Kirchheim
Vielfalt der Stile und hohes Niveau

Konzert Das Publikum überschüttete die Stadtkapelle unter Leitung von Stadtmusikdirektor Marc Lange bei ihrem Kirchenkonzert am vergangenen Sonntag in Maria Königin mit Applaus. Von Hans-Günther Driess

Wenn die Stadtkapelle Kirchheim ein Konzert gibt, sind Perfektion und hohes Niveau vorprogrammiert. Entsprechend waren die Orchestermitglieder auch beim Kirchenkonzert am vergangenen Sonntag bestens vorbereitet. Sie glänzten hinsichtlich Intonation, exaktem Zusammenspiel und klanglicher Ausgewogenheit. Die Kirche Maria Königin mit ihrer hervorragenden Akustik wurde in majestätisch aufragenden Akkordtürmen und ebenso in sanften lyrischen Passagen gleichsam zum Tempel des Wohlklangs. Souverän und umsichtig dirigierend forderte der Kirchheimer Stadtmusikdirektor Marc Lange von seinen Orchestermitgliedern Höchstleis­tungen, ließ die Musik aufbrausen, in großen Spannungsbögen dahinströmen, schürfte feinsten dynamischen Nuancen der Partituren nach und stellte in agogisch ritardierenden Übergängen sein musikalisches Feingefühl unter Beweis.

Die Kompositionen aus ganz unterschiedlichen musikalischen Stilen hatte Lange auf den Volkstrauertag abgestimmt. Zur Eröffnung ließ das exzellent aufspielende Blechbläserensemble in einer „Sonata“ von Daniel Speer scheinbar mühelos rasante Tonketten erklingen, um dann im Stile des frühbarocken Konzertierens einzutauchen in einen Wettstreit zwischen dem dunklen und dem hellen Register. Dr. Silvia Oberhauser vom Förderverein Kirchheim-Petrovac drückte in ihrer Begrüßung ihre Freude aus, dass der Jugendaustausch zwischen den Partnerstädten durch die geplante Serbien-Reise der Jugendkapelle der Staka im Jahr 2023 intensiviert werde und dass die Spenden der Reisekasse zugutekämen.

Gedichte, passend zur Musik

Dann legten sie los, die über 70 Musikerinnen und Musiker der Stadtkapelle, und erfüllten in der „Toccata“ von Girolamo Frescobaldi nicht nur das Kirchenschiff, sondern auch die Erwartungshaltung des Auditoriums mit einem an Opulenz nicht zu überbietenden Sound.

Als Glücksgriff für den Konzertabend erwies sich die Rezitation des Kirchheimer Dichters Hans-Hilmar Seel, der mit seinen tiefgründigen Gedichten dem Inhalt der musikalischen Werke nachspürte. Lebensangst, Klimakrise, soziale Not, Nord-Süd-Konflikt, Grausamkeit des Krieges, aber auch Hoffnung und Zuversicht auf Frieden wurden von Seel mit sonorer Sprechstimme eindrucksvoll thematisiert.

Die „First Suite in Es“ des Spätromantikers Gustav Holst ist ein Werk von großem Einfallsreichtum. Der Komponist verwendet viele farbenfrohe Effekte und gibt zahlreichen Orchestermitgliedern Gelegenheit, sich als glanzvolle Solisten zu präsentieren. Der Ausdruck der drei Sätze wechselt von Erhabenheit in Fröhlichkeit und Trauer. Den dramatischen Höhepunkt im abschließenden Marsch markieren neben schroffen Dissonanzen die hervorragend agierenden Schlagwerker.

In seinem Gedicht „Klagelied für Erzengel Michael“ rückt Hans-Hilmar Seel die Thematik aus der „Heiligen Schrift“ in die Gegenwart – „Ganze Völker werden vernichtet“ – und leitet mit einem Appell für den Frieden über zu der modernen Komposition „Lamentation of Archangel Michael“ des japanischen Avantgarde-Komponisten Gemba Fujita. Die Musik bildet gleichsam ein monumentales Schlachtengemälde ab, sie schichtet Klangfarben übereinander und fordert die Stadtkapelle heraus, in die Rolle des Erzengels Michael zu schlüpfen als Kämpfer gegen die Kraft des Teufels. Gekonnt wird Kriegslärm mit Disharmonien, Glissandi, Tontrauben und Geräuschen verdeutlicht. Die Botschaft von Glauben und Hoffnung schenkt die hymnische Melodie „Be Thou My Vision“ von David R. Gillingham. Das ehrfürchtige kraftvolle Werk gibt Momente echter Dramatik in den schimmernden Klangfarben der Holzblasinstrumente und den herrlichen Bläsern, die wie blendendes Sonnenlicht durch die Wolken hindurchbrechen.

Optimismus prägt auch das Ende des Konzerts: Hans-Hilmar Seels Gedicht „Sag ja zu dir!“, das „Ja“ zum Leben, spiegelt sich wunderbar in der Musik der „Klezmer Classics“ von Johan de Meij wider, in denen die Staka Temperament und Lebensfreude an den Tag legt und damit das Publikum zu „Standing Ovations“ veranlasst. Zwei Zugaben bilden die gelungene Abrundung des großartigen Konzerts – das englische Volkslied „The Turtle Dove“ und passend zum Volkstrauertag das ergreifende Lied „Von guten Mächten wunderbar geborgen“ nach dem Text von Dietrich Bonhoeffer.