Kirchheim
Vom Kirchheimer, der die Wüste liebt

Reise Für Fritz Scheel ist die Sinai-Halbinsel „das heilende Land“. Seit Jahren bietet er Touren mit Beduinen an, nun ist der Tourismus eingebrochen. Von Thomas Zapp

Momentan genießt Fritz Scheel die milde und mehr als 20 Grad warme Luft auf der Sinai-Halbinsel sowie die Wassertemperaturen im Roten Meer von fast 25 Grad. Der 72-Jährige besucht seinen Freund, den Beduinen Sheik Ismael, genießt das einfache Essen und frische Getränke. Der Orient hat den Kirchheimer seit jeher fasziniert. Vor 44 Jahren fuhr er zum ersten Mal in einem Mercedes 250, Baujahr 1964, mit einem Freund von Kirchheim einfach immer Richtung Osten: Türkei, Syrien, Libanon, Jordanien, Saudi-Arabien. Dort konnte er tatsächlich seinen alten „Daimler“ verkaufen und hatte damit Geld für die Weiterreise nach Iran, Pakistan und Indien. Was er dort an Gastfreundschaft erlebte, faszinierte ihn. Bis heute schwärmt er von der Schönheit der libanesischen Hauptstadt Beirut, dem Paris des Ostens.

Als Sheik Marzuk begleitet er Gruppen

Ganz besonders haben es ihm die Beduinen auf der zu Ägypten gehörenden Halbinsel angetan. Schuld daran ist der Bestseller „Das Lächeln des Delphins“ der israelischen Filmregisseurin Pascale Noa Bercovitch. Darin geht es um den taubstummen Beduinenjungen Abid‘allah und seine Freundschaft zu einem Delphin. Seitdem lässt die Welt der Beduinen am Rande der Wüste Fritz Scheel nicht mehr los. Im Jahr 2004 reiste er zum ersten Mal auf den Sinai, und die Wirklichkeit hatte ihn nicht enttäuscht. „Die Freundlichkeit und Gastfreundschaft der Beduinen ist etwas ganz Besonderes“, sagt der heute 72-Jährige, der jedes Jahr nach Möglichkeit mindestens vier bis sechs Wochen am Roten Meer zwischen afrikanischem Kontinent und der arabischen Halbinsel verbringt. Kirchheim besucht Scheel vor allem wegen seiner Mutter und seiner Schwester, die beide in der Teckstadt leben. Er selbst hat seinen Lebensmittelpunkt im Allgäu, wo er auch noch als Masseur praktiziert.

Fritz Scheel bietet auf der Sinai-Halbinsel Touren mit Beduinen an. Foto: pr
Fritz Scheel bietet auf der Sinai-Halbinsel Touren mit Beduinen an. Foto: pr

Sein Herz hängt aber am Sinai. Die Gegend entspricht seinem eigenen Bedürfnis, zur Ruhe zu kommen und bei sich selbst anzukommen. „Da war von Anfang an eine tiefe Verbindung zu den Menschen dort. Der Kontakt und der Austausch mit den Einheimischen ist mir sehr wichtig“, sagt Fritz Scheel. Die Stille der Wüs­te und die Einfachheit des Beduinenlebens haben ihn so glücklich gemacht, dass er andere Menschen daran teilhaben lassen möchte. Seit 15 Jahren bietet Fritz Scheel dort Touren für Kleingruppen an. Der Slogan spiegelt Scheels Überzeugung wider: „Reisen ins Herz“. Zum Programm gehört auch die Erkundung der Wüste und des Sinai-Gebirges auf dem Kamel. „Das ist leicht zu lernen, sogar eine Frau mit einer künstlichen Hüfte hat es nach kurzem Üben geschafft“, erzählt er.

Der Kirchheimer Fritz Scheel erzählt in Kirchheim über seine Arbeit in der Wüste. Foto: Jean-Luc Jacques
Der Kirchheimer Fritz Scheel erzählt in Kirchheim über seine Arbeit in der Wüste. Foto: Jean-Luc Jacques

Als Sheik Marzuk, der „Glücksbringer“, führt er mit seinen Freunden Salem und Hradi seine Gäste durch die Sinai-Wüste, die keineswegs nur Sand bis zum Horizont, sondern neben Bergen auch viel Abwechslung fürs Auge bietet. Eine Übernachtung im Beduinen-Zelt gehört dazu, wie auch die typischen Wüsten-Mahlzeiten. Besondere Highlights sind dabei auch der von ihm schon mehrfach besuchte Mosesberg und das wohl älteste christliche Kloster, das heute griechisch-orthodoxe Katharinenkloster. „Mir gefällt, dass dort die Religionen friedlich nebeneinander leben“, sagt er. So übt das Land auf ihn mehr eine „heilende Wirkung“ aus, als dass es eine „heilige Bedeutung“ hätte. Für den gebürtigen Schwaben spielt Religion keine große Rolle, er bezeichnet sich selbst eher als spirituellen und friedlichen Menschen.

Mit Salem geht es durch die Wüste und die Berge. Foto: pr
Mit Salem geht es durch die Wüste und die Berge. Foto: pr

Momentan macht die Corona-Krise auch ihm und seinen Freunden zu schaffen. Zu 80 Prozent leben die Beduinen in dieser Gegend vom Tourismus, aber aus Deutschland kommt niemand, lediglich aus Ägypten und Israel. Auch die Hotels und die zahllosen Tauchstationen am Roten Meer sind geschlossen. Dabei sind die Corona-Zahlen niedrig. „Ich fühle mich dort sicher“, sagt er. Das Problem sei momentan eher die Rückreise. Aber die hat Fritz Scheel ohnehin noch nicht geplant. Schon oft hat er überlegt, ganz auf die Sinai-Halbinsel überzusiedeln. „Das Problem ist die Hitze im Sommer“, räumt er ein. Die Beduinen ziehen sich in Höhen bis zu 1600 Meter zurück. Das könnte sich auch Fritz Scheel vorstellen. Die Trockenheit wäre für ihn kein Problem, ihm geht es um mehr - getreu dem arabischen Sprichwort: In den wasserreichen Ländern lebt der Mensch, in der Wüste findet er seine Seele wieder.