Kirchheim
Von Freundschaft, einem süßen Hobby und flotten Bienen

Natur Vier junge Frauen aus der Region verbindet seit zwei Jahren eine Leidenschaft – das Imkern. Sie erinnern sich an ihre anfänglichen Illusionen, aber auch an viel Erfolgserlebnisse. Von Heinz Faller

Bei aller Arbeit, die beim Imkern anfällt: Der Spaß kommt bei (von links) Leoni Esslinger, Rebecca Watterott, Diane Buck und Franziska Bezler nicht zu kurz. Foto: Heinz Faller

Bienen – warum genau Bienen? Sie stechen, lassen sich nicht streicheln und sind generell kein klassisch flauschiges Haustier. Und trotzdem hatten sich Franziska Bezler, Diane Buck, Rebecca Watterott und Leoni Esslinger, jede für sich 2022 dazu entschieden, Imkerin zu werden – als Hobby – und sich im Januar 2022 zum Kurs beim Bezirks-Bienenzüchterverein Kirchheim angemeldet. Heute, zwei, Jahre später, erinnern sich die vier jungen Frauen lachend an die Frage der Ausbilder Michael Pahl und Joachim Gleich bei der Auftaktveranstaltung des Kurses nach ihrer Motivation und ihren damaligen Antwortversuchen. Es seien Schlagwörter wie naturverbunden, Selbstverwirklichung, natürliche Auszeit gefallen. Noch ausgelassener wird die Stimmung der vier, als sie sich gegenseitig erzählen, was man für Visionen von sich selbst als Imkerin hatte, mit einer idyllischen kleinen, perfekten Imkerei, alles immer schön und tip-top gepflegt - imkern im Einklang mit der Natur und sich selbst. Man wollte natürlich nicht nur Honig ernten, sondern der einen oder anderen schwebte die Produktion toller Kosmetik-Produkte aus Wachs und Propolis vor, oder wie Franziska Bezler es auf den Punkt bringt: „Ich sah‘ mich schon selbst mit einem kleinen Stand auf dem Markt“. Die Realität sieht in der Imkerei allerdings nicht immer so rosarot aus „Sagen wir mal so, wir sind mittlerweile auf dem Boden der Tatsachen angekommen“, meint Rebecca Watterott.

Allein schon bei besagter Auftaktveranstaltung sei man als Bienen-Frischling komplett verwirrt herausgelaufen, dafür aber mit einer riesigen Einkaufsliste bewaffnet, schließlich ist Imkern eine Materialschlacht. Dann aber das erste kleine eigene Bienenvolk, und die monatlichen Kurstreffen, was zunächst übersichtlich und machbar klingt, was es aber „definitiv in sich hatte“, wie Diane Buck betont. „Allein die vielen Fachbegriffe, die ein ganzes Vokabelheft füllen“. Und dann noch die große Kluft zwischen Theorie und Praxis. „Da lernt man, wie man zum Beispiel ein Volk richtig führt, geht hochmotiviert zu den eigenen Bienen – und da sieht dann alles genau anders aus: sehr beruhigend“ meint Leoni Esslinger mit leicht ironischem Unterton. Beruhigend sei aber gewesen, dass auch beim Imkern moderne Kommunikationsmittel Einzug gehalten hätten. Alle Probleme seien zwischen den Kursen fleißig im WhatsApp-Chat diskutiert worden.

 

Unsere Nachbarn halten uns mittlerweile sicher für nicht mehr ganz knusper.
Diane Buck
 

