Kirchheim
Volkslieder-Singen: „Einfach darauf einlassen“

Freizeit Auch bei strömendem Regen kommt das Volkslieder-Singen am Martinskirchplatz im Rahmen des Kirchheimer Sommers sehr gut an, nicht zuletzt durch die humorvolle Leitung von Ralf Sach. Von Sabine Ackermann

Noch sind die Biertischbänke leer. Zeit genug, um Kabelrolle, Lautsprecher und Keyboard zu positionieren. Besorgt schaut Bezirkskantor Ralf Sach zum bewölkten Himmel. Dann kommen die ersten Singfreudigen, gewappnet mit Schirm, Regenjacke und guter Laune. „Das ist hier immer schön gesellig und man lernt auch neue Kirchheimer kennen“, verrät Mitsängerin Sabine Eppinger und fügt hinzu: „Der Sach macht das mit viel Humor, erklärt den Hintergrund zu manchen Liedern und manchmal singen wir den Kanon vierstimmig.“ Heidemarie Hahne kann sich dem nur anschließen, auch sie singt gerne und findet es gut, dass man stets neue Lieder dazulernt. Mittlerweile sind fast alle Bänke besetzt, der Freizeit-Chor ist komplett.

Ausreden wie, „ich kann den Text nicht“, sind zwecklos. Seit Ende Juni können sich die Singfreudigen immer Donnerstagabends zwei farbige Seiten ausgedruckter Liedtexte schnappen und schon kanns losgehen. „Volkslieder- und Kanon-Singen im Freien“, Bezirkskantor Ralf Sach hat da ganz offensichtlich eine treue Fangemeinde gewonnen.

Aufgrund von Corona sei die Idee entstanden, das Singen nach außen zu verlegen, weiß Sabine Eppinger. Noch das vom Rathaus kommende 19-Uhr-Abendläuten abgewartet, dann der erste Probedurchlauf. Ralf Sach am Keyboard verrät, dass gerade „fünfeinhalb Tropfen“ runtergekommen seien. Sollten es mehr werden, würde man in den nahen Albert-Knapp-Saal ausweichen. Seine Überlegung, Regenlieder zu spielen, habe er aber verworfen. „Heute geht es um Abschied, Wiederkehr und Hoffnung, der Mai ist das Symbol des Neuanfangs“, erklärt Ralf Sach, weshalb er sich als erstes Lied für „Alles neu macht der Mai“ entschieden hat.

Dann summieren sich die Tropfen. Während des Singens werden Regenschirme aufgespannt, doch alle singen weiter. Darauf passt der fröhliche Kanon namens „Hahaha! Unsern Jubel ruft das Echo laut zurück“, und die Sache läuft, hat aber durchaus noch Luft nach oben. Indes, der „Chorleiter“ outet sich als humorvoller Motivator. „Die Gruppen, die falsche Töne singen, hört hier eh keiner.“ Na dann, ist ja alles gut. Beeindruckt ist Ralf Sach, dass aus dem bunt zusammengewürfelten Hobbychor mehrere das Lied „An der Saale hellem Strande“ kennen. „Wem ist es zu hoch? Zwei? Das ignorieren wir – strengen sie sich etwas an!“, so der Bezirkskantor, der mit dem darauffolgenden Lied „Von den blauen Bergen kommen wir“, die Stimmung mobilisiert. Darauf ein lautstarkes „ja ja jippi jippi je“.

Beim Titel „Heimweh“ geht’s ans Eingemachte. „Habe einen Anschlag auf sie vor, alle Männer sind Freddy Quinn“, so Sach und schiebt nach wenigen Zeilen nach: „Dort wo die Blumen blüh’n, singen alle weiter – hat das jemand nicht verstanden?“ Einfach köstlich, wie der Kirchenmusiker seine Truppe fordert und dennoch bei Laune hält, eine erfrischende Mischung, die man sich gerne in anderen Gotteshäusern wünschen würde. „Jetzt hat der Spaß ein Ende. Holleri du dödl di, diri, diri dudl dö“, das ist hier eine ernste Veranstaltung“ kündigt er als nächstes einen Jodler an.

Was für eine Liedmischung: Da war von „Wo mag denn nur mein Christian sein?“, „What shall we do with a drunken Sailor?“ bis „Nun ade, du mein lieb‘ Heimatland“ viel Schönes und Skurriles, wie beispielsweise der „Motorad-Kanon“, dabei. Insgesamt 15 Stücke, darunter auch das ein oder andere Lied, dass man laut des Bezirkskantors „nicht unbedingt kennen muss, aber Spaß macht“.

Traditionell endete die Singstunde mit einem Wunschkonzert, wo vorherige Texte hervorgeholt werden. Da bewährte sich das Farbkonzept der Blätter, eine Frau rief: „Blau, Nummer sechs“. Aha, sie meint grau, „Heute hier, morgen dort“. Egal, ob ocker oder goldfarben, Mitsängerin Bärbel war es wichtig, das Lied „Glück auf, glück auf, der Staiger kommt“ zu singen. Sie verrät: „Das erinnert mich an meinen Papa, der im Bergwerk arbeitete“. Was für ein schöner Abschluss mit dem obligatorischen „Dona Nobis Pacem“, bei dem übrigens längst alle Regenschirme geschlossen waren.