Das erste Examen fast in der Tasche, Ideen für ein weiteres Studium, den Kopf voller Pläne und ganz, ganz weit entfernt auch der Gedanke, eines fernen Tages in Vaters Firma einzusteigen . . . so beschreibt Tilo Holighaus, Chef der renommierten Kirchheimer Segelflugzeugfirma Schempp-Hirth, seine Situation im Alter von 25 Jahren. Dann änderte sich sein Leben jäh: Sein Vater Klaus Holighaus verunglückte auf einem Flug im August 1994 in den Schweizer Alpen. Die Familie hielt fest zusammen, unterstützt von der engagierten Belegschaft. „Für uns war von Anfang an klar: Wir führen das Lebenswerk unseres Vaters weiter“, berichtet Tilo Holighaus rückblickend. Heute führt der 50-Jährige die Firma erfolgreich gemeinsam mit seinem Bruder Ralf Holighaus, stets unterstützt von Mutter Brigitte Holighaus.
Dieses ganz persönliche Schicksal hat der Kirchheimer Flugzeugkonstrukteur jetzt im Rahmen der Reihe „Was Männer bewegt“ geschildert. Angelockt von dem Titel „Warum wir nicht davon ausgehen können, dass im Leben alles glatt geht“, hatten sich im Foyer der Kirchheimer Kreissparkasse Menschen versammelt, die der Vorbereitung auf Schrecken und Tod rechtzeitig Platz in ihrem Leben einräumen wollen. Sie erlebten drei Menschen aus der Region auf dem Podium, die offen und ehrlich und deshalb sehr überzeugend ihre persönlichen Schicksalsschläge schilderten.
Auch wenn die Erzählungen die Gäste schwer schlucken ließen, überwogen Optimismus und Lebensbejahung an diesem Abend: „Ich habe gemerkt: Ich kann etwas bewegen und das kann auch Spaß machen“, meinte Tilo Holighaus über die Zeit, nachdem sich der erste Schrecken gelegt hatte. Und Beate Beck-Deharde sprach vom „großen Glück, etwas bewegen zu dürfen“. Sie wurde ganz überraschend an die Spitze des väterlichen Unternehmens für Verpackungsmaschinen in Frickenhausen katapultiert, als ihr Bruder, der designierte Firmennachfolger, unerwartet starb. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte sie sich nach eigener Erzählung als Unternehmersgattin vorwiegend der Aufgabe gewidmet, ihrem Mann den Rücken freizuhalten und die drei gemeinsamen Kinder zu erziehen. Doch dann wurde alles anders. „Für mich war es selbstverständlich, Verantwortung zu übernehmen“, macht sie rückblickend klar, dass sie eigentlich nie die Freiheit der Wahl spürte. Sie qualifizierte sich weiter, führte den weltweit agierenden Betrieb mit 75 Mitarbeitern in Frickenhausen zunächst gemeinsam mit ihrem Vater, dann lange allein und jetzt mit einer ihrer Töchter zusammen. Ihr Rat: Hilfe zulassen bei der Bewältigung der vielen Aufgaben, sowohl im Privaten, also auch in Form einer externen Beratung für die Firma.
Für Dr. Clemens Christ wiederum sind tragische Schicksale von Berufs wegen quasi an der Tagesordnung. Der Geschäftsführer des Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) in Kirchheim und Unfallchirurg hat selbst mit dem frühen Unfalltod seiner Mutter einen Schicksalsschlag erlitten. Auf dem Podium berichtete er aber auch von schwierigen Gesprächen, die es zu führen gilt, wenn bei Menschen der Hirntod festgestellt wird und eine Transplantation in Betracht kommt. „Es wäre gut, wenn sich darüber jeder Gedanken machen würde“, warb er dafür, Vorsorge zu treffen.
Der Appell, im eigenen und im Interesse seiner Liebsten vorzusorgen, war die zentrale Botschaft des Abends. Obwohl sich die Veranstaltungsreihe mehr an Männer richtet, ist diese Aufgabe keineswegs auf Männer beschränkt. Deshalb war auch das Podium gemischt besetzt, deshalb begrüßte Moderator Rafael Treite im Publikum auch viele „Männerversteherinnen“. Treite verstand es nicht nur, den Diskutierenden Bewegendes zu entlocken, er hatte auch selbst eine Geschichte von einem schweren Unfall beizusteuern. - Ein Beweis mehr, dass die Vorbereitung auf Schicksalsschläge für jeden von Bedeutung ist. Das haben auch seriöse Banken erkannt und legen Beratungen zunehmend ganzheitlich an. Für die Kreissparkasse trat konsequenterweise nicht nur Regionalbereichsleiter Dietmar Ederle als Gastgeber des gelungenen Abends ans Mikrofon, sondern auch „Generationenberater“ Michael Orgon.