Schlippenbach gastierte seit 1970 regelmäßig im Club, Takase war hier ebenfalls schon zwei Mal zu erleben. Neben unzähligen Projekten mit anderen hochrangigen Künstlern treten beide Künstler schon seit 30 Jahren immer wieder im Duo gemeinsam auf. Sowohl Takase als auch Schlippenbach glänzten solistisch, betrachteten es aber auch als besondere Herausforderung, die Möglichkeiten des vierhändigen Spiels an einem Piano auszuloten. Ein besonderer Genuss war, dass auf jegliche Form der Verstärkung und Klangbearbeitung verzichtet wurde, sodass alle Feinheiten der Anschlagskultur unbeeinträchtigt zu genießen waren.
Takase beginnt den Abend solistisch mit einem Akkordgewitter, aus dem sich nach und nach versöhnlichere Töne herausschälen. Mal wähnt man sich in einer Bar in den 30er-Jahren, später münden die Variationen in Ellingtons Kompositionen „Caravan“ und „Solitude“.
Das Werk beider Künstler lebt vom Spannungsverhältnis von Komposition und Improvisation. Die gemeinsam gespielten Titel werden mehrfach als Improvisation angekündigt, beruhen aber offensichtlich auf vorgeplanten und teilweise notierten Konzepten. „Dialog“, „Steinblock“ und „Legato-Improvisation“ sind virtuos gespielte Klangbilder, in welchen sich die vier Hände wechselseitig ergänzen, kommentieren und kontrastieren.
Zur Überraschung vieler Gäste präsentierte das Duo eine Bearbeitung eines Werkes von Bernd Alois Zimmermann aus den 60er-Jahren. Zimmermann ist ein prominenter Vertreter der klassischen Moderne und war Kompositionslehrer Schlippenbachs. Mit diesem Stück erinnert Schlippenbach auch an seine Mitwirkung bei den Anfängen der typisch europäischen Free-Jazz-Entwicklung beim Stil prägenden Manfred-Schoof-Quintett. Kontrastierend dazu „etwas Volkstümliches, entwickelt aus einem in Berlins Straßen aufgeschnappten Ohrwurm“, eine orientalisch geprägte Melodie, in welcher Takase und Schlippenbach abwechselnd solistische Ausflüge unternehmen.
Nach der Pause beginnt Schlippenbach solo in langsamem Tempo mit dissonanten Akkorden, aus denen sich ein Stück mit Anklängen an Thelonius Monk entwickelt. Leise summt Schlippenbach die Melodie, Boogie-Woogie-artige Bassläufe tauchen auf und entfliehen.
Takase und Schlippenbach sind seit Langem verheiratet. „Ganz friedlich geht es auch bei uns nicht immer zu“, so die Einleitung zum Duo „Zankapfel“. Mit etwas Fantasie ist nachzuspüren, wie die Unterhaltung musikalisch zum Zank gerät, gipfelnd in „Übergriffen“ in das dem Partner zustehende Tastenfeld.
Die Rückgriffe auf die Musiktradition gehen weiter. Takase bearbeitet Themen von Bach, sehr schnell gespielt im Duo, aufgelöst in dissonanten Tonreihen. Das Stück entwickelt neben den immer präsenten Themen Anklänge an die Minimal-Music mit rhythmischen Überlagerungen und Verschiebungen. Ebenfalls überraschend ein „bayerischer Calypso“, in welchem das Klavier zwischenzeitlich klanglich zu karibischen Steel-Drums mutiert. Als erneute Verbeugung vor der Tradition lassen sich Takase und Schlippenbach zum Ellington-Klassiker „It don‘t mean a thing if it ain‘t got that swing“ bejubeln.