. Während in der Vergangenheit alle Plätze nach einem Vierteljahr bereits ausgebucht waren, bekomme man heute noch zwei Wochen vorher einen Platz. Man lasse sich eben mehrere Optionen offen und entscheide viel spontaner, vermutet Walz. Das sei wohl dem Zeitgeist geschuldet und den vielen Angeboten, die es sonst noch so gibt.

Beim Kreisjugendring Esslingen gibt es ebenfalls eine Vor- und Nach-Corona-Zeit, berichtet Deborah Grinda von der Fachbereichsleitung Jugendverbandsarbeit und zuständig für das „Sola“, das Sommerlager, das in Obersteinbach stattfindet. „Vor Corona fuhren 100 Kinder von sieben bis 14 Jahren mit, dieses Jahr sind es 35“, berichtet sie. Sie bemerke eine gewisse Skepsis, sowohl bei den Eltern als auch bei den Kindern, die es anscheinend nicht mehr gewohnt seien, so lange voneinander getrennt zu sein, wie sie erzählt.

Zurück zur Natur

Auch bei ihnen stünden Naturerfahrungen ganz oben. „Es gibt dort keinen Handyempfang, was vieles erleichtert“, sagt sie. Stattdessen sei Partizipation in der Tagesplanung vorgesehen. Der Grundgedanke „Zurück zur Natur“ stoße auf Anklang, und die Jugendlichen würden es genießen, einmal Abstand von den Eltern zu haben, rauszukommen, sich in der Gemeinschaft zu erleben. „Sie erleben hier Wertschätzung und werden als Individuum wahrgenommen“, sagt Grinda. Beleidigungen würden offen angesprochen und ausdiskutiert, was einen besseren Umgang miteinander fördere. Die vielen Ehrenamtlichen seien nächstes Jahr auch wieder dabei, sodass die Kinder feste Bezugspersonen hätten. „Nächstes Jahr kommen viele wieder“, ist sie sich sicher.

Klaus Onischke, Diakon in der evangelischen Gesamtkirchengemeinde mit Schwerpunkt Ferienwaldheim, erkennt eine Sehnsucht nach Gemeinschaftserleben unter den Jugendlichen. „Die Jugendkreise wachsen massiv, wir haben keine Nachwuchsprobleme“, sagt er. Durch eine intensive Konfi-Arbeit, Freizeiten und Aktionen blieben ein Drittel dabei. Durch Corona sei die Zahl depressiver Kinder gestiegen und damit die seelsorgerische Beratung befeuert worden, erklärt er. Der Umgang in der Gemeinschaft tue gut, bei ihnen zähle nicht Leistung, wie in den Schulen, sondern zwischenmenschliche Beziehungen, ein respektvoller Umgang, Akzeptanz und Nächstenliebe. Am LUG verbringen die Sieben- bis Elfjährigen von 8 bis 17.30 Uhr die Zeit mit Spiel und Spaß, vielen kreativen und sportlichen Angeboten. Im Doschler sind die Älteren bis 15 Jahre untergebracht und haben ein ähnliches Programm. Eine Freizeit ohne Übernachtung sei oft erschwinglicher für die Familien, berichtet Klaus Onischke. Sicherlich mit ein Grund, weshalb es nur noch ein paar Restplätze bei ihnen gebe.