Und Selbstzweifel? Zwischen den Kursen habe man sich schon ab und an mal gefragt, ob man sich mit diesem Hobby übernommen hätte und ob man das Ganze lieber lassen sollte. „Nicht zu vergessen die halben Nervenzusammenbrüche und schlaflosen Nächte, wenn die Bienen mal wieder Ihr ganz eigenes Ding durchziehen,“ gibt Leoni Esslinger etwas zerknirscht zu bedenken, „da geht ein Volk einfach stiften, weil man bei der Schwarmkontrolle nicht rechtzeitig reagiert hat oder man hat mit der Varroamilbenbehandlung zu spät begonnen“. Klingt, als wäre Imkern das schlimmste Hobby der Welt. Trotzdem sind sich die vier jungen Imkerinnen einig, dass es besser ist, als sie sich es erhofft hatten. Warum? Es gebe einfach kein größeres Glückgefühl, wenn aus Versehen einfach mal doch etwas so läuft, wie es sollte. Jede bis oben hin bebrütete Wabe, eine fleißige Königin, der erste Honig – und man stehe mit Stolz vor seinen Bienen und könne sein Glück kaum fassen. Und das wecke natürlich den Imkerinnen-Ehrgeiz – und man beginne, mehr zu lernen und auszuprobieren.

Apropos Honig, das flüssige Gold: Auch da sind die sich die vier jungen Frauen einig, dass die Bezeichnung durchaus ihre Berechtigung hat. Denn allein der Materialeinsatz sei so hoch, dass man sich den Honig mit Gold aufwiegen könnte. „Wer damit Geld verdienen möchte, muss das in ganz großem Maßstab tun, für Hobbyimker ist der Verkauf maximal ein kleiner Zuschuss, um das Minus in Grenzen zu halten, von der Arbeitszeit ganz abgesehen“, gibt Franziska Bezler zu bedenken, obwohl der Honig etwas teurer ist, als der industriell erzeugte aus dem Supermarkt. „Dafür schmeckt so ein Honig ganz anders, das ist wie Kreisklasse und Champions League“.

 

Nicht zu vergessen die schlaflosen Nächte, wenn die Bienen mal wieder ihr eigenes Ding durchziehen.
Leonie Esslinger
 

Der größte Erfolg, der sich beim Imkern einstellt, sei neben dem Geschmackserlebnis des eigenen Honigs aber die Erkenntnis, dass es so etwas wie Perfektion generell – aber vor allem beim Imkern – nicht gibt. „Das Bienenvolk hat einen eigenen und meist verdammt starrsinnigen Kopf. Es wird immer etwas passieren, mit dem man nicht rechnet. Bienen sind Natur, von der Ferne betrachtet wunderschön und idyllisch, aber aus der Nähe manchmal auch genau so wild und unvorhersehbar“ so die vier einhellig. Und genau darin liegt für sie der Reiz des Imkerns, am langsamen Herantasten, die Zeichen der Bienen zu erkennen und vorauszusehen, was nun als nächstes im Volk passieren könnte. So komme man tatsächlich nicht nur den Bienen, sondern der Natur an sich näher. „Unser Gefühl für die Tracht, für Pflanzen generell, für das Wetter und die Jahreszeiten hat sich im Lauf dieses ersten Jahres komplett geändert“, lautet der Tenor, und Diane Buck erzählt, dass sie sich hin und wieder dabei erwischt, wie sie ganz verzaubert den Bienen beim Beernten des Palmkätzchen-Strauchs zusieht, stundenlang einfach nur das Flugloch beobachtet oder auch ausgiebige Gespräche mit dem Bienenvolk führt. Das Phänomen könnten ihrer Meinung nach zwar alle Imkerinnen und Imker verstehen, für „Normalos“ sei das aber nicht immer nachvollziehbar: „Unsere Nachbarn halten uns mittlerweile sicher für nicht mehr ganz knusper“.

Im Umkehreffekt schweiße, so ist sich Rebecca sicher, gerade so etwas zusammen und aus dem bunt gewürfelten Haufen habe sich über die Zeit ein tolles Team entwickelt. „Dazu kommt das jeder von uns Begeisterung und eine große Portion Humor mitgebracht hat.“ Und über noch eins besteht Einigkeit: „Wir wissen zwar nicht, warum wir angefangen haben, aber dass wir in jedem Fall dabeibleiben werden.“

Info Am Samstag, 11. Mai, sind die vier Jung-Imkerinnen, ab 15 Uhr zu Gast in der Kirchheimer Stadtbücherei, und erzählen Kindern ab fünf Jahren alles rund um das Thema Bienen, Honig und die Arbeit als Imkerin